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Der Mann, der Donnerstag war

Der Mann, der Donnerstag war

Titel: Der Mann, der Donnerstag war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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verschiedenes. Wir wissen nichts und wollen nichts mehr wissen von der snobbistischen englischen Anmaßung: daß nur die Ungebildeten die gefährlichen Verbrecher seien. Wir erinnern nur an die Römischen Kaiser. Wir erinnern nur an die vielen großen fürstlichen Giftmischer der Renaissance. Wir sagen: der Gebildete ist der Schwerverbrecher. Wir behaupten: das gefährlichste Verbrechen von heute ist der absolut gesetzlose moderne Philosoph. Gegen ihn sind – gegen ihn sind Einbrecher und Bigamisten moralische Menschen; mein Herz ist ganz mit auf ihrer Seite. Die glauben an das höchste Ideal der Menschen; nur suchen sie es auf der verkehrten Seite. Diebe? Die respektieren das Eigentum. Sie wünschen vom Eigentum nur, daß es sich ihnen aneignen möchte, auf daß sie es dann um so vollkommener respektieren könnten. Aber Philosophen? Die verwerfen das Eigentum als Eigentum an sich. Die wollen gleich den ganzen Begriff Personalbesitz ausmerzen. Bigamisten? Die respektieren die Ehe. Sonst würden sie nicht durch die so hochzeremonielle und sogar ritualistische Formalität der Bigamie gehen. Aber Philosophen? Die verabscheuen die Ehe als Ehe an sich. Der Mörder respektiert das Menschenleben. Er wünscht nur, eine größere Fülle menschlichen Lebens in sich zu erlangen – durch die Opferung von etwas, das ihm weniger lebenswert scheint. Aber der Philosoph? Der haßt das Leben an sich. Sein eigenes sowohl als das aller andern.«
    Syme schlug die Hände zusammen.
    »Wie so wahr – wie so wahr das alles!« rief er aus. »Ich habs gefühlt, seit meiner Knabenzeit, nur konnt ich nie die verbalische Antithese statuieren. Der gewöhnliche Verbrecher ist ein schlechter Mensch, aber wenigstens ist er, gleichsam, ein – bedingungsweise – guter Mensch. Er sagt, wenn nur ein gewisses Hindernis beseitigt wäre – ein Erbonkel etwan – dann wär er total bereit, an das Weltall zu glauben und Gott zu preisen. Er ist ein Reformator, aber noch lange kein Anarchist. Er will den Tempel gereinigt sehen, aber noch lange nicht niedergerissen. Nur der Schädling: der Philosoph, versucht nicht, die Dinge zu wandeln, sondern sie auszurotten – zu nihilisieren. Ja, die moderne Welt hat all jene Sparten des Polizeidienstes zurückbehalten, die tyrannisch und über die Maßen greulich sind, die Ausplünderung der Armen, das Ausspionieren der Unglücklichen. Und hat ihre würdigste Tat aufgegeben: die Bestrafung der großen Staatsverräter und der großen Kirchenketzer. Ich zweifle immer wieder nur daran, daß wir ein Recht haben sollen, wenn die nicht – dann irgendeinen andern zu bestrafen.«
    »Aber das ist doch absurd!« rief der Blaue und rang die Hände – gar nicht wie ein Blauer, »aber das ist doch unausstehlich! Ich weiß nicht, was Sie treiben im Leben, aber sicher vergeuden Sie Ihr Leben. Sie müssen – Sie müßten unserer Spezialarmee gegen die Anarchie beitreten! Ihre Truppen stehen vor unseren Grenzen. Der Pfeil schwirrt von der Sehne. Wenn Sie noch einen Augenblick länger verziehen, ist der Ruhm für Sie verloren, als einer der Unsrigen zu streiten – und damit vielleicht der Heldentod zusammen mit den letzten Heroen dieser Welt.«
    »Das ist eine Chance – sicherlich –« pflichtete Syme bei, »die ich mir nicht entgehen lassen sollte. Aber ich kenn mich da immer noch nicht recht aus. Ich weiß wohl so gut wie einer, daß die moderne Welt angefüllt ist von den gesetzlosen kleinen Menschen und von total verdrehten kleinen Emotionen. Aber, so verbiestert das alles auch sein mag, bleibt immer noch das eine Gute – dieses, daß sie miserabel untereinander auskommen. Wie kommen Sie also dazu, von einem Oberkommando an der Spitze einer Armee und vom ersten abschwirrenden Bolzen zu reden? Wie wie – wie verhält es sich denn nun eigentlich mit dieser Anarchisterei?«
    »Verwechseln Sie's beileibe nicht«, versetzte der Konstabler, »mit jenen ungefähren Dynamitattentaten in Rußland oder Irland: die sind weiter nichts als Expansionen, Expektorationen und Explosionen unterdrückter – irrender Menschen. Das andere aber, das ist eine ungeheure philosophische Bewegung, die aus einem äußeren und in einem inneren Ring besteht. Sie können den äußeren Ring getrost den Laienstand und den inneren Ring die Priesterschaft nennen. Ich aber heiße mir den äußeren lieber: das harmlose Lager – und den innern: das im höchsten Grade schuldige. Der äußere Ring – der größte Teil der Anhänger – sind bloße

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