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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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diese Landung denn noch dauern?
    Er sah zu Ned Rawlins. Er mußte etwa zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig sein: Ein Bild naiver, jugendlicher Männlichkeit bot sich ihm, obwohl er wußte, daß Ned alt genug war, um mehr gelernt zu haben, als er zu zeigen bereit schien. Er war groß, auf konventionelle Weise gutaussehend, jedoch ohne Hilfe der kosmetischen Chirurgie. Das Haar war hell, die Augen blau, die Lippen weit und beweglich und die Zähne makellos. Er war der Sohn eines mittlerweile verstorbenen Kommunikationstheoretikers, der gleichzeitig einer der engsten Freunde von Richard Muller gewesen war. Boardman hatte vor, sich dieser Beziehung zu bedienen, und hoffte, sie würde sie ein gutes Stück bei den anstehenden delikaten Transaktionen voranbringen. Nun, man würde sehen.
    Rawlins sagte: „Fühlen Sie sich nicht wohl, Charles?“
    „Ich werde es überleben. Bald sind wir unten.“
    „Die Landung scheint so langsam vonstatten zu gehen, nicht wahr?“
    „Dauert höchstens noch eine Minute“, sagte Boardman.
    Das Gesicht des Jungen schien kaum von den Kräften verzerrt zu werden, die auf es einwirkten. Die linke Wange war leicht nach unten gezogen, aber mehr auch nicht. Es war unheimlich, auf diesem strahlenden Gesicht so etwas wie ein Hohnlächeln auszumachen.
    „So, jetzt ist es soweit“, murmelte Boardman und schloß wieder die Augen.
    Das Schiff verringerte jetzt sehr schnell den Abstand zur Oberfläche und setzte schließlich auf. Die Expelleratoren gingen aus. Die Bremsraketen erstarben knurrend. Ein letzter, unangenehmer Moment der Unsicherheit, dann war die Lage stabil. Die Landebeine verankerten sich im Boden, und dem Donnern der Landung folgte Stille. Wir sind da, dachte Boardman. Jetzt auf zum Labyrinth. Auf zu Mr. Richard Muller. Mal sehen, ob er in den vergangenen neun Jahren etwas von seinem Schrecken verloren hat. Vielleicht ist er jetzt genauso normal wie jeder andere auch. Falls dem so ist, sagte sich Boardman, dann möge Gott uns beistehen.
     
     
3
     
    Ned Rawlins war noch nicht sehr oft durchs All gereist. Er hatte bislang erst fünf Welten besucht, und davon gehörten drei zum heimatlichen Sonnensystem. Als er zehn geworden war, hatte sein Vater ihn zu einem Sommerurlaub auf den Mars mitgenommen. Zwei Jahre später hatte er die Venus und den Merkur kennengelernt. Als Belohnung für seine Reifeprüfung hatte er im Alter von sechzehn das Sonnensystem verlassen dürfen und war so nach Alpha Centauri IV gekommen. Drei Jahre später war er aus traurigem Anlaß ins Rigel-System geflogen und hatte von dort den Leichnam seines tödlich verunglückten Vaters heimgeführt.
    In einer Zeit, wo man mit dem Warpflug genauso einfach von einem Sternsystem ins nächste gelangen konnte, wie man auf der Erde von Europa nach Australien reiste, bedeutete das nicht viel. Rawlins wußte jedoch, daß er später noch genügend Zeit zum Herumreisen haben würde, sobald er sich seine ersten diplomatischen Sporen verdient hatte. Wenn man Boardmans Worten Glauben schenken durfte, so ließ der Reiz des Sternenflugs schon recht bald nach. Rawlins hielt dem entgegen, daß da ein ausgelaugter Mann sprach, der viermal so alt war wie er. Andererseits glaubte er aber auch, daß an seinen Worten etwas Wahres sein mußte.
    Aber bis zur Alltäglichkeit würde es noch lange dauern. In diesem Augenblick befand sich Ned Rawlins zum sechsten Mal auf einer fremden Welt, und er war überglücklich. Das Schiff war auf der großen Ebene, die Mullers Labyrinth umgab, zum Stehen gekommen. Die äußere Wallanlage lag etwa hundert Kilometer in südöstlicher Richtung. Tiefe Nacht herrschte auf dieser Seite von Lemnos. Der Planet besaß einen Dreißigstundentag und ein Jahr mit zwanzig Monaten. In dieser Hemisphäre herrschte früher Herbst, die Luft war kühl und frisch. Rawlins entfernte sich ein paar Schritte vom Schiff. Die Männer der Schiffsbesatzung luden das Material aus, das zum Bau des Lagers benötigt werden würde. Charles Boardman stand, in dicke Felle vermummt, ein Stück abseits und war so tief in sich gekehrt, daß Rawlins nicht wagte, in seine Nähe zu kommen. Neds Verhältnis zu Boardman setzte sich aus einer Mischung von Ehrfurcht und Angst zusammen. Er wußte, daß es sich bei ihm um einen zynischen alten Mann handelte, dennoch kam er nicht umhin, ihn zu bewundern. Ned wußte, Boardman war ein wirklich bedeutender Mensch, wie ihm noch nicht allzu viele begegnet waren. Sein eigener Vater hatte vielleicht zu dieser

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