Der letzte Druide (German Edition)
der Leuchtpigmente wirbelten, eingetaucht.
Längst hatten sie ihre Taschenlampen ausgeschaltet und weggesteckt. Das Steintor machte die Umgebung taghell.
Noch einmal tauschten sie unruhige Blicke.
Sie ahnten nicht, dass bereits keine Wahl mehr hatten. Eine unsichtbare Grenze rings um das Monument war von ihnen überschritten worden, und nun erfasste sie ein superstarker Sog, dem sich nichts Menschliches zu widersetzen vermochte, und riss sie in das Feld zwischen den Monolithen...
Ein ziehender Schmerz im Nacken ließ Bastian aus seiner Bewusstlosigkeit erwachen, die nur Sekunden, aber auch viele Stunden gedauert haben konnte.
Er lag am Boden auf kaltem Stein und richtete sich torkelnd auf. Durch Massieren versuchte er das taube Gefühl in seinem Nacken zu vertreiben. Doch es klang nur widerwillig ab.
Die Umgebung, das wurde auf den ersten Blick klar, " hatte sich vollständig gewandelt.
Das Steintor hatte wahrhaftig wie ein Tor funktioniert und sie an diesen Ort verschlagen: in einen hohen Felsendom, aus dem ringförmig angeordnet mehrere Durchgänge wegführten.
An den rußgeschwärzten Wänden hingen in gusseisernen Halterungen blakende Fackeln und verbreiteten ein zitterndes, stets unruhiges Zwielicht.
Das alles nahm Bastian in Sekunden in sich auf, bevor er merkte, dass es seinen Freunden schlechter ergangen war als ihm. Sie lagen immer noch reglos zusammengekrümmt auf den Steinplatten.
Aber wie sahen sie aus? Wo war ihre Kleidung, die sie eben noch getragen hatten?
Verblüfft entdeckte Bastian, dass auch er nun eine Art Lendenschurz und eine offene Weste aus braunem Fell trug. Seine Füße steckten in ledernen Mokassins.
Verschwunden war seine gesamte Kleidung und alles, was er bei sich getragen hatte, einschließlich der Taschenlampe!
Den Zwillingen ging es nicht besser.
Bastian kniete neben ihnen und untersuchte sie flüchtig, indem er ihren Puls fühlte. Ihre Herzen schlugen ruhig und gleichmäßig, aber so sehr sich Bastian bemühte, es gelang ihm nicht, sie wachzukriegen.
Nach einer Weile gab er auf.
Er erhob sich.
Der Schmerz war abgeklungen, und er fühlte sich erstaunlich tatendurstig.
Ein erneuter Rundblick rief vage Erinnerungen in ihm wach. Es war eigenartig, aber mit einem Mal mutete ihm der Felsendom gar nicht mehr so fremd und furchteinflößend an.
Es war jenes Gefühl, als hätte man etwas, das sich gerade erst ereignete, irgendwann schon einmal im haargenau gleichen Ablauf erlebt - ein Déjà-vu-Erlebnis, für das es keine logische Erklärung gab...
Bastian wusste plötzlich, welchen der vielen Durchgänge er benutzen musste. Und er wusste, dass er es schnell tun musste.
Noch einmal warf er einen Blick zu seinen Freunden. Die lagen immer noch vor einer Kopie jenes Steintores, das sie auf dem Industriegelände durchschritten hatten. Oder war es das Original?'
Egal, dachte Bastian. Im Moment kann ich ihnen nicht helfen. Das Einzige, was ich tun kann...
Er führte den Gedanken nicht zu Ende, sondern setzte sich in Bewegung. Das Mal auf seiner Stirn pulsierte hektisch, als er den Felsendom verließ und tiefer in die Festung des Bösen vordrang.
Eine Festung im Strom der Zeit
Träge rührte Lihou in dem giftig schillernden Sud, den sie über der offenen Feuerstelle im Hof der Festung kochte. Die Hexe kniete auf einem Daunenkissen und murmelte ohne Unterlass Worte, die schließlich in einen monotonen Singsang übergingen. Dabei wandelte Lihou fortwährend ihre äußere Gestalt. Mal war sie ein strahlend schönes, blutjunges Mädchen mit sanft fallendem, lockigem Haar und elfenbeinfarbener Haut, mal eine alte Vettel, zahnlos, runzlig und mit einer dicken Warze auf der scharf geschnittenen, überlangen Nase.
Wie viele ihrer Zunft hatte sie vor ihrer Verbannung in die Festung die Gabe besessen, jede gewünschte Lebensform nachzuahmen. Sie konnte sich in einen Hasen, einen Raben, eine Spinne, ja sogar in einen Baum, Grashalm oder auch nur ein Weizenkorn verwandeln!
Seit sie hier war, versagte diese Fähigkeit. Lihou wusste nicht genau warum, aber sie trug es. mit Fassung, zumal sie in der Festung keine dieser Gestalten benötigte. Zum Zeitvertreib hatte sie ihre Zaubertränke, die sie an sich selbst oder an den übrigen Bewohnern der im Zeitstrom schwimmenden Festung ausprobierte. Und ihren Zauberspiegel, mit dem sie bei Bedarf Kontakt mit ihrem Herrn aufnehmen oder einfach nur Bilder der Außenwelt betrachten konnte.
Manchmal, dachte sie müde, fragte
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