Der leiseste Verdacht
bin ich?« Er brachte ein kraftloses Lachen zustande. »Ist das Haus schon von Polizisten umstellt, muss ich jetzt alles stehen und liegen lassen?«
Roffe ließ sich schwer in den Sessel sinken. Mit einem Mal fühlte er sich vollkommen ausgelaugt und ungeheuer bedrückt.
»Es sieht nicht gut aus, das weißt du. Es ist ein verdammter Mist, dass sie ausgerechnet an dem Tag ermordet wurde, als du in Stockholm warst.«
»Glauben deine Stockholmer Kollegen, dass ich der Mörder bin?«
»Sie halten es zumindest für möglich. Das ist doch selbstverständlich. Solltest du Axel Hemberg auf dem Gewissen haben, hättest du gute Gründe, auch Marianne Wester zu beseitigen, und leider lässt sich nicht leugnen, dass du zum Zeitpunkt des Mordes in ihrer Nähe warst. Die Situation ist alles andere als einfach. Auch wenn es keinen Hauptverdächtigen gibt, ist doch klar, dass unter anderem gegen dich ermittelt wird, solange deine Unschuld nicht erwiesen ist.«
PM stellte sein Glas ab. Er hatte es in einem Zug geleert.
»Und du?«, fragte er. »Du scheinst mich nicht für den Mörder zu halten, was unleugbar eine Erleichterung ist. Die Indizienlage ist doch erdrückend; was macht dich trotzdem so skeptisch?«
»Nichts, das ich zu Protokoll geben könnte, leider. Es ist die Tatsache, dass ich dich ziemlich gut kenne. Seit ungefähr vierzig Jahren. Ich weiß, wie du dich in allen möglichen Situationen verhältst. Vielleicht nicht in allen, aber in vielen. Ich kenne dein aufbrausendes Temperament und könnte mir notfalls vorstellen, dass du in blinder Wut auf jemanden einschlägst, der sich beim 100
Fallen tödliche Verletzungen zuzieht. Vielleicht, wenn auch höchst unwahrscheinlich, wärst du sogar in der Lage, die Leiche in deiner Panik in der Jauchegrube deines Nachbarn zu versenken. Aber ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass du wohlüberlegt nach Stockholm fährst, um einer Frau, deren Aussagen dir gefährlich werden könnten, die Kehle durchzuschneiden. Ich glaube einfach nicht, dass du so tickst.«
»Vielen Dank«, sagte er matt. »Ich glaube auch nicht, dass ich so ticke.«
Roffe fuhr fort: »Die Sache sieht im Moment folgendermaßen aus: Dem Hinweis von Marianne Wester, dass es sich bei der gefundenen Leiche um Axel handeln könnte, haben wir anfangs nicht viel Beachtung geschenkt. Doch seit ihrer Ermordung ist dies eine heiße Spur geworden. Ich selbst halte es für möglich, aber keinesfalls für sicher, dass zwischen dem Mord und der Leiche in der Jauchegrube ein Zusammenhang besteht. Und natürlich ist es möglich, dass dich jemand nach Stockholm gelockt hat, um dir beide Morde in die Schuhe zu schieben. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich dich noch nach den Namen von Axels Freunden fragen wollte, mit denen ihr zusammen unterwegs wart. Hattest du die früher schon einmal gesehen?«
»Nein, noch nie.«
»Wie hießen sie?«
»Woher soll ich das jetzt noch wissen? Ich hatte ja schließlich einiges getrunken. Aber warte, ich glaube, der eine hieß Peter.
Peter Engkvist oder Enberg, der Nachname fing mit En an, denke ich. Der blieb den ganzen Abend ziemlich nüchtern …
hatte kalte Augen. Ein unsympathischer Typ. Er hat uns in der Galerie abgeholt, und ich fühlte mich sofort provoziert, weil er nicht einen Blick auf meine Bilder warf. Ich hatte den Eindruck, dass Axel irgendwie Angst vor ihm hatte. Und ich erinnere mich daran, dass ich später den Eindruck gewann, Axel würde ihm 101
Geld schulden. An den anderen Kerl kann ich mich kaum erinnern. Er stieß später zu uns, seinen Namen habe ich überhaupt nicht mitgekriegt.«
»Hast du ihnen erzählst, wo du wohnst?«
»Glaub ich nicht. Warum hätte ich das tun sollen? Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung mehr, was ich ihnen gesagt habe.«
»Und die Frauen, Marianne und die andere? Schienen sie Axels Freunde zu kennen?«
»Nein, ich glaube, sie kannten nur Axel. Da bin ich mir ziemlich sicher.«
Roffe ließ sich das alles durch den Kopf gehen. Nach einer Weile sagte PM mit unsicherer Stimme: »Ich hätte nie geglaubt, dass so etwas passieren kann.«
»So was passiert täglich«, entgegnete Roffe.
»Ich weiß, aber normalerweise passiert es anderen, nicht mir
… und Katharina.«
Roffe sagte vorsichtig: »Ich finde, du solltest Katharina so schnell wie möglich in die Sache einweihen. Es wäre schlimm, wenn sie von anderer Seite davon erfährt.«
PMs Gesicht verzerrte sich, als hätte er einen Schlag bekommen.
»Glaubst du, das
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