Der Liebhaber meines Mannes
Bett gefallen …«
Aber er hatte schon das Interesse verloren. Er tätschelte meine Hand und sagte: »Ich mache Tee, was?«
Ich habe ihn nie etwas über euren Aufenthalt in Venedig gefragt. Und er hat nie etwas davon erzählt. Ich habe es mir natürlich oft vorgestellt. Alles, was ich über das Wochenende weiß, ist, dass Tom den Luxus eines handgenähten italienischen Hemdes erlebt hat.
Ein paar Tage später habe ich das Hemd mit großem Vergnügen auf meine planlose Weise gewaschen und gebügelt, den Kragen nicht gestärkt und die Ärmel absichtlich so gebügelt, dass die Ärmelfalten in unterbrochene Linien zerfielen.
Zuerst wartete ich darauf, dass der Sturm über mir losbrechen würde. Jeden Tag stellte ich mir vor, dass Tom nach Hause kommen und mir sagen würde, dass du deine Stelle verloren hättest. Ich stellte mir vor, wie ich schockiert antworten würde, nach dem Warum fragen und keine einleuchtende Erklärung bekommen würde. Ich stellte mir vor, dass ich dann böse auf Tom werden würde, weil er es nicht erklären könnte, und wie er schließlich zusammenbrechen und sich bei mir entschuldigen würde, vielleicht sogar ein bisschen seine Schwäche eingestehen würde, während ich die starke, verzeihende Ehefrau blieb.
Wir stehen das zusammen durch, Liebling, würde ich sagen und ihn in den Armen halten. Ich werde dir helfen, dieses widernatürliche Verlangen zu überwinden.
Ich genoss diese kleine Fantasie.
Aber wochenlang geschah nichts und ich entspannte mich, dachte, Mr Houghton hatte beschlossen, meinen Brief nicht zu beachten, oder vielleicht hatte er ihn auf Grund eines Fehlers bei der Post nie erhalten. Du hast uns weiter jeden Donnerstag besuchtund warst unverändert überschwänglich, unterhaltend, aufreizend. Tom hing an deinen Lippen. Und ich beobachtete euch beide weiter, fragte mich manchmal, wann um alles in der Welt mein Brief die gewünschte Wirkung haben würde, und manchmal bedauerte ich, ihn jemals geschrieben zu haben.
Da Tom rund um die Uhr arbeitete, Julia und ich uns aus dem Weg gingen und Sylvie mit dem Baby beschäftigt war, war der Rest des Augustes, wie ich mich erinnere, lang und ziemlich langweilig. Ich freute mich darauf, zurück an mein Pult zu kommen und die Kinder wiederzusehen, jetzt da ich mich im Klassenzimmer auskannte. Aber am meisten freute ich mich darauf, Julia zu sehen. Obwohl ich Angst davor hatte, das Eis zu brechen, vermisste ich unsere Gespräche, vermisste sie. Ich redete mir ein, dass wir unsere Freundschaft wiederaufnehmen könnten. Sie war wütend gewesen und ich verletzt, aber wir würden darüber hinwegkommen. Was sie über sich angedeutet hatte – na ja, vermutlich hoffte ich, dass sie das Thema lassen würde und wir weitermachen könnten wie zuvor.
Ich weiß, Patrick. Ich weiß, wie dumm ich war.
Am ersten Schultag regnete es stark. Es fehlte der Wind, der normalerweise in Brighton noch dazukam, aber mein Schirm bot mir trotzdem wenig Schutz: Als ich am Schultor ankam, waren meine Schuhe durchweicht und vorne auf meinem Rock hatte sich ein großer Nässefleck ausgebreitet.
Ich patschte den Flur entlang und öffnete die Tür zu meinem Klassenzimmer. Julia saß auf meinem Pult, die Beine übereinandergeschlagen. Ich war nicht überrascht: Es war ganz ihre Art, ins kalte Wasser zu springen, und ich hatte schon fast damit gerechnet, ihr auf diese Art gegenüberzustehen. Ich blieb in der Tür stehen, das Wasser tropfte von meinem Regenschirm.
»Mach die Tür zu«, sagte sie und sprang auf die Füße.
Ich tat wie befohlen, ließ mir Zeit, um wieder zu Atem zu kommen. Immer noch mit dem Gesicht zur Tür zog ich meine Jacke aus und lehnte meinen Schirm gegen die Wand.
»Marion.« Sie stand dicht hinter mir. Ich schluckte und drehte mich um, um sie anzusehen.
»Julia.«
Sie lächelte. »Genau dieselbe.« Anders als ich war Julia vollkommen trocken. Sie klang ernst, aber sie hatte ein freundliches Lächeln aufgesetzt.
»Gut, dich zu sehen …«, begann ich.
»Ich habe eine neue Stelle«, sagte sie schnell. »An einer Schule in Norwood, ich möchte näher an London sein. Ich werde dort nämlich hinziehen.«
Sie holte Luft. »Ich wollte, dass du es als Erste erfährst. Ich habe es schon eine ganze Weile geplant.«
Ich sah hinunter auf meine durchweichten Schuhe. Meine Zehen wurden langsam taub.
»Ich muss mich entschuldigen«, begann ich, »für das, was ich gesagt habe … «
»Ja.«
»Es tut mir leid.«
Sie nickte. »Lass uns nicht mehr
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