Der Mann am Strand
zusammen und hatten großes Vertrauen in das Urteils-vermögen des anderen. Åkeson schob die Brille auf die Stirn und betrachtete Wallander. "Du hier?" sagte er. "So früh? Das bedeutet, daß du mir etwas Wichtiges zu sagen hast."
"Ob es wichtig ist, weiß ich nicht", entgegnete Wallander. "Aber ich brauche deine Hilfe."
Er nahm einen Aktenstapel vom Besucherstuhl und legte ihn auf den Fußboden. Dann setzte er sich und berichtete Åkeson in knappen Worten von Alexanderssons Tod.
"Hört sich reichlich seltsam an", sagte Åkeson, nachdem Wallander geendet hatte.
"Manchmal passieren seltsame Dinge", sagte Wallander. "Das weißt du ebenso gut wie ich."
"Aber du bist doch kaum um sieben Uhr in der Frühe hergekommen, um mir das Ganze zu erzählen? Ich nehme an, du möchtest vorschla-gen, daß wir diesen Arzt festnehmen?"
"Ich brauche deine Hilfe wegen seiner Frau, Kajsa Stenholm", sagte 31
Wallander. "Sie war deine Kollegin. Sie hat viele Jahre in Nynäshamn gearbeitet. Aber ein paarmal war sie beurlaubt. In diesen Perioden hat sie manchmal kurzzeitige Vertretungen übernommen. Vor sieben Jahren hatte sie eine Vertretung in Stockholm. Diese Vertretung fällt in die Zeit, in der Göran Alexanderssons Sohn überfallen und getötet wurde.
Und ich brauche deine Hilfe, um herauszufinden, ob zwischen diesen beiden Ereignissen eine Verbindung besteht."
Wallander blätterte in seinen Papieren, bevor er fortfuhr.
"Der Sohn hieß Bengt. Bengt Alexandersson. Er war achtzehn Jahre alt, als er starb."
Per Åkeson balancierte auf zwei Beinen seines Stuhls und betrachtete Wallander stirnrunzelnd. "Was stellst du dir eigentlich vor?" fragte er.
"Ich weiß nicht", antwortete Wallander. "Aber ich will trotzdem untersuchen, ob es eine Verbindung gibt. Ob Kajsa Stenholm in irgendeiner Weise mit der Ermittlung von Bengt Alexanderssons Tod zu tun hatte."
"Und ich nehme an, du möchtest die Antwort so schnell wie möglich?"
Wallander nickte. "Du kennst mich doch inzwischen gut genug, um zu wissen, daß Geduld für mich ein Fremdwort ist", sagte er und stand auf.
"Ich will sehen, was ich tun kann", sagte Åkeson. "Aber erwarte nicht zuviel."
Als Wallander kurz darauf an der Anmeldung vorüberkam, bat er Ebba, Rydberg und Hansson in sein Zimmer zu schicken, sobald sie kämen.
"Wie geht es dir eigentlich?" fragte Ebba. "Bekommst du nachts genug Schlaf?"
"Manchmal habe ich das Gefühl, ich schlafe zuviel", sagte Wallander ausweichend. Ebba war in der Anmeldung sozusagen ein Fels in der Brandung und hatte ein wachsames Auge auf das Wohlbefinden aller.
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Wallander mußte sich dann und wann in aller Freundlichkeit gegen ihre Fürsorge zur Wehr setzen.
Um Viertel nach acht kam Hansson, kurz darauf Rydberg. In knappen Worten referierte Wallander, was er in "Hanssons Papieren", wie er sie inzwischen nannte, entdeckt hatte.
"Wir müssen abwarten, was Per Åkeson herausfindet, schloß er. Vielleicht ist es eine sinnlose Vermutung meinerseits. Aber wenn es sich auf der anderen Seite zeigt, daß Kajsa Stenholm zur gleichen Zeit, als Bengt Alexandersson getötet wurde, eine Vertretung hatte, und wenn sie mit der Ermittlung befaßt war, dann haben wir wirklich einen Zusammenhang gefunden."
"Hast du nicht gesagt, daß sie im Sterben liegt?" fragte Rydberg.
"Das behauptet ihr Mann", antwortete Wallander. "Sie selbst habe ich nicht gesehen."
"Bei allem Respekt vor deiner Fähigkeit, dich durch komplizierte Ver-brechensermittlungen zu lotsen, kommt mir dies doch sehr vage vor", sagte Hansson. "Nehmen wir an, du hast recht. Daß Kajsa Stenholm als Leiterin der Voruntersuchung im Fall des gewaltsamen Todes von Bengt Alexandersson tätig war. Was bedeutet das heute? Sollte eine krebskranke Frau einen Mann ermordet haben, der von irgendwoher aus ihrer Vergangenheit auftaucht?"
"Es ist sehr vage", gab Wallander zu. "Laßt uns einfach abwarten, was Åkeson eventuell herausbekommt."
Nachdem die beiden anderen gegangen waren, saß Wallander lange unschlüssig da. Er fragte sich, was Mona und Linda wohl gerade machten. Und worüber sie redeten. Um kurz vor halb zehn holte er sich eine Tasse Kaffee, um halb elf die nächste. Er kam gerade in sein Zimmer zurück, als das Telefon klingelte.
Es war Per Åkeson. "Es ging schneller, als ich dachte", sagte er. "Hast du was zum Schreiben?"
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"Ich schreibe", antwortete Wallander.
"Zwischen dem 10. März und dem 9. Oktober 1980 hatte Kajsa Stenholm eine Vertretung als Staatsanwältin in Stockholm.
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