Der Leuchtturm am Ende der Welt
Vormittag schon wieder verschlossen werden.
– Nein, entgegnete John Davis, in diesem Falle deshalb nicht, weil sie genötigt sein werden, ihre Fracht umzuladen. Das dauert meiner Schätzung nach allein mindestens achtundvierzig Stunden, und heute haben wir den achtundzwanzigsten Februar.
– Wenn der Aviso aber nun erst in einer Woche eintrifft, wendete Vasquez ein, wäre es da nicht besser, auf die Maste und die Takelage als auf den Schiffsrumpf zu schießen?
– Ganz recht, Vasquez; ihres Fock-oder ihres Großmastes beraubt – ich sehe nicht, wie sie dafür Ersatz schaffen könnten – würde die Goelette sehr lange zurückgehalten werden. Leider ist es nur weit schwieriger, einen Mast zu treffen, als einen Schiffsrumpf, und unsre Kugeln dürfen vor allem nicht fehlgehen.
– Ja freilich, antwortete Vasquez, und obendrein werden die Schurken erst mit der Ebbe am Abend abfahren, und dann wird es nicht mehr besonders hell sein. Tut also nur euer Bestes, Davis.«
Nachdem nun alles vorbereitet war, hatten Vasquez und sein Gefährte nur noch zu warten, und so setzten sie sich zur Seite des Geschützes nieder, bereit, Feuer zu geben, sobald die Goelette vorübersegelte.
Der Erfolg dieser Kanonade und der Zustand, in dem die ›Carcante‹ ihren Ankerplatz wieder aufsuchen mußte, ist dem Leser ja schon bekannt. Vasquez und John Davis verließen die Stelle des Angriffs auch nicht eher, als bis sie das Fahrzeug hatten hinten in der Bucht verschwinden sehen.
Dann gebot ihnen aber die Klugheit, einen Zufluchtsort anderswo auf der Insel zu suchen.
Wie Vasquez sagte, lag ja die Wahrscheinlichkeit nahe, daß Kongre mit einem Teile seiner Leute nach dem Kap Sankt-Johann käme. Vielleicht wollten sie die Verfolgung der unbekannten Angreifer aufnehmen.
Ihr Entschluß war bald gefaßt: sie wollten die Höhle verlassen und an der Küste ein oder zwei Meilen weiterhin ein neues, so gelegenes Versteck suchen, daß sie von ihm aus jedes von Norden kommende Schiff bemerken könnten. Wenn die ›Santa-Fé‹ auftauchte, wollten sie ihr Signale geben, nachdem sie zum Kap Sankt-Johann zurückgeeilt wären. Dann schickte der Kommandant Lafayate jedenfalls ein Boot ab, nahm sie an Bord und er sollte sofort über die Lage der Dinge unterrichtet werden… eine Lage, die nun endlich geklärt werden würde, ob die Goelette nun zu dieser Zeit sich noch in dem kleinen Landeinschnitt befand, oder ob sie – was ja leider möglich war – schon das offne Meer erreicht hatte.
»Gebe Gott, daß ihr das nicht gelingt!« riefen John Davis und Vasquez wiederholt.
Mitten in der Nacht brachen sie auf und nahmen einigen Mundvorrat, ihre Waffen und das noch vorhandne Pulver mit. Sechs Meilen weit auf dem Wege um den Hafen Sankt-Johann folgten sie dem Ufer des Meeres. Nach mehrfachen Nachsuchungen entdeckten sie endlich an der andern Seite dieses Golfs eine Aushöhlung, die geeignet erschien, ihnen bis zur Ankunft des Avisos Schutz zu gewähren.
Gelang es der Goelette, noch vorher abzufahren, so konnten sie ja noch immer nach der früher bewohnten Höhle zurückkehren.
Den ganzen Tag über beobachteten Vasquez und John Davis das Meer vor ihnen. Die ganze Zeit, wo die Flut anstieg, wußten sie, daß die Goelette nicht absegeln konnte, und fühlten sich darüber also beruhigt. Sobald aber der Ebbestrom einsetzte, befiel sie die Furcht, daß die Reparaturen vielleicht schon in der Nacht vollendet worden sein könnten, dann verzögerte Kongre die Abfahrt gewiß nicht länger, nicht um eine Stunde, wenn er glaubte, absegeln zu können. Mußte er nicht besorgen, die ›Santa-Fé‹ erscheinen zu sehen, deren Ankunft John Davis und Vasquez so sehnlich herbeiwünschten?
Gleichzeitig behielten diese Beiden auch das Ufergelände im Auge, doch weder Kongre noch einer seiner Spießgesellen ließ sich blicken.
Wir wissen ja, daß Kongre sich dafür entschieden hatte, keine Zeit mit Nachsuchungen zu verlieren, die wahrscheinlich doch nutzlos wären. Die Arbeit zu beschleunigen, die Reparaturen in möglichst kurzer Zeit ausführen zu lassen, das war seine Hauptaufgabe, die er auch nicht versäumte. Wie der Zimmermann Vargas gesagt hatte, wurde das neue Holzstück am Nachmittag zwischen die Innenhölzer eingefügt. Am nächsten Tage sollten, wie er versprochen hatte, die Zapfen zugearbeitet und in den Löchern befestigt werden.
Vasquez und John Davis wurden also am 1. März durch nichts aus ihrer Ruhe gestört; doch wie unendlich lang erschien ihnen dieser
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