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Der letzte Joker

Der letzte Joker

Titel: Der letzte Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war, zählte in ihren Augen nicht. Der Mann hatte betrunken gewirkt, doch betrunken oder nicht, sie hatte ihn offenbar getötet. Ihr Herz klopfte so heftig, dass sie es bis in die Ohren spürte. Sie beugte sich zu der Gestalt hinunter und drehte sie vorsichtig um.
    Sie konnte keine äußerliche Verletzung feststellen. Seine Lider zuckten, dann öffnete er halb die Augen. Bündel beugte sich näher. «Ja?», fragte sie, «ja?»
    Schließlich kamen die Worte, wie ein Seufzen. « Seven Dials… sagen Sie…»
    «Ja?» Offenbar wollte er einen Namen nennen – versuchte es mit letzter Kraft. «Ja! Wem soll ich etwas sagen?»
    «Sagen Sie… Jimmy Thesiger…»
    Plötzlich fiel sein Kopf zurück, und sein Körper wurde schlaff.
    Bündel sank in die Knie. Sie zitterte am ganzen Körper. Sie hätte nie gedacht, dass ihr etwas so Entsetzliches passieren könnte. Was sollte sie jetzt tun? Einen Arzt holen – das war ihr erster Gedanke. Es war möglich – immerhin möglich –, dass der Mann nur bewusstlos war. Irgendwie musste sie ihn ins Auto schaffen. Die Landstraße lag verlassen da, kein Mensch weit und breit.
    Trotz ihrer Zierlichkeit verfügte sie über beachtliche Kräfte. Sie fuhr den Hispano so nahe wie möglich heran und zog und schob dann mit aller Kraft die leblose Gestalt hinein. Es war eine grauenvolle Aufgabe, aber schließlich hatte sie es geschafft.
    Dann setzte sie sich hinters Steuer und fuhr los. Ein paar Minuten später erreichte sie ein kleines Dorf und auf ihre Fragen fand sie schnell das Haus des Arztes.
    Dr. Cassell, ein netter Mann Mitte dreißig, betrat sein Sprechzimmer und fand zu seinem Erstaunen dort ein Mädchen vor, das offensichtlich nahe am Zusammenbrechen war.
    «Ich… ich glaube… ich habe einen Mann… umgebracht!», stammelte Bündel. «Ich habe ihn überfahren. Er liegt im Auto. Ich… ich…»
    Prüfend sah der Arzt sie an. Dann ging er zu einem Regal, schenkte eine Flüssigkeit in ein Glas und brachte es ihr. «Trinken Sie!», befahl er. «Sie haben einen Schock erlitten.»
    Bündel trank gehorsam, und ein Hauch Farbe kehrte in ihr blasses Gesicht zurück. Der Arzt nickte anerkennend.
    «Sehr gut! Ich gehe hinaus und kümmere mich um die Angelegenheit. Danach können wir über die Geschichte sprechen.»
    Der Arzt blieb einige Zeit weg. Bündel beobachtete die Zeiger, der Uhr auf dem Kaminsims. Fünf Minuten, zehn Minuten, eine Viertelstunde, zwanzig Minuten – kam er denn überhaupt nicht wieder?
    Da öffnete sich die Tür. Dr. Cassell trat ein. Seine Miene hatte sich verändert – Bündel bemerkte es sofort –, er wirkte verbissener und auf der Hut.
    «Also», begann er. «Sie haben diesen Mann überfahren, behaupten Sie. Erzählen Sie mir, wie sich der Unfall ereignete.»
    Bündel erklärte es, so gut sie konnte.
    «Aha! Der Wagen ist nicht über den Körper gerollt?»
    «Nein. Ich hatte sogar geglaubt, ich hätte ihn nicht einmal gestreift.»
    «Er taumelte, sagten Sie?»
    «Ja. Ich dachte, er sei betrunken.»
    Der Arzt nickte.
    «Ich bezweifle keineswegs, dass Sie eine leichtsinnige Fahrerin sind und eines Tages tatsächlich irgendeinen armen Kerl überfahren werden – doch diesmal haben Sie es nicht getan.»
    «Aber…»
    «Der Mann wurde erschossen.»

6
     
    E ntgeistert starrte Bündel Dr. Cassell an, und langsam schob sich die Welt, die während der letzten Dreiviertelstunde Kopf gestanden hatte, wieder zurecht. Es dauerte ein paar Minuten, dann war sie wieder ganz die Alte, kühl und logisch.
    «Wie konnte er denn erschossen werden?», fragte sie.
    «Das weiß ich nicht. Er hat eine Kugel im Bauch. Innere Blutungen, deswegen haben Sie nichts gemerkt.»
    Bündel nickte.
    «Die Frage ist jetzt», fuhr der Arzt fort, «wer ihn erschossen hat: Sie haben niemanden gesehen?»
    Bündel schüttelte den Kopf.
    «Merkwürdig. Wenn es ein Unfall war, müsste der Missetäter angerannt gekommen sein, um zu helfen – außer er wusste nicht, was er angestellt hatte.»
    «Es war niemand da, jedenfalls nicht auf der Straße.»
    «Sie haben keinen Schuss gehört?»
    Bündel verneinte. «Aber ich hätte ihn bei dem Motorenlärm sicher nicht hören können!», fügte sie hinzu.
    «Stimmt. Hat er etwas gesagt, bevor er starb?»
    «Ein paar Worte.»
    «Nichts, was Licht in die Affäre bringen könnte?»
    «Nein. Er wollte etwas – ich weiß nicht, was – einem Freund bestellen lassen. Ah, ja, er erwähnte Seven Dials. »
    «Hm», meinte Dr. Cassell. «Ich werde die Polizei

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