Der leiseste Verdacht
auf seiner Forderung. Am nächsten Tag sei er verschwunden gewesen. Als Herr Hallman sich bei seinem Arbeitgeber nach Herrn 194
Kwiatkowski erkundigte, habe ihm dieser mitgeteilt, der Pole sei einfach abgehauen.«
Wagnhärad hob den Kopf und sah Ragnar Sandström an, dessen Gesichtsfarbe eine bedrohliche Intensität erreicht hatte.
»Alles ausgemachte Lügen!«, sagte er ein wenig matt.
»Sein Geld hat er bekommen, das kann ich bezeugen«, sprang ihm seine Frau zur Seite. »Er war so anmaßend und rechthaberisch, dass wir am Ende auf seine überhöhten Forderungen eingegangen sind, nur um ihn loszuwerden. Sobald er das Geld in der Tasche hatte, hat er sich aus dem Staub gemacht.«
»Nun gut, aber an welchem Tag ist das jetzt geschehen? Am zwanzigsten oder am dreiundzwanzigsten?«
Märta Sandström warf ihrem Mann einen ratlosen Blick zu.
»Vielleicht … habe ich mich ja doch geirrt«, sagte sie unsicher.
»Wir waren ja mitten im Umzug, und da kann man vor lauter Hektik schon einiges durcheinander kriegen. Meinem Mann ging es damals auch nicht gut. Er hat Herzbeschwerden. Darum haben wir den großen Hof auch wieder verkauft. Das wurde mit der Zeit einfach zu anstrengend für ihn.«
Sie machte eine hilflose Geste und schaute verstohlen zu Bergh hinüber, der unverdrossen seine Notizen machte.
»Wie alt war Kwiatkowski?«, fragte Wagnhärad.
Frau Sandström schien es offenbar leid zu sein, auf alle Fragen allein antworten zu müssen. Sie drehte sich zu ihrem Mann um und fragte mit einer gewissen Schärfe: »Was meinst du, wie alt er war, Ragnar?«
»Woher soll ich das wissen!«, antwortete er gereizt.
Seine Frau seufzte resigniert und meinte: »Das ist schwer zu sagen. Er sah so alterslos aus. Ich vermute, irgendwas zwischen dreißig und fünfundvierzig.«
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Wagnhärad nickte.
»Lassen wir Kwiatkowski beiseite«, sagte er. »Ich hätte gern Ihre Meinung über Ihre ehemaligen Nachbarn erfahren. Fangen wir mit Karl und Signe Svanberg an.«
Er wandte sich direkt an Märta Sandström, weil er einsah, dass die Kommunikation mit ihrem Ehemann zu nichts führte. Ihr Mund verzog sich, als habe sie plötzlich in eine Zitrone gebissen.
»Wir kamen nicht besonders gut miteinander aus«, sagte sie steif.
»Aha?«
Sie wand sich. »Es ging um private Dinge. Ansonsten hatten wir nicht viel Kontakt.«
»Sie hatten Svanberg doch einen Teil ihres Grundstücks verpachtet.«
»Das ist richtig, und damit hat es auch nie Probleme gegeben.«
»Halten Sie ihn für zuverlässig?«
»Ich vermute, dass er ein solider Geschäftsmann ist.«
Wagnhärad spürte, dass dies ein heikles Thema war, und blickte zu Ragnar Sandström hinüber, dessen gehässige Miene von vergangenen Auseinandersetzungen zeugen mochte.
»Ja, und dann haben wir da noch die Nachbarn auf der anderen Seite«, fuhr er unbeirrt fort, »Katharina Ekman und Patrik Andersson. Was halten Sie von ihnen?«
Plötzlich lebte Ragnar Sandström auf.
»Diesen Hungerkünstler konnte ich noch nie ausstehen«, sagte er entschieden. »Man kann Leuten nicht vertrauen, die keiner ordentlichen Arbeit nachgehen und alles auf die leichte Schulter nehmen. Die glauben, sie könnten die ganze Zeit auf der faulen Haut liegen. Viel gefeiert haben sie immer. Manchmal war er am helllichten Tage betrunken. Und dieses Biest, mit dem er verheiratet ist, das ist auch nicht besser. Hat sich in Sachen 196
eingemischt, die sie nichts angingen. Die glaubte wohl, sie könnte den Hof besser bewirtschaften als ich. Schnippisch war sie. Ah, es ist wirklich eine Wohltat, mit diesen Leuten nichts mehr zu tun zu haben.«
Wagnhärad wandte sich mit liebenswürdigem Lächeln Sandströms Frau zu.
»Sind Sie derselben Meinung?«
Sie starrte unverwandt auf die staubigen Orangen.
»Mein Mann nimmt es mit dem Verhalten anderer Menschen sehr genau«, entgegnete sie loyal. »Und er schätzt es überhaupt nicht, wenn man ihm respektlos gegenübertritt. Das waren einfach unangenehme Leute. Gott sei Dank hatten wir ja nicht viel mit ihnen zu schaffen.«
»Ich verstehe«, sagte Wagnhärad.
»Sagt Ihnen der Name Axel Hemberg etwas?«, fragte er unvermittelt.
Märta Sandström blickte rasch auf.
»Das ist doch der Sohn von Gerd Hemberg«, sagte sie verwundert.
»Woher kennen Sie ihn?«
»Eigentlich kenne ich seine Mutter, Gerd Hemberg. Sie ist ja immer noch am Leben, die Arme, obwohl sie ein Pflegefall ist.
Ich habe gehört, dass sie sehr senil geworden sein soll. Wie tragisch! Sie war eine
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