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Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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rufen und das County auf hunderttausend
Dollar Entschädigung zu verklagen. Und wer, glauben Sie, wird inzwischen durch
die Straßen schlurfen und nach einem aussichtsreicheren Job, als zum Beispiel
Abfallauflesen im Stadtpark, Ausschau halten?«
    »Vielleicht haben Sie recht,
aber ich halte es nach wie vor für dumm.«
    »Ich bin immer dumm, habe aber
meistens recht«, sagte ich selbstzufrieden.
    »Sparen Sie sich das für Ihre
Memoiren auf, sofern Sie lange genug am Leben bleiben, um welche zu schreiben«,
sagte sie spöttisch. »Ich werde das Stenogramm abschreiben und so lange
telefonisch versuchen, den Sheriff zu erreichen, bis ich ihn erwischt habe.«
    »Danke.« Ich wartete, bis ich
die relative Sicherheit der Türschwelle erreicht hatte, bevor ich mich zu ihr
umdrehte. »Und wenn Sie immer noch an Heirat denken, dann brauchen Sie dazu was
wesentlich Ausgekochteres als Harold, damit er diese
schwarze Unterwäsche übersteht.« Ich lachte derb. »Nur ein Blick, und Harold
würde heim zu Mami rennen.«
    Ihr Gesicht war dunkelrot, und
dann sprang sie vom Stuhl auf und warf sich über den Schreibtisch, um nach dem
schweren Eisenlineal zu greifen. Ich habe Respekt vor Annabelles Linealwürfen . Einmal hat sie mich auf fast fünfzehn Meter
Entfernung damit an den Hinterkopf getroffen. Aber heute kam sie nicht zum Zug.
Der geschwächte Reißverschluß war ihrem athletischen
Schwung nicht gewachsen. Er klaffte schlicht erneut auseinander. Als sie sich
nun triumphierend aufrichtete, das Lineal in der Rechten, glitt das Kleid
sachte bis zu ihren Knöcheln hinab. Sprachloses Entsetzen lähmte ihre
Stimmbänder ausreichend lange, um mir einen wirkungsvollen Abgang zu sichern.
    »Oh!« sagte ich mit erregter
Stimme. »Ich wußte noch gar nicht, daß schwarze Spitze und Nylon völlig
durchsichtig sein können.«

ZEHNTES KAPITEL
     
    E s muß ein lausiges Leben sein,
wenn man es Tag und Nacht unter einer kalten Dusche verbringt, überlegte ich,
während ich den Innenhof durchquerte. Aber die Marmorvenus schien es nicht zu
stören. Sie hatte sogar den Kopf zurückgelegt, so daß das Wasser sie geradewegs
in die Augen traf, bevor es an ihren Ehrfurcht einflößenden Brüsten abprallte
und sich in das Becken unter ihr ergoß. Das reizte mich zu typisch Wheelerschen Gedankenassoziationen; und ich fragte mich,
wie man wohl unter kaltem Wasser lieben könnte? Zu viele Risiken, sagte ich
mir. Man könnte auf der Seife ausrutschen, dazu zwei fatal aus der Wand
hervorstehende Wasserhähne — es war nicht auszudenken.
    Die Kupferglocke gab ihr
Jüngstes-Gericht-Geläute von sich, und ich blickte, während ich wartete, auf
die Uhr. Es war halb fünf; und ich fragte mich flüchtig, was eigentlich aus dem
Nachmittag geworden war. Dann starrte Kendall mich durch das schmiedeeiserne
Gitter hindurch an, und zwar mit dem erfreuten Gesichtsausdruck eines Mannes,
der eine Katze wiedersieht, die er vor drei Tagen ertränkt zu haben glaubte.
    »Ich hätte nicht gedacht, daß
Sie den Nerv haben, nach gestern abend wieder
hierherzukommen, Wheeler«, sagte er eisig.
    »Ich komme als Friedensengel«,
sagte ich milde. » Magnusons Ermordung ist aufgeklärt,
und ich dachte, Sie wären eigentlich berechtigt, die Details zu hören.«
    »Ja?« Seine Stimme taute etwas
auf. »Nun, das ist was anderes.« Er schloß das Tor auf und trat zurück, um mich
hineinzulassen. »Wollen wir in mein Büro gehen?«
    »Ist Justine da?« fragte ich beiläufig, während wir den Korridor entlanggingen. »Vielleicht
möchte sie das auch gern hören.«
    »Sie ist hier im Haus, aber ich
weiß nicht genau, wo.« Er stieß die Bürotür auf und folgte mir. »Das ist aber
kein Problem.« Er ließ ein Schiebetürchen in der Wand zurückgleiten, drückte
auf ein paar Hebel und nahm dann das Handmikrofon von einem Haken.
    » Justine ?«
sagte er. »Ich bin im Büro. Lieutenant Wheeler ist bei mir. Anscheinend ist Magnusons Ermordung aufgeklärt, und nun ist Wheeler da, um
uns die blutigen Details zu schildern. Wenn du ihn also hören willst, warten
wir zwei Minuten, damit du kommen kannst.«
    Er hängte das Mikrofon an
seinen Platz, schaltete alles ab und ließ die Schiebetür zurückgleiten. Ich
verspürte, während ich ihn betrachtete, einen leisen Stich des Neides. Er trug
ein altes Trikothemd und eine abgenützte Hose, aber an ihm sah es aus wie eine Cardinsche Kreation. Ich meinerseits zahle hundert Dollar
für einen Anzug, und wenn ich ihn zum erstenmal trage, sieht er

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