Liebe ist keine Katastrophe
1. KAPITEL
Vor zehn Jahren
Emory Maxwell umfasste das Lenkrad seines Geländewagens fester, schaute hinüber zu seinem langjährigen Freund und Kameraden Porter Armstrong und atmete tief durch. „Willst du mich heiraten?„
Porter überlegte kurz, dann sagte er spöttisch: „Mann! Damit kann man doch nicht so herausplatzen.„
„Warum denn nicht?„
„Weil es total unromantisch ist, darum. Du musst ‘Ich liebe dich’ sagen und ‘Ich kann ohne dich nicht leben’ und ‚Ich möchte den Rest meines Lebens mit dir verbringen’ und ähnlichen Quatsch. Versuch’s noch mal.„
Emory schaute seinen Freund böse an. „Du musst mich aber auch nicht gleich wie einen Idioten behandeln.„
Porter schob seufzend seine Kappe der US Army nach hinten, die zu dem militärischen Kampfanzug gehörte, den er anhatte.
„Du willst doch wohl, dass Shelby Ja sagt, oder?„
„Ja natürlich, du Trottel. Darum sind wir ja auf dem Weg nach Sweetness.„
„Darum bist du unterwegs nach Sweetness„, verbesserte ihn Porter. „Du bist doch derjenige, der unbedingt heiraten will. Ich werde mich niemals binden. Mir reichen die paar Tage Hausmannskost bei meiner Mutter, wenn ich auf Heimaturlaub bin.„ Doch jetzt machte Porter ein schuldbewusstes Gesicht. „Tut mir leid, Mann, ich weiß, wie sehr du deine Mutter vermisst. Du und Dr. Maxwell, ihr könnt jederzeit zu uns zum Essen rüberkommen.„
Emory spürte schmerzlich die Lücke, die seine Mutter hinterlassen hatte, aber er wusste, dass Porter Verständnis hatte. „Und ich weiß ja, dass du deinen Dad vermisst. Danke für die Einladung. Werden Marcus und Kendall auch da sein?„
„Nein. Marcus ist in Pakistan – hat irgendwas mit einer Gruppe von Terroristen zu tun, derentwegen die US-Regierung besorgt ist. Und Kendall ist in El Salvador und hilft beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben im Frühjahr. Ich weiß noch nicht, wann ich sie wiedersehe.„ Dann runzelte er die Stirn. „Hey, nicht das Thema wechseln. Du musst etwas richtig Gutes zu Shelby sagen, um sie davon zu überzeugen, für den Rest ihres Lebens neben deiner hässlichen Visage aufzuwachen.„
Emory atmete geräuschvoll aus. „Ich mache mir mehr Sorgen wegen ihres Dads und was er dazu sagen wird.„
Porter gab einen mitfühlenden Laut von sich. „Das solltest du auch. Ich habe gehört, dass Mr Moon sehr gut schießen kann.„
„Der Mann konnte mich noch nie leiden.„
„Was hast du denn erwartet? Er möchte Shelby für immer in ihrem niedlichen Kinderzimmer halten, aber du hast ganz andere Schlafzimmerpläne für sein kleines Mädchen. Sie ist alles, was er hat – natürlich hasst er dich. Shelby tut mir richtig leid zwischen euch beiden Sturköpfen.„
Entschlossen schob Emory das Kinn vor. Früher oder später würde Shelby sich zwischen ihm und ihrem Daddy entscheiden müssen.
Porter warf einen Blick auf die Uhr. „Um welche Zeit erwartet sie dich eigentlich?„
„Ich habe ihr gar nicht gesagt, dass ich komme.„
Porter lachte laut auf. „Seit Monaten streitet ihr euch am Telefon und jetzt willst du einfach so mit einem Ring auftauchen und ihr einen Heiratsantrag machen?„
„So habe ich es geplant„, brummelte Emory.
Porter zog sich die Kappe ins Gesicht und machte es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich, um ein Schläfchen zu halten.
„Weck mich auf, bevor das Feuerwerk losgeht.„
Emory schaute ungehalten zu dem Mann hinüber, der schon seit ihrer gemeinsamen Zeit in der Kinder-Baseballmannschaft sein Freund war. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund und konzentrierte sich wieder auf den Interstate Highway. Porter hatte recht. Emory nahm tatsächlich ein großes Risiko auf sich, indem er Shelby nicht sagte, dass er auf dem Weg zu ihr war. Als sie das letzte Mal telefoniert hatten, hatte sie einfach aufgelegt, denn ihr Vater schrie im Hintergrund herum, worüber Emory sich aufregte, und darüber ärgerte sich wiederum Shelby.
So oder so – heute würde die Entscheidung fallen.
Emory beugte sich etwas vor, um kritisch den dunkelgrauen Himmel zu betrachten. Sie fuhren in einen Sturm hinein – zumindest drohte wahrscheinlich ein Sturm. Es war Sommer in den Bergen von North Georgia und Gewitter waren dort in dieser Jahreszeit etwas so Normales wie Mücken und Limonade. Nach all dem Sand in der Wüste am Golf machte ihm ein bisschen Regen nichts aus, solange er ihn auf seiner Fahrt nicht allzu sehr aufhielt.
Sein Herz schlug schneller bei dem Gedanken, Shelby
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