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Der Mann aus London

Der Mann aus London

Titel: Der Mann aus London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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anderen begreiflich zu machen. Er würde gehorsam Antwort auf die Fragen geben, die ihm gestellt wurden, mehr nicht.
    Am Nachmittag ging er erhobenen Hauptes durch das Spalier von Neugierigen, die sich vor der Hütte versammelt hatten. Warum sollte er die Augen senken, etwa vor Baptiste? Oder vor diesen geschniegelten Herren mit ihren Aktentaschen und dem hektischen Getue?
    »Sie geben also zu, daß …«
    Sie gaben sich schlau. Sie eiferten um die Wette, wer ihn am besten hereinlegte. Und dabei hatte er alles schon von sich aus gesagt, unaufgefordert, ohne daß man ihn holen kam.
    Er hörte ein Schluchzen über sich auf der Steilküste, hob den Kopf und erblickte seine Frau, die unweit von den Bernards stand und in ihre Schürze weinte. Ernest hatte man wahrscheinlich bei anderen Nachbarn gelassen. Und Henriette? Sein Blick glitt suchend hin und her; dann entdeckte er sie schließlich, hinter den Leuten versteckt.
    »Machen Sie uns vor, wie sich das heute früh abgespielt hat, ja?«
    Sein verächtlicher Blick galt ihnen allen: dem Staatsanwalt, dem Untersuchungsrichter mit seinem Spitzbärtchen, all den anderen, deren Dienstgrad er nicht kannte. Man hatte einen Anwalt für die Verteidigung bestellt, der ihm unentwegt Zeichen machte, die ihn zur Vorsicht ermahnen sollten.
    Weshalb sollte er noch vorsichtig sein? Wenn ihnen soviel daran lag – warum sollte er die Szene nicht noch einmal durchspielen? Die Sache war nur die, daß er nicht mehr in der Lage war, die Sätze zu finden, die er heute früh ausgesprochen hatte. Und ohne die Sätze hatten die Bewegungen keinen Sinn mehr.
    »Verzeihung, Kumpel«, sagte er im stillen zu Brown. Die da wollen mich absolut mit dem Haken zuschlagen sehen.
    Als er in aller Ruhe nach dem Haken griff, wie man eben nach einem Krabbenhaken greift, gab es bei den Gaffern ein Gemurmel, und manche wichen entsetzt zurück.
    »Wo hat dieser Gegenstand gestanden, als Sie danach griffen?«
    »Nirgendwo. Brown hatte ihn doch in der Hand.«
    »Und wie haben Sie zugeschlagen?«
    »Ich habe einfach dreingehauen.«
    Wieder entsetztes Gemurmel in der Menge! Es war ihm egal. Es machte ihm sogar fast Spaß, daß sie so einfältig waren.
    »Sehen Sie, da ist das Stück Pastete!«
    »Nichts anfassen!« schrie der Untersuchungsrichter.
    Die Prozedur dauerte zwei Stunden; es wurde Protokoll geführt, der Untersuchungsrichter und der Anwalt gerieten aneinander und wechselten scharfe Worte. Sie hatten Maloin die Handschellen abgenommen, damit er den Haken in die Hand nehmen konnte. Als alles vorbei war, wurden sie ihm wieder angelegt.
    »Müssen wir hier noch etwas rekonstruieren?« wandte sich der Staatsanwalt an den Verteidiger.
    »Nein. Ich werde natürlich verlangen, daß mein Klient auf seinen Geisteszustand untersucht wird.«
    »Tag, Louis«, hätte gestern noch jeder von den Gaffern gesagt, wenn Maloin an ihnen vorbeigekommen wäre. Jetzt dagegen schauten sie ihn voller Entsetzen an, als ob er nicht mehr der gleiche Maloin, als ob er nicht einmal mehr ein Mensch wäre. Seine eigene Tochter hielt sich in der hintersten Reihe versteckt!
    Da die Hütte nicht mit dem Wagen erreichbar war, mußten sie zu Fuß einen Teil der Stadt durchqueren. Kinder liefen zu beiden Seiten des Zuges nebenher, um den Festgenommenen ja nicht aus den Augen zu verlieren. Pressefotografen tauchten auf und schossen ein Bild von ihm.
    Schließlich wurde er in eine Zelle gesperrt, und er betrachtete erlöst die weißgetünchten Wände, das gegen die Wand geklappte Bett und den Klapptisch. Er konnte sich nicht erinnern, jemals im Leben ein solches Bedürfnis nach Schlaf gehabt zu haben. Er legte sich angezogen aufs Bett und war gerade am Einschlafen, als sein Anwalt hereingeführt wurde.
    »Sie haben alle nur denkbaren Dummheiten gemacht, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben.«
    Zu Hause saßen sie jetzt wahrscheinlich in der Küche und weinten. Sie hatten gerade die Lampe angemacht, und die blaue Henkelkanne, die er kurz vor Henriettes Geburt an einem Samstagnachmittag gekauft hatte, stand auf dem Tisch und roch nach Schnaps.
    »Ich möchte Ihnen wenigstens noch ein paar Ratschläge geben«, fuhr der Anwalt fort.
    Maloin sah ihn an wie irgendein Ding, das ebenso seltsam wie unnütz ist.
    »Ihr Zynismus wird allgemein als empörend beurteilt, und das macht meine Aufgabe nicht einfacher. Sie müssen …«
    »Wann ist übrigens die Beerdigung?« unterbrach ihn Maloin.
    »Welche Beerdigung?«
    »Die von Brown.«
    »Das steht noch nicht

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