Der Liebesbeweis
oder?”
“Natürlich.”
“Vielleicht können wir draußen auf der Terrasse sitzen.”
“Wenn ich zuerst da sein sollte, halte ich uns einen Tisch frei.” Ava klang überglücklich, eingeladen zu sein, also würde sie der Versuchung, zu tratschen, vielleicht widerstehen.
“Das klingt gut.” Katie ging zur Tür, einem antiken handgeschnitzten Stück aus Mexiko. Ihr Großvater hatte sie mit seinem Pick-up aus Nogales mitgebracht, zusammen mit mehreren Innentüren, die ebenfalls mit Schnitzereien verziert waren. Es sollte ein besonderes Geschenk für ihre Großmutter sein. Er machte ständig solche Sachen, um ihr zu zeigen, wie sehr er sie liebte. Und sie war genauso gewesen – sie bereitete ihm sein Lieblingsdessert zu und suchte auf Flohmärkten nach alten LPs, die er sammelte. Die beiden hatten eine ganz besondere Beziehung gehabt.
Bevor Katie die Hand um den Türknopf legen konnte, wurde er mit einem leisen Klicken gedreht. Eine dunkle Vorahnung jagte ihr einen Schauer über den Rücken, als die Tür aufging. Sekunden später blickte Katie in vertraute braune Augen, die vor Wut blitzten, und ihr Herz raste genauso wie damals auf der High School.
Jess Harkins hatte die Sendung heute Abend gehört.
2. KAPITEL
Jess hatte Katie seit dreizehn Jahren nicht persönlich gesehen. Aber an Fotos von ihr war er bei seinen Fahrten durch die Stadt unzählige Male vorbeigekommen. Schon mehrmals hatte er erotische Träume von der Katie auf den Reklametafeln gehabt, und wahrscheinlich war er nicht der einzige Mann, dem es so erging.
Die Katie auf der Reklametafel räkelte sich in einer engen schwarzen Hose und einer schwarzen Bluse mit tiefem Ausschnitt auf einer roten Samtcouch. Ihre blonden Haare umrahmten ein Gesicht, dessen Ausdruck heißen Sex verhieß. Wenn sie ihn auf diese Weise beim Abschlussball angesehen hätte, wäre er nicht in der Lage gewesen, ihr zu widerstehen. Mit achtzehn jedoch hatte auch sie die für diesen Blick nötige Erfahrung noch nicht besessen.
Die Katie aus der Realität trug einen eleganten grauen Hosenanzug und hatte die Haare hochgesteckt. Ihre Miene hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem sinnlichen Gesichtsausdruck auf den Reklametafeln. Sie wirkte eher alarmiert. Und das sollte sie auch sein.
Allerdings fiel es ihm jetzt, wo er vor ihr stand, sehr schwer, die richtigen Worte zu finden. Damit hätte er rechnen müssen, denn Reden war nie seine Stärke gewesen. Katie dagegen hatte sich immer sehr gut ausdrücken können – sie war Klassensprecherin und Leiterin des Debattierclubs gewesen.
“Wir …” Er räusperte sich. “Wir müssen miteinander reden.”
“Dann redet”, meldete sich eine Frau mit stacheliger Frisur am Empfang zu Wort. “Kümmert euch nicht weiter um mich.”
Jess hatte vollkommen vergessen, dass noch jemand anderes da war. Anscheinend hatte Katie noch immer diese Wirkung auf ihn, dass er außer ihr nichts mehr wahrnahm. Das war eine unwillkommene Entdeckung. Er wollte die Oberhand behalten, und dass Katie ihn aus dem Konzept brachte, war nicht besonders hilfreich.
Katie sah zur Rezeptionistin. “Ava, das ist Jess Harkins, ein alter Freund von der High School. Jess, das ist Ava Dinsmore, unsere Praktikantin vom Pima College.”
“Freut mich, Sie kennenzulernen”, sagte Jess.
“Gleichfalls.” Ava musterte ihn interessiert.
“Ich glaube, ich habe einige Unterlagen im Konferenzraum liegen lassen”, wandte Katie sich an Ava. “Würdest du bitte nachsehen, ob sie dort sind?”
“Das würde ich gern, aber ich bleibe lieber beim Telefon. Wir bekommen wegen Jareds Sendung freitagabends immer viele Anrufe.”
“Dann werde ich selbst nachsehen. Jess, komm doch mit, wir können uns unterwegs unterhalten.”
“Es wird nicht lange dauern.” Er sah Katie in die Augen und fühlte sich um dreizehn Jahre zurückversetzt. Ehe er noch etwas sagen konnte, hatte sie sich umgedreht und eilte den Flur entlang. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
Katie blieb vor einer offenen Tür stehen und wartete auf ihn. Er zögerte, ehe er an ihr vorbei in den Raum ging. So, wie sie das Kommando übernahm, hätte jeder Außenstehende meinen können, dass sie diese Begegnung herbeigeführt hatte. Er musste dringend das Kräfteverhältnis wieder umkehren, doch kaum atmete er ihr Parfüm ein – es war der gleiche zarte Duft mit Citrusnote, den sie früher benutzt hatte –, da hörte sein Verstand auf zu arbeiten.
Statt die beste Angriffstaktik zu
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