Der Leuchtturm am Ende der Welt
Fuße des Leuchtturms.
Noch einige Tage, und die Reparaturen mußten beendigt, die ›Maule‹ also klar sein, wieder auszulaufen, und die Ladung konnte von nun an direkt an Bord gebracht werden.
Am 12. Februar war die Kalfaterung der letzten Fugen am Rumpfe und auf dem Verdeck fertig. Einige Gefäße voll Farbe, die in den Wracks verunglückter Schiffe gesunden worden waren, hatten es sogar möglich gemacht, Vorder-und Hinterteil der ›Maule‹ frisch anzustreichen. Kongre benutzte diese Gelegenheit zu einer Änderung des Namens der Goelette, die er zur Ehre seines »ersten Offiziers« ›Carcante‹ taufte. Er hatte auch nicht versäumt, das Takelwerk genau untersuchen und leichte Reparaturen an den Segeln vornehmen zu lassen. Diese mußten übrigens neu gewesen sein, als die Goelette den Hafen von Valparaiso verlassen hatte.
Die ›Maule‹ wäre also seit dem 12. Februar in dem Zustande gewesen, wo sie wieder nach ihrem Ankerplatz im kleinen Landeinschnitte hätte geschleppt werden und ebenso hätte sie die dann bereit liegende Ladung aufnehmen können, wenn es nicht zum großen Leidwesen Kongres und seiner Spießgesellen, die alle der Abfahrt von der Stateninsel mit Ungeduld entgegensahen, unbedingt nötig gewesen wäre, die nächste Neumond-Springflut abzuwarten, um die Goelette mit ihrer Hilfe wieder flott zu machen.
Diese Springflut trat am 14. Februar ein. An demselben Tage hob sich der Kiel aus seinem Bette im Ufersande, und ohne Schwierigkeit glitt die Goelette nach dem tiefern Wasser. Jetzt hatte man sich also nur noch mit der Beladung zu beschäftigen.
Traten keine unerwarteten Hindernisse ein, so konnte die ›Carcante‹ in wenigen Tagen die Anker lichten, die Elgorbucht verlassen, die Le Mairestraße hinuntersegeln und bei südwestlichem Kurse mit vollen Segeln dem Gewässer des Großen (oder Stillen) Ozeans zusteuern.
Neuntes Kapitel.
Vasquez.
Seit dem Eintreffen der Goelette auf dem Ankerplatze in der Elgorbucht hatte Vasquez auf dem Uferlande des Kaps Sankt-Johann gelebt, von wo er sich aus mehreren Gründen nicht entfernen wollte. Wenn ein Schiff erschien, das in die Bucht einlaufen wollte, er würde wenigstens zur Stelle sein, es bei seiner Vorüberfahrt anzurufen.
Dann nahm dieses ihn voraussichtlich auf, er würde dessen Kapitän mitteilen, daß er sich bei Einhaltung einer Richtung nach dem Leuchtturm den ernstesten Gefahren aussetze, würde ihm sagen, daß jetzt eine Verbrecherbande den Turm in ihrer Gewalt habe, und wenn der Kapitän dann über keine hinreichend zahlreiche Mannschaft verfügte, die Schurken zu überwältigen oder sie ins Innere der Insel zu jagen, so würde er mindestens Zeit haben, wieder aufs hohe Meer hinaus zu steuern.
Die Wahrscheinlichkeit, daß ein solcher Fall einträte, war freilich sehr gering, denn warum sollte ein Schiff, außer wenn es dazu gezwungen war, in der den Seefahrern bisher so wenig bekannten Bucht Schutz suchen?
Am günstigsten würde sich gegebenen Falles die Sachlage gestalten, wenn ein solches Schiff zufällig auf dem Wege nach den Maluinen wäre, die es in wenigen Tagen erreichen könnte, denn dann konnten die dortigen britischen Behörden von den Ereignissen unterrichtet werden, deren Schauplatz die Stateninsel geworden war. Darauf könnte ein Kriegsschiff jedenfalls sofort nach der Elgorbucht abgehen und da eintreffen, bevor die ›Maule‹ abgesegelt war, könnte Kongre und seinen Spießgesellen bis auf den letzten Mann den Garaus machen und dafür sorgen, daß der Leuchtturm schleunigst wieder in Betrieb käme.
»Ja, um das zu erreichen, sagte sich Vasquez wiederholt, wird doch wohl die Rückkehr der ›Santa-Fe‹ abgewartet werden müssen. Zwei lange Monate!… Dann ist die ›Maule‹ aber sicherlich weit weg von hier, und wo sollte sie einer inmitten der Inselgruppen des Großen Ozeans wiederfinden?«
Der wackre Vasquez dachte nie an sich selbst, sondern nur an seine so ruchlos hingemordeten Kameraden, daran, daß die Mörder nach dem Verlassen der Insel wahrscheinlich straflos blieben, und daneben gedachte er der großen Gefahren, die der Schiffahrt nach der Auslöschung des Leuchtturms am Ende der Welt in diesen Meeresteilen drohten.
Was seinen Lebensunterhalt betraf, so fühlte er sich, so lange sein Schlupfwinkel nicht entdeckt wurde, nach dem flüchtigen Besuch der Höhle in dieser Hinsicht vollkommen beruhigt.
Diese Höhle reichte sehr tief ins Innere der Steilküste hinein, und darin hatte sich die Bande mehrere Jahre
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