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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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Verlust seiner eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben. Er hätte sich niemals so weit mit Axel Hemberg einlassen dürfen.
    Patrik besaß seit Jahren gute und zuverlässige Kontakte unter den Galeristen. Zwar hielten sich seine Verkäufe in Grenzen –
    die Zeiten waren nun einmal so –, doch hatten sie ausgereicht, um zu ihrem gemeinsamen Lebensunterhalt beizutragen und ihn weiter inspiriert arbeiten zu lassen. Unsterblichkeit ist mir Lohn genug, pflegte er zu sagen. Im Übrigen kamen sie ganz gut mit ihrem Gehalt zurecht.
    Sie hatte das bedrückende Gefühl, dass Axel ihn mit dem Gift der Unzufriedenheit infiziert hatte. Aber das wagte sie nicht auszusprechen. Patrik hätte das entrüstet zurückgewiesen.
    Jedenfalls verfluchte sie den Tag, an dem Axel Hemberg in ihr Leben getreten war. Obwohl er eigentlich ein alter Bekannter von ihnen beiden war. Patrik war mit ihm zusammen zur Schule 38

    gegangen, und sie selbst hatte ihn während ihrer Studienzeit in Stockholm kennen gelernt. Sie hatte ihn bereits damals für einen windigen Snob gehalten.
    Doch erst vor vier Jahren war er wirklich in ihr Leben getreten. Hatte völlig unvermutet auf der Matte gestanden, um sich »endlich einmal die Bilder des guten, alten PM anzusehen«, wie er sich ausdrückte.
    Hemberg hatte den weltgewandten Kunsthändler gespielt und einen teuren Kognak sowie eine blutjunge Malerin mitgebracht, die den gesamten Abend hindurch vielleicht fünfundzwanzig Wörter von sich gab. Obwohl Katharina über den Besuch nur mäßig erfreut gewesen war, hatten sie das ungleiche Paar sogar zum Abendessen eingeladen, denn auf dem Land werden die Gesetze der Gastfreundschaft noch ernst genommen. Sie war zu höflich gewesen, ihn direkt darauf anzusprechen, hatte sich jedoch im Stillen gefragt, was wohl aus Axels Ehefrau geworden sein mochte, die sie als recht sympathisch in Erinnerung hatte. Es wurde ein ziemlich feuchter Abend, an dem Axel sie schon zu einem frühen Stadium über seinen wundersamen Lebenswandel ins Vertrauen zog. Über seine Frau verlor er kein Wort.
    Vor Patriks Bildern stehend, hielt er eine mit Fachausdrücken gespickte Lobrede, während seine junge Begleiterin, die sich geheimnisvoll und entrückt gab, abwechselnd an Axels Lippen und Patriks Augen hing. Axels Begeisterung schien echt zu sein, wenngleich Katharina seinen Enthusiasmus auch seiner feinen Nase zuschrieb, die ein Geschäft witterte.
    In Anbetracht von Axels akademischer Ausbildung, seiner Galeristenkarriere in Stockholm sowie den von ihm angedeuteten internationalen Kontakten konnte es nicht ausbleiben, dass er Patrik im Sturm eroberte. Der war bisher immer nur kleinmütigen Galeristen begegnet, die unablässig über die schlechten Zeiten jammerten und ständig vom Konkurs bedroht waren. Axel brachte frischen Wind in die Szene.
    39

    Der Abend hatte damit geendet, dass Patrik und Axel in ziemlich angeheitertem und rührseligem Zustand eine Kooperation vereinbarten, während die junge Malerin Patrik immer unverhohlener signalisierte, dass sie zu allem bereit war.
    Der Abend verlief nicht gerade nach Katharinas Geschmack, die am Ende auf alle Gastfreundschaft pfiff und sich Patrik energisch widersetzte, als er dem Paar großzügig anbot, bei ihnen zu übernachten. Sie wusste genau, dass sie eine peinliche Szene machte, als sie ihren Gästen erklärte, sie müsse auch an die Tugend ihres Mannes denken, die von Natur aus eine gebrechliche sei. Falls die Gäste nicht mehr in der Lage seien, ihr Auto zu benutzen, sollten sie eben ein Taxi nehmen. Ihr Wagen dürfe gern bei ihnen auf dem Hof übernachten. Diese Unverblümtheit hatte immerhin zur Folge, dass sich der Umgang mit Axel Hemberg in der Folgezeit auf einen rein geschäftlichen Kontakt beschränkte.
    Patrik schickte ihm zunächst versuchsweise ein paar Bilder, und schon bald verlangte Axel nach mehr. Offenbar war die Prahlerei mit seinen wertvollen Kontakten doch mehr als leeres Gerede gewesen, und Axel erwies sich als wahres Genie, was den Verkauf der Bilder betraf. Patrik überließ ihm seinen gesamten Bestand und lernte das angenehme Gefühl kennen, ein gefragter Mann zu sein. Die steigenden Einkünfte waren auch nicht gerade unangenehm. Doch Axel zufolge handelte es sich nur um Peanuts, um Appetithappen, die er auf den Markt warf, während er eine große Einzelausstellung seiner Werke vorbereitete. Patrik arbeitete Tag und Nacht an diesem Projekt, und Katharina musste zugeben, dass er selten von so viel Lebenslust

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