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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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verdient.
    Irgendwoher kannten diese Jungs bereits den Code, was natürlich das Einfachste von allem ist. Vielleicht hatten sie einen Kontakt im Haus, die Haushälterin oder einen Wartungsmann. Oder sie hatten schlichtweg den Eigentümer selbst mit einem starken Fernglas beobachtet, so dass sie die Tasten erkennen konnten, die er drückte. Wie sie es auch angestellt hatten, sie kannten die Zahlen, und Manhattan brauchte knapp fünf Sekunden, um das System abzuschalten.
    Er gab uns das Okay mit erhobenem Daumen, worauf Brooklyn sich verzog, um Schmiere zu stehen oder was er sonst tun sollte. Das war offensichtlich Routine für die beiden, sie waren ganz in ihrem Element. Und ich? Ich befand mich inzwischen in meiner privaten kleinen Blase, spürte wieder dieses angenehme Vibrieren und wie mein Herzschlag sich beschleunigte, bis sein Rhythmus mit der ständig schlagenden Basstrommel in meinem Kopf übereinstimmte. Die Angst, mit der ich jeden Tag, jede Sekunde lebte, verließ mich endlich. Alles war friedlich und normal und im Einklang für diese paar wenigen kostbaren Minuten.
    Manhattan winkte mir, ihm zu folgen. Wir gingen durch das Haus, ein so perfektes Haus, wie ich es noch nie gesehen hatte. Bei der Einrichtung hatte man mehr Wert auf Komfort als auf Repräsentation gelegt. Ein riesiger Fernseher mit Sesseln, in denen man versinken konnte. Eine bestens ausgestattete Bar mit Gläsern, die an einem Gestell darüber hingen, einem Spiegel, Barhockern, allem, was dazugehört. Wir stiegen die Treppe hinauf, kamen durch einen Flur und ins Hauptschlafzimmer. Manhattan schien sich gut auszukennen. Unser Weg endete in einem der beiden großen begehbaren Kleiderschränke, reihenweise teure dunkle Anzüge auf der einen Seite, teure Freizeitkleidung auf der anderen. Die Schuhe ordentlich in schräg stehenden Fächern arrangiert. Gürtel und Krawatten an einer elektrischen Vorrichtung, die auf Knopfdruck rotierte und die gesamte Auswahl vorführte.
    Natürlich waren wir nicht wegen der Gürtel und Krawatten hier. Manhattan schob mit sicherem Griff ein paar Anzüge beiseite, und ich sah einen rechteckigen Umriss an der Wand. Er drückte darauf, so dass eine Klappe aufsprang. Dahinter befand sich der Safe.
    Er trat beiseite. Nun war ich wieder dran.
    Das war es, wofür sie mich tatsächlich brauchten. Die Hintertür hätten sie notfalls auch allein aufbekommen. Sie hätten vermutlich ein bisschen länger dazu gebraucht, aber diese Männer waren clever und einfallsreich und hätten eine Möglichkeit gefunden. Dieser Safe dagegen, das war etwas ganz anderes. Es lag im Bereich des Machbaren, den Sicherheitscode für das Haus herauszufinden, aber die Kombination für den im Wandschrank des Hausherrn verborgenen Safe? Nein, die existierte höchstwahrscheinlich nur in dessen Kopf. Vielleicht noch in dem seiner Frau. Ganz vielleicht noch im Kopf einer zuverlässigen dritten Person, eines Vertrauten oder Anwalts der Familie, nur für den Notfall. Ansonsten … na ja, man konnte natürlich losgehen und den Besitzer entführen, ihn mit Klebeband an einen Stuhl fesseln und ihm eine Knarre in den Mund stecken, aber dann hätte man eine vollkommen andere Operation. Wenn man sauber vorgehen wollte, dann brauchte man einen Schrankmann, der einem das Ding öffnete. Ein schlechter Schrankmann würde letztendlich wahrscheinlich die Wand durchschlagen und den Safe herausreißen. Ein besserer Schrankmann würde ihn in der Wand belassen und eine Bohrmaschine einsetzen. Ein erstklassiger Schrankmann … Tja, das war es, was ich zu demonstrieren hoffte.
    Stellte sich nur das Problem – und ich war froh, dass Manhattan nichts davon ahnte –, dass ich in meinem kurzen Leben bisher noch nie einen Wandsafe geöffnet hatte. Ich meine, klar, ich wusste, dass es dasselbe Prinzip ist. Einfach ein standardmäßiger Safe, der in eine Wand eingebaut wurde, richtig? Doch ich hatte mein Handwerk an freistehenden Tresoren gelernt, an die ich mit dem ganzen Körper dicht herankommen konnte, um zu fühlen, was ich da tat. Wie der Ghost so oft gesagt hatte, wenn er mich unterrichtete – es ist, als würde man eine Frau verführen. Man muss sie auf die richtige Weise berühren. Wissen, was in ihr vorgeht. Wie soll man das machen, wenn die ganze Frau, bis auf das Gesicht, hinter einer Wand versteckt ist?
    Ich schüttelte meine Hände aus und trat an die Nummernscheibe heran. Zuerst bewegte ich den Griff, um zu überprüfen, ob das verdammte Ding überhaupt

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