Der Lustmolch
immer.«
Theo wandte den Blick nicht von Molly ab. »Geht's wieder?«
Sie nickte. Ein blutiger Speichelfaden lief ihr am Kinn herunter. Theo schnappte sich eine Serviette und wischte ihn ab, wobei er sorgsam darauf achtete, daß er mit seinen Fingern ihrem Mund nicht zu nahe kam.
»Ich werde dir jetzt helfen aufzustehen, und dann gehen wir nach draußen und unterhalten uns über die Angelegenheit, okay?«
Molly nickte, und Theo zog sie an den Schultern hoch, stellte sie auf die Füße und schob sie in Richtung Tür. Er warf über die Schulter einen Blick zurück und fragte den Mann, den sie gebissen hatte: »Mit Ihnen alles in Ordnung? Oder brauchen Sie 'n Arzt?«
»Ich hab ihr nicht das geringste getan. Ich bin einfach nur reingekommen, um was zu trinken.«
Theo warf Mavis einen fragenden Blick zu. »Er hat sie angemacht«, erklärte Mavis. »Aber das ist keine Entschuldigung. Ein Mädchen sollte es zu schätzen wissen, wenn jemand Interesse an ihr zeigt.« Sie drehte sich wieder um und klimperte den gebissenen Mann mit ihren falschen, spinnenartigen Wimpern an. »Ich weiß so was durchaus zu schätzen. Soll ich's dir mal zeigen, Süßer?«
Von Panik erfaßt wandte der Mann den Blick ab. »Nein, mir geht's schon wieder ganz prima. Ich brauche keinen Arzt. Ich muß jetzt los, meine Frau wartet schon auf mich.«
»Solange Ihnen nichts fehlt«, sagte Theo. »Und Sie keine Anzeige erstatten wollen?«
»Nein, es war nur ein Mißverständnis. Sobald Sie sie hier rausgeschafft haben, verlasse ich die Stadt.«
Es erhob sich ein allgemeines Stöhnen der Enttäuschung unter den Stammgästen, die schon Wetten darauf abgeschlossen hatten, wen Mavis wohl mit ihrem Baseballschläger treffen würde.
»Danke«, sagte Theo. Er zwinkerte Mavis verstohlen zu und führte Molly hinaus auf die Straße, wobei er sich und seine Gefangene bei einem alten Schwarzen entschuldigte, der gerade, einen Gitarrenkoffer in der Hand, zur Tür hereinkam.
»Wenn 'nem Mann die süßen Worte und der Fusel ausgehen, muß er wohl schärfere Maßnahmen ergreifen«, erklärte der alte Schwarze in Richtung Bar und grinste über beide Ohren. »Sucht hier jemand 'n Bluesman?«
MOLLY MICHON
Theo bugsierte Molly auf den Beifahrersitz des Volvo. Sie saß mit gesenktem Kopf da, und ihre blonde, von grauen Strähnen durchzogene Mähne hing ihr ins Gesicht. Sie trug einen übergroßen grünen Pullover, Stretchhosen und zwei verschiedenfarbige Basketballschuhe - einer rot, der andere blau. Man hätte sie genauso für dreißig wie für fünfzig halten können - sie nannte Theo jedesmal ein anderes Alter, wenn er sie mal wieder aufgabelte.
Theo ging um den Wagen herum und stieg ein. »Molly, ist dir klar, daß, wenn du 'nem Kerl ins Bein beißt, du knapp davor bist, >eine Gefahr für dich und andere< darzustellen? Weißt du das?«
Sie schniefte und nickte mit dem Kopf. Eine Träne tropfte aus der Masse der Haare heraus und machte einen Fleck auf ihrem Pullover.
»Bevor ich losfahre, muß ich wissen, ob du dich wieder beruhigt hast. Oder muß ich dich auf den Rücksitz packen?«
»Es war kein Anfall«, sagte Molly. »Ich hab mich nur verteidigt. Es war Notwehr. Er wollte mich aussaugen.« Sie hob den Kopf und wandte ihn Theo zu, doch ihr Haar bedeckte noch immer ihr Gesicht.
»Nimmst du deine Pillen?«
»Medikamente. Das heißt Medikamente.«
»Entschuldige«, sagte Theo. »Nimmst du noch deine Medikamente?«
Sie nickte.
»Wisch dir die Haare aus dem Gesicht, Molly. Ich kann kaum verstehen, was du sagst.«
»Die Handschellen, Schlauberger.«
Theo hätte sich beinahe an die Stirn geklatscht: Du Idiot! Er mußte das Kiffen während der Arbeit wirklich bleiben lassen. Er hob den Arm und strich ihr vorsichtig die Haare aus dem Gesicht. In ihrem Blick lag eine gewisse Verwirrung.
»Du brauchst nicht so vorsichtig zu sein. Ich beiße nicht.«
Theo lächelte. »Nun, eigentlich ...«
»Ach, leck mich doch. Bringst du mich in die Nervenklinik?«
»Sollte ich?«
»In drei Tagen bin ich eh wieder raus, und die Milch in meinem Kühlschrank ist sauer.«
»Dann bringe ich dich besser nach Hause.«
Er ließ den Wagen an und fuhr einmal um den Block, um zum Fly Rod Trailer Court zu fahren. Er hätte lieber eine Seitenstraße benutzt, um Molly die Peinlichkeit zu ersparen, doch der Weg zur Wohnwagensiedlung ging von der Cypress Street ab, der Hauptstraße von Pine Cove. Als sie an der Bank vorbeikamen, starrten die Leute, die gerade aus ihren Autos
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