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Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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aus, als ob ich die letzten drei Monate darin geschlafen hätte.
    »Setzen Sie sich, Lieutenant.«
Er wies auf einen Sessel, ging dann um seinen Schreibtisch herum und setzte
sich hinter ihn. » Justine hat jetzt noch eine Minute
und fünfzehn Sekunden«, verkündete er, während er intensiv auf die
Platinarmbanduhr starrte.
    Ich ließ mich im Sessel nieder
und zündete mir eine Zigarette an. Alle romantischen Träume haben ihre
Ungereimtheiten. Wer hätte gedacht, daß ein Tempel der Liebe ein Büro benötigt?
    »Noch fünfzig Sekunden«, sagte
Kendall.
    Dann, ungefähr zehn Sekunden
später, kam Justine den Korridor entlang und ins Büro
gestürzt und brach keuchend auf dem nächsten Stuhl zusammen. Ihr langes blondes
Haar hatte sie wie Schlangen um ihren Kopf geschlungen, so daß sie wie die
Zwillingsschwester der Medusa aussah — die schönere. Sie trug eine Goldlamébluse in Militärschnitt mit rechtwinkligen
Schultern und eine schwarze Hose, die eng die Rundungen ihrer Schenkel und
Waden umschmiegte , um schließlich in knöchelhohen
goldenen Stiefeln zu verschwinden.
    »Ich bin gerannt«, brachte sie
schließlich heraus. »Ich war auf der anderen Seite des Tempels, und wenn du nur richtig
die Zeit messen würdest, würde ich den olympischen Rekord halten!« Ihre
Saphiraugen funkelten mich mit geheimem Vergnügen an. »Nach gestern
nacht dachte ich, ich hätte bereits einen neuen Rekord geschafft, aber
ich weiß nicht, ob das bei den Olympischen Spielen als Wettsport angesehen
wird?«
    »Die alten Griechen müssen
jedenfalls eine Bezeichnung dafür gehabt haben«, sagte ich geistreich.
    »Ganz sicher ist diese
beziehungsreiche Unterhaltung sehr amüsant für Sie beide«, sagte Kendall kalt.
»Aber ich bin mehr daran interessiert, zu erfahren, wer nun Magnuson ermordet hat.«
    »Seine Frau«, sagte ich prompt.
    »Gail?« Sein Mund blieb einen
Augenblick lang offen. »Das kann ich nicht glauben.«
    »Die Schuld!« sagte Justine mit leiser Stimme. »Sie konnte das Schuldgefühl
nicht länger ertragen.«
    Ich gab ihnen eine kurze
Zusammenfassung von Gail Magnusons Geständnis, und
sie hörten aufmerksam zu, bis ich geendet hatte. Ein kurzes Schweigen entstand,
das Kendall schließlich unterbrach. »Arme Gail!« murmelte er. »Wo ist sie
jetzt?«
    »Im County-Krankenhaus. Sie
wird noch eine ganze Weile dort bleiben.«
    »Und dann wird sie vor Gericht
kommen?« fragte Justine .
    »Höchstens wegen der
Scherereien, die sie mit ihrem falschen Geständnis verursacht hat«, sagte ich
obenhin. »Und auch das nicht, es sei denn, sie weigert sich, uns mitzuteilen,
woher sie das Heroin hatte.«
    Beide starrten mich verblüfft
an, und Kendalls Mund hätte sich beinahe schon wieder weit geöffnet. »Ein
falsches Geständnis?« wiederholte er.
    »Ganz recht.« Ich nickte. »Sie
war in keinem Normalzustand, als sie das Geständnis ablegte, deshalb vergaß sie
einen wichtigen Punkt. In der Nacht, als ihr Mann ermordet wurde, war Paul
Bryant in ihrem Haus. Nicht nur im Haus, sondern auch in ihrem Bett.
Offensichtlich hat derjenige, der sie dazu gebracht hat, dieses Geständnis zu
machen, das nicht gewußt.«
    »Wieso hat irgend
jemand sie zu einem falschen Geständnis zwingen können?« fragte Justine neugierig.
    »Sie war leicht zu treffen. Sie
hat zudem eine zehnjährige Tochter, das macht sie noch verletzlicher. Man
brauchte nur gewisse spezifische Mittel anzuwenden, wie einen mit Plüsch
ausgeschlagenen Sarg und dazu ihre eigene private psychedelische Diskothek — und
ihr dann, während ihr Geist desorientiert ist, Heroin einzugeben. Auf diese
Weise kann man in Null Komma nichts Süchtige
schaffen, aber was noch wichtiger ist, man kann jemanden wie Gail Magnuson so empfänglich für Autosuggestion machen, daß sie
alles tun wird. Vor allem, wenn man ihr droht, ihr das Licht, das sie führt, zu
entziehen, wenn sie nicht das tut, was man ihr befiehlt.«
    »Wollen Sie vielleicht
behaupten, sie sei in diesem Tempel hier auf solche Weise behandelt worden?« Kendall sprang wütend auf. »Sie soll
während ihrer psychedelischen Therapie autosuggestiven Einflüssen ausgesetzt
gewesen sein und dann soll man ihr«, er erstickte fast an dem Wort, »Rauschgift
gegeben haben?«
    »Genau das habe ich gesagt«,
pflichtete ich höflich bei. »Und ich kann es auch beweisen.«
    »Sie sind wohl irre!« Seine
Faust fuhr donnernd auf die Schreibtischplatte nieder. »Meine Therapie ist—«
    »- mißbraucht worden«, unterbrach ich ihn scharf.

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