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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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der Efeu überall, an den Weggabelungen, an den Wegkreuzungen, in den Gängen, die sich immer mehr verengten und nirgendwohin führten, sodass sie auf allen vieren zurückkriechen mussten, oder solchen, an deren Ende man unvermittelt vor einer reich mit den Bildern von Springbrunnen und Gärten bemalten Wand stand.
    Bei genauerer Beobachtung bemerkte Yorsch, dass der Efeuzweig an einigen Stellen die Form von Elfenbuchstaben annahm. Lautete das Wort GEH, war der Weg nicht unterbrochen. Sie befanden sich in einem alten Labyrinth. Dauernd kreuzten sich die Korridore mit anderen Gängen, die die gleiche Wandbemalung trugen, und sie mussten sich ihren Weg anhand der in den Efeuzeichnungen versteckten Buchstaben suchen. Manchmal war da das Wort NEIN, manchmal gewisse spöttische Verse: HIER SOLLST DU NICHT VERSCHNAUFEN, HAST DICH NÄMLICH SCHON WIEDER VERLAUFEN, oder: WENN DU SCHLAU BIST, WEISST DU, OB DAS DER RECHTE WEG IST.
    Für jeden, der die Elfensprache nicht kannte, war dieses Labyrinth ausweglos, aber bei einer entsprechenden Anzahl von Leuten, ausgestattet mit Geduld, Zeit und einem Faden zum Abspulen, um den Weg wiederzufinden, würde man es erkunden und den Weg hinaus finden können. Sie mussten sich beeilen. Die Soldaten des Richters würden wohl einige Zeit brauchen, aber früher oder später würden sie kommen.
    Das Spiel wurde komplizierter. Das Wort GEH wies nun in blinde Gänge oder auf Treppen, die nirgendwohin führten. Auf einer der Wände war das Elfenschach dargestellt, weiße Nymphen und zwei schwarze Drachen kämpften um eine Königin, die eine von blauem Efeu umwundene Krone trug. Der Schlüssel befand sich wiederum in dem Buch; außer Gedichten standen auch Rätselsprüche darin:
    Vier sind wir.
Nicht als Zier sind wir hier.
Im Herzen beglückt,
Das Schwert gezückt,
Schützen wir auch weiterhin,
Voller Stolz unser aller Königin .
    Die Nymphen! Yorsch sah genauer hin. Dort, wo die Hände der Nymphen die Schwerter umfassten, waren vier sehr schmale, fast unsichtbare Schlitze, in der Zeichnung dort verborgen, wo das Heft seinen Schatten warf. Yorsch griff mit der Hand hinein und stieß auf ebenso viele Hebel, die er nur mit den Fingern streifen, aber nicht bewegen konnte. Das war nicht schlimm, wichtig war nur zu verstehen, wie die Bewegung ausgeführt werden musste, um sie umzulegen, genauso wie bei den Riegeln. Klank . Die Wand war nur eine Bretterwand und sie ging auf. Die Hebel aber, die von der Zeit und vom Staub beschädigt waren, zerbrachen beim Öffnen, und sie konnten den Mechanismus hinter sich nicht wieder schließen. Damit bereiteten sie ihren Verfolgern den Weg und leiteten auch sie durch die alten unterirdischen Anlagen.
    Am Ende einer schwindelerregend steilen Wendeltreppe, die sie so tief hinuntergeführt hatte, dass Yorsch nach und nach glaubte, sie seien tief unter dem Fluss, standen sie plötzlich vor einer Wand. Darauf war das Meer gemalt.
    »Wenn wir hier herauskommen, ziehen wir ans Meer und leben dort«, sagte Yorsch zu Robi, vielleicht mehr, um sich selbst als um sie zu beruhigen.
    … Kleine, von der Sonne gerötete Früchte, von Salzwasser besprengt..., hieß es in dem Buch. Yorsch sah genauer hin und entdeckte die kleine Insel mit dem wilden Kirschbaum darauf, über die er auf dem Rücken Erbrows hinweggeflogen war. War sie schon vor Jahrhunderten dort gewesen, mit einem Kirschbaum darauf, der der Urgroßvater des gegenwärtigen sein musste, oder hatte der Maler sich beides einfach vorgestellt und geträumt? An dem Kirschbaum leuchteten die Kirschen in einem glänzenden Rot, das auf der Schattenseite dunkel war, und dort befanden sich die Schlitze mit den Hebeln. Klank . Noch eine Wand öffnete sich, und wieder war es unmöglich, sie hinter sich zu schließen. Wichtig war jetzt nur, dass sie schnell vorankamen.
    Sie stiegen immer tiefer hinab, tief unter die Fundamente der Stadt, in die ehemaligen unterirdischen Anlagen des ehemaligen Königspalasts der Hauptstadt der Elfen.
    Riesige Spinnweben hingen wie Schleier quer über den Gang. An manchen Stellen war er durch kleine Erdrutsche schmaler, dann wieder hatte sickerndes Wasser ihn breiter gemacht. Immer öfter krochen sie im Schlamm vorwärts, die Luft wurde immer weniger und immer stickiger, voller Staub und dem Geruch nach altem Erdreich, Wasser und verfaultem Laub. Yorsch hatte schreckliche Angst. Vielleicht bewegte er sich auf den Tod zu, und, was unendlich viel schlimmer war, er führte Robi mit sich. Bis zu diesem

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