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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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verschwand linker Hand auf einem in der Dunkelheit kaum zu erkennenden Kiesweg ohne Beschilderung.
    »Verdammt!«, fluchte Hjalle. »Halt an, wir können ihm nicht weiter folgen.«
    Auf der Karte erkannten sie zu ihrer Erleichterung, dass der Kiesweg nur kurz war und mitten im Wald endete. Sie warteten auf die übrigen Autos, ehe sich vier Männer zu Fuß auf den Weg machten und sowohl die Hütte als auch Enqvists Wagen schon bald identifiziert hatten.
    Der grüne BMW stand vor einer schlichten, auf einer Anhöhe gelegenen Sommerhütte, deren Veranda nahezu die halbe Grundfläche einnahm. In ungefähr zweihundert Metern Entfernung befand sich eine weitere, offenbar unbenutzte Hütte.
    Hjalle wandte die Improvisationstaktik an, für die er berühmt war. Zunächst musste er die fünf Einsatzwagen aus dem Blickfeld entfernen. Nachdem er die offene Landschaft verflucht hatte, beorderte er zwei Autos auf den nächsten Parkplatz, während die anderen beiden mit Mühe ein akzeptables Versteck im Wald fanden. Nachdem er gehört hatte, Enqvist sei in der Hütte verschwunden, rollten sie nahezu lautlos auf den Kiesweg und stellten ihren Wagen an einer Ausbuchtung hinter einem 347
    großen Stapel geschlagener Baumstämme ab. Es war Viertel nach acht und die Dämmerung weit fortgeschritten.
    Unter Hjalles Leitung, der auf dem Beifahrersitz
    Informationen empfing und Anweisungen gab, entfaltete sich eine ebenso hektische wie geräuscharme Betriebsamkeit. Roffe, dem bewusst war, dass er in diesem Stadium der Operation keine Funktion hatte, verhielt sich passiv. Er würde seinen Kollegen später noch von Nutzen sein können.
    Gudrun war mit dem Polizeimeister von der Bildfläche verschwunden, und Roffe rechnete aus, dass es insgesamt achtzehn Personen waren, die sich um die Hütte verteilten. Alles wirkte wohl durchdacht, wie nicht anders zu erwarten war, wenn Hjalle das Kommando hatte. Roffe, dem wenig daran lag, im Dunkeln über unsichtbare Wurzeln zu stolpern, genoss das befreiende Gefühl, einmal nicht die Verantwortung zu tragen, und machte es sich auf dem Rücksitz bequem.
    Die Männer, die dem Haus am nächsten standen, konnten vermelden, dass Enqvist in aller Ruhe eine Tasse Kaffee trank, während er abwechselnd das Aftonbladet las und fernsah. Eine gespannte Ruhe hatte sich ausgebreitet. Roffe, der sich in Anbetracht der lauen Temperaturen seiner Jacke entledigt und die Füße hochgelegt hatte, lauschte mit Wohlbehagen dem einförmigen Schreien einer Eule.
    Gegen neun Uhr schwenkte ein Transporter – einem
    scharfsichtigen Beamten zufolge handelte es sich um einen Dodge Van – auf den Kiesweg ein und parkte hinter Enqvists Auto. Was dann in rascher Folge geschah, konnte Roffe zwar nicht mit eigenen Augen erkennen, doch gewann er durch Hjalles energische Direktiven ein recht genaues Bild von der Situation.
    Im selben Augenblick, in dem zwei Männer aus dem
    Transporter stiegen, öffnete Enqvist die Tür und kam ihnen entgegen. Sie wechselten ein paar Worte miteinander, ehe einer 348
    der Männer die Hintertür öffnete und in den Wagen sprang.
    Unmittelbar darauf kam er mit einer schweren Last wieder heraus. Es war Hemberg, an Händen und Füßen gefesselt, dessen Körperhaltung darauf schließen ließ, dass er bewusstlos war. Zu dritt trugen sie ihn hinein. Es war nun fast ganz dunkel.
    Hjalle gab zwei Wagen die Anweisung, die Einfahrt zum Kiesweg zu blockieren. Damit war die Hütte immer noch von vierzehn Beamten umstellt.
    Zwei Männer bekamen das verabredete Signal, sich zum Transporter zu schleichen, um unter dessen vorderem Teil eine Rauchpatrone zu installieren. Unmittelbar darauf hatte Hjalle Kontakt zu Gudrun und Stig, die kurzatmig durchgaben, sich bereits in der Nähe der Auffahrt zu befinden. Sie klangen, als seien sie tatsächlich vom Joggen erschöpft. Roffe begann zu verstehen, was Hjalle im Schilde führte, und sah anerkennend zu ihm hinüber.
    Doch irgendwas schien nicht nach Plan zu laufen. Gudruns Stimme klang erregt. »Wir sehen keinen Rauch. Was ist los?«
    Hjalle fluchte mit zusammengebissenen Zähnen und nahm Kontakt mit dem Team am Transporter auf. »Was zum Teufel macht ihr da so lange?«, fauchte er. »Die Jogger sehen keinen Rauch. Beeilt euch!«
    Gudrun meldete sich erneut. »Vielleicht haben sie uns schon gesehen. Wir simulieren einen Stein im Schuh. Tut was!«
    Roffe stellte sich vor, wie die beiden Jogger am Wegesrand unmittelbar vor Enqvists Hütte verzweifelt versuchten, sich nichts

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