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Der Mann, der sein Leben vergaß

Der Mann, der sein Leben vergaß

Titel: Der Mann, der sein Leben vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gleichfalls unter und rief jugendlich: »Und jetzt geht es an Land ! Das Gepäck kommt nach. Kindchen, ich freue mich auf meinen alten spanischen Tarragona-Wein!«
    Lissabon gliedert sich in fünf Stadtteile, die untereinander äußerst verschieden sind und das wechselnde Schicksal der Stadt im Lauf der Jahrhunderte aufzeichnen. Alhama, die alte Stadt, die merkwürdigerweise von dem furchtbaren Erdbeben am 1.11.1755 verschont blieb, während ganz Lissabon in Trümmer ging, trägt als größte Sehenswürdigkeit den Monte do Castello mit der alten Burg. Rocio , die neue Stadt, zieht sich den Tejo entlang und ist mit Prachtstraßen und palastähnlichen Häusern ausgestattet, Bairro alto, die obere Stadt, und Alcántara, die westliche Stadt, sind mit der Villenvorstadt Belom durch breite Parkstraßen verbunden, so daß der erste Eindruck von Lissabon ein überwältigend schönes Bild ist. Doch bei genauerem Hinsehen entdeckt man, wie bei fast allen südlichen Städten, daß diese Schönheit nur eine prunkende Fassade ist. Enge, winkelige, schmutzige und übelriechende Straßen und Gassen ziehen sich auch heute noch zwischen den Hügeln hin und den Monte do Castello hinauf, und die vielgenannte Rua do Monte do Castello, einst die vornehmste Straße der Ritterzeit, ist heute nur noch eine enge Gasse mit halbverfallenen, dunklen Häusern, uralt, geheimnisvoll umwoben, versponnen wie eine alte Rittersage.
    In dieser Straße wohnten Professor Destilliano und Dr. Albez seit langen Jahren. Das Haus des Gelehrten war ein großer Patrizierbau, dunkel und mit verblichenen Fenstern, während Dr. Albez nebenan ein kleines Gebäude im Stile eines Bungalows sein eigen nannte.
    Während der Fahrt zu der Rua do Monte do Castello bemühte sich Destilliano, das Gespräch auf diese Häuser zu bringen. In den zwei Jahren nämlich, die der richtige Dr. Albez tot war, hatte der Professor das Grundstück erworben, als eine Art Laboratorium und Lagerschuppen umgebaut und zu einer bakteriologischen Forschungsstelle ernannt. Zwar war in den beiden Jahren noch keine wissenschaftliche Entdeckung Professor Destillianos bekanntgeworden, doch der große Totenschädel mit dem Warnungsschild hinderte alle Frager, sich etwas genauer mit dem Laboratorium zu beschäftigen. Selbst die Polizei, die einer Infektion mit Cholera- oder Pest-Bazillen gern aus dem Weg ging, machte einen großen Bogen um die Rua do Monte do Castello 12, zumal Professor Destilliano eine der geehrtesten Persönlichkeiten Lissabons war.
    So lagerten denn in dem Hause Dr. Albez' ungestört Kisten mit Morphiumampullen, kleine Schachteln mit Kokain und Tausende gelbbraune Kügelchen, tropenfest und wasserdicht verpackt: Opium!
    Das alles wußte Dr. Albez nicht, denn er war ja vor zwei Jahren gestorben und erst vor wenigen Tagen in der Bewußtseinsspaltung Pieter von Broukens wieder aufgestanden … Für Dr. Albez begann das Leben also wieder, wo es vor zwei Jahren plötzlich durch einen Herzschlag abriß, und Professor Destilliano machte sich berechtigte Sorgen, wie Dr. Albez die Verwandlung seines Hauses aufnehmen würde.
    »Mein lieber Doktor«, sagte er deshalb etwas betrübt. »Jetzt, wo wir wieder in der Heimat sind, auf der Fahrt zu Ihrem Haus, muß ich Ihnen etwas gestehen, das ich bisher aus einer psychologischen Scheu verschwieg.«
    Dr. Albez, der gerade mit Anita angeregt über einen Plan für die Gestaltung des nächsten Sonntags beriet, blickte erstaunt auf. Dann aber lachte er und winkte dem Professor zu.
    »Nur zu! Mich kann jetzt nichts mehr erschüttern!«
    »Sagen Sie das nicht!« Destilliano wurde sehr ernst. »Es ist nämlich ein Irrtum, daß Sie nur fünf Tage verschwunden waren.«
    »Ach!« Dr. Albez' Gesicht wurde starr. »Wie soll ich das verstehen? Ich schlief vergangenen Sonntag auf einer Wiese ein …«
    Destilliano nickte und sagte leise: »Und dieser Sonntag ist jetzt zwei Jahre her …«
    »Was?!!« Dr. Albez starrte den Professor an und begann zu zittern. »Zwei Jahre? Aber das ist doch unmöglich! Machen Sie bitte keine Witze! Ich kann doch nicht zwei Jahre hindurch schlafen! Ich erinnere mich genau … ich ging –«
    Destilliano wischte seinen Satz mit der Hand fort und schüttelte den Kopf. Er spielte ein gefährliches Spiel, denn es war möglich, daß durch diese seelische Erschütterung ein neuer Schock entstand und Pieter van Brouken wieder zu seiner Eigenpersönlichkeit zurückfand.
    »Ihre Erinnerung liegt zwei Jahre zurück«, sagte er so schonend

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