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Der Mann, der sein Leben vergaß

Der Mann, der sein Leben vergaß

Titel: Der Mann, der sein Leben vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schulter.
    »Mein lieber Doktor Albez«, rief er. »Ihre unfreiwillige Reise hat ja nun bald ein Ende. Nächste Woche fliegen wir nach Lissabon zurück, und dann setzen Sie sich hin und schreiben darüber einen wilden Roman. – Wie hieß doch noch Ihr letztes Buch?«
    Dr. Albez lächelte ein wenig strafend.
    »Aber lieber Professor. Ich habe Ihnen doch einen Band geschenkt. ›Nächte über Alcántara‹ hieß es.«
    Destilliano nickte, als besänne er sich. Natürlich wußte er, wie das letzte Buch Dr. Albez' hieß, und die richtige Antwort bestätigte nur noch mehr seine phantastischen Gedanken.
    Konsul Manolda, der nicht wußte, was das alles bedeuten sollte, hockte in seinem Sessel und sah der Unterhaltung mit reichlich dummen Augen zu.
    »Ich hatte Sie vergangenen Sonntag eigentlich als Gast erwartet«, führte Destilliano das Gespräch fort. »Aber Sie zogen Ihre Wiese meinem Kaffeetisch vor.«
    Dr. Albez wehrte lächelnd ab.
    »Aber nein! Am Vormittag besuchte ich erst die Basílica de Santa Maria und die herrliche alte gotische Kirche do Carmo. Ich brauche nämlich einen Kirchenhintergrund für mein neues Buch und konnte mich nicht entschließen. Schließlich verfiel ich auf die wundervolle Marmorkirche S. Roque und bummelte dann über den Chiado und den Terreiro do Paco, traf in einem Café in der Rua da Prata einen Bekannten und ließ mich zum Mittagessen einladen. Wie es so kommt – man kann nicht gleich wieder gehen, sondern muß noch ein Stündchen bleiben. Darauf zog ich dann durch die Wiesen heim, wollte zu Ihnen – aber das Essen war so gut gewesen, und ich legte mich in das Gras und hielt ein kurzes Mittagsschläfchen. Aufgewacht bin ich dann hier in Amsterdam!«
    Professor Destilliano nickte ein paarmal. Die Erzählung stimmte mit den Tatsachen überein, die vor zwei Jahren geschehen waren. Nur das letzte stimmte nicht: Dr. Albez war nicht in Amsterdam erwacht, sondern auf der Wiese an Herzschlag gestorben und drei Tage später feierlich begraben worden.
    Die Theorie Destillianos wurde langsam zur Wirklichkeit. Mit den durchdringenden, wachsamen Augen eines Arztes betrachtete er den Fremden genau, doch sowohl in seinen Augen wie auch in seinem Mienenspiel konnte er keine Unklarheiten oder Krankheitszeichen entdecken. Dieses verstärkte nur noch seine Ansicht, und mit doppelter Freundlichkeit hakte er sich bei Dr. Albez unter.
    »Unser Konsul wird jetzt so lieb sein«, rief er fröhlich und blinzelte dem aufzuckenden, ratlosen Manolda listig zu, »unser Wiedersehen und Ihre Rehabilitierung mit einer Flasche Wein zu feiern. Was halten Sie davon, Don Manolda?«
    Der gewandte Geschäftsmann, dessen Überraschung schnell einer eiligen Überlegung wich, lächelte zurück, und nickte.
    »Aber mit Freuden«, sagte er mit seiner samtweichen Stimme. »Nun, da alles geklärt ist, sollen die Pfropfen knallen! Ich werde sofort persönlich meinen besten Tropfen aus dem Keller holen.«
    Schnell, es sah fast wie eine Flucht aus, verließ er das Zimmer und wischte sich in der Diele mit zitternden Händen über die schweißnassen Haare.
    »Sind wir denn alle wahnsinnig?« stammelte er. »Destilliano nennt einen völlig Fremden Doktor Albez, und dieser Fremde ist der vermißte Pieter van Brouken und kann Portugiesisch.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Die Welt ist verrückt«, murmelte er. »Total verdreht! Am verrücktesten aber ist Professor Destilliano.«
    Auf dem Wege zum Weinkeller hatte er noch einen Kampf auszuführen.
    Sein Sekretär kam ihm entgegen und machte ihn darauf aufmerksam, daß der Gast des Konsuls niemand anders sei als der vermißte Pieter van Brouken. Er habe ihn aufgrund des Bildes in der Zeitung sofort erkannt.
    Manolda nannte ihn verrückt, einen Gespensterseher und drohte mit einer sofortigen Entlassung, falls er auch nur ein Wort über die Anwesenheit eines Besuchers in der Öffentlichkeit sage. Ihn ginge eine fremde Pressenotiz überhaupt nichts an!
    Zerknirscht, aber voller widersprechender Gefühle, schlich sich der Sekretär davon.
    Es wurde ein lustiger, ziemlich lauter und herzlicher Abend, den Manolda, Professor Destilliano und Dr. Albez feierten.
    Der Wein war vorzüglich, das Essen, das sie von einem nahegelegenen Hotel kommen ließen, hervorragend und die Stimmung prächtig.
    Wie alte Freunde begleiteten sie Dr. Albez auf sein Zimmer und saßen dann unten in der Bibliothek noch eine Stunde beisammen.
    »Verzeih mir, wenn ich so dumm bin und mich nicht auskenne«, sagte

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