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Der Mann aus London

Der Mann aus London

Titel: Der Mann aus London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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dem Gesicht des Toten aus.
    »Schließen Sie die Tür wieder«, befahl Molisson, der immer noch versuchte, Madame Brown zu beruhigen.
    Maloin schloß wieder ab, steckte den Schlüssel in die Tasche, wandte sich diskret ab und wartete, wobei er das Meer betrachtete.
    Als er sich nach einigen Minuten umwandte, half der Inspektor Madame Brown gerade in die Höhe; er klopfte ihr sogar den Staub vom Saum. Ohne Maloin anzusehen, sprach sie ein paar Worte.
    »Sie möchte wissen, ob Sie ihr vielleicht etwas auszurichten haben von ihm«, übersetzte Molisson.
    Was sollte er auf eine solche Frage antworten? Sie hatte nichts kapiert. Das hatte sich doch ganz anders abgespielt. Sie hatten mit dem Haken aufeinander eingeschlagen, bis einer von ihnen still gewesen war. Er überlegte. Er hätte ihr gern etwas Tröstliches gesagt, fand aber keine plausible Lüge und zuckte deshalb die Achseln.
    Es war deprimierend, ihr nichts sagen zu können, vor allem bei dem Gedanken, daß der einzige, der die Lage richtig erfaßt hätte, ausgerechnet der Tote war.
    »Gehen wir«, seufzte er und hätte sich beinahe geärgert, als Molisson erstaunt fragte:
    »Wohin wollen Sie?«
    »Zur Polizei natürlich!«
    Mußte er denn überall gegen eine Mauer rennen? Was war an seinem Verhalten denn so ungewöhnlich? Es hatte eine Katastrophe gegeben, und Katastrophen ereignen sich tagtäglich: Einmal ist es irgendein Unfall, ein anderes Mal ein Schiffbruch und das nächste Mal ein Mord. Kommt das letztlich nicht auf das gleiche heraus?
    Es gab zwei Opfer, drei Opfer, sechs Opfer. Brown war tot. Aber er, Maloin, hätte ebensogut an seiner Stelle tot sein können, und dann hätte Brown jetzt dagestanden und Madame Maloin die Sache erklären müssen!
    Und unglücklich waren sie alle miteinander, auch Henriette und Ernest, die noch nichts Böses ahnten.
    »Gehen wir erst einmal in die Stadt zurück«, schlug Molisson vor. »Dann werden wir sehen.«
    »Wie Sie wollen. Aber da gibt’s nichts mehr zu sehen.«
    Er hätte viel darum gegeben, Madame Brown auf dem steinigen Weg behilflich zu sein, und ein paarmal warf er ihr einen kurzen Blick zu, als ob es doch denkbar gewesen wäre, daß sie seine Hilfe annahm … Hinterher, im Hotel, würde sie sich wahrscheinlich von jemand wie Eva Mitchel trösten lassen.
    »Es ist zum Weinen, wie dumm das alles ist«, sagte er unwillkürlich zu Molisson.
    »Was hat er gesagt?« fragte Madame Brown auf Englisch.
    Molisson zögerte kurz.
    »Ach, nichts …«
    Als sie beim Hotel angelangt waren, blieb Maloin am Eingang stehen.
    »Ich warte hier auf Sie«, sagte er und registrierte angewidert, daß Molisson befürchtete, er werde fliehen.
    Aus dem Hotel wurde gerade Mitchels Gepäck herausgetragen: schwere Lederkoffer mit Aufklebern von allen möglichen Hotels. Mitchel selbst hatte bereits seinen Pelz an und bezahlte die Rechnung.
    Maloin sah ihn mit dem Inspektor und Madame Brown zusammen in den Salon gehen. Eva Mitchel stieß kurz darauf zu ihnen; sie war ebenfalls reisefertig. Ein paar Minuten später kam Molisson schließlich heraus und ging auf Maloin zu.
    »Haben sie ihr wenigstens etwas gegeben?« fragte Maloin.
    »Ja.«
    »Viel?«
    »Hundert Pfund.«
    Als sie nebeneinander durch die sonnigen Straßen gingen, rückte der Inspektor plötzlich mit der Sprache heraus:
    »Weshalb wollen Sie zur Polizei?« fragte er und schaute beiseite.
    »Wo soll ich denn sonst hin?«
    »Ich weiß nicht … Wenn Sie gewollt hätten … Sie machen doch Notwehr geltend, nicht wahr?«
    »Sie meinen wohl, daß mich das kümmert?« brauste Maloin auf.
    Er betrat vor Molisson das Büro des Sonderkommissars, das im Bahnhofsgebäude untergebracht war. Da Maloin seine Eisenbahneruniform anhatte, glaubte der Kommissar, Maloin sei in einer dienstlichen Angelegenheit zu ihm gekommen.
    »Was gibt’s, mein Lieber?«
    »Ich habe heute morgen Brown umgebracht und möchte Ihnen melden …«
    Der Kommissar war ungläubig in die Höhe gefahren.
    »Moment! Moment!«
    Er wandte sich an Molisson.
    »Was erzählt der Mann da? Kennen Sie ihn?«
    Maloin schaute auf die Lackschuhe des Kommissars, auf den zweireihigen blauen Anzug, das sorgsam gescheitelte Haar und schließlich auf das schmale Band der Ehrenlegion und sagte sich: »Der wird das nie verstehen!«
    »Dann lassen Sie uns mal von vorn anfangen«, sagte der andere, setzte sich wieder hin und schraubte die Kappe von seinem Füllfederhalter.
    »Ihr Name?«
    »Louis Maloin, Rangiermeister im

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