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Der Mann ohne Eigenschaften (German Edition)

Der Mann ohne Eigenschaften (German Edition)

Titel: Der Mann ohne Eigenschaften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Musil
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abgewehrt: »Ah, i mag mi net vordrängen lassen«; und nun wisse man nicht, ob es sich dabei um eine ausgesprochen entgegenstehende Allerhöchste Willensmeinung handle oder nicht.
    Tuzzi verfuhr so in einer zarten Weise unzart mit den kleinen Geheimnissen seines Berufs, wie es ein Mann tut, der gleichzeitig größere gut zu bewahren weiß. Er schloß damit, daß die Gesandtschaften jetzt die Stimmung der fremden Höfe zu ergründen hätten, weil man der Stimmung des eigenen nicht sicher sei und doch irgendwo einen festen Punkt gewinnen müsse. Denn am Ende wären rein handwerklich ja viele Möglichkeiten gegeben, von der Einberufung einer allgemeinen Friedenskonferenz, über eine Zwanzig-Herrscher-Zusammenkunft, bis hinab zur Ausstattung des Haager Palastes mit Wandgemälden österreichischer Künstler oder einer Stiftung für die Kinder und Waisen der Hausangestellten im Haag. Er knüpfte die Frage daran, wie man am preußischen Hofe über das Jubiläumsjahr denke. – Arnheim erklärte, darüber nicht unterrichtet zu sein. Der österreichische Zynismus stieß ihn ab; der er selbst so elegant zu plaudern wußte, fühlte sich in Tuzzis Nachbarschaft zugeknöpft wie ein Mann, der zu betonen wünscht, daß es kalt und ernst zu werden hat, sobald von Staatsgeschäften die Rede ist. Dergestalt stellten sich zwei gegensätzliche Vornehmheiten, Staats- und Lebensstile, nicht ganz ohne nebenbuhlerische Absicht vor Diotima dar. Aber stelle einen Windhund neben einen Mops, eine Weide neben eine Pappel, ein Weinglas auf einen Sturzacker oder ein Porträt statt in eine Kunstausstellung in ein Segelboot, kurz, bringe zwei hochgezüchtete und ausgeprägte Formen des Lebens nebeneinander, so entsteht zwischen ihnen beiden eine Leere, eine Aufhebung, eine ganz bösartige Lächerlichkeit ohne Boden. Das fühlte Diotima in ihren Augen und Ohren, ohne es zu verstehen, und gab erschreckt dem Gespräch eine Wendung, indem sie mit großer Entschiedenheit ihrem Mann erklärte, sie beabsichtige, mit der Parallelaktion in erster Linie etwas geistig Großes zu erreichen, und werde nur die Bedürfnisse wirklich moderner Menschen in deren Führung einströmen lassen!
    Arnheim empfand es dankbar, daß dem Gedanken seine Würde wieder zurückgegeben sei, denn gerade weil er sich gegen gewisse Augenblicke des Versinkens wehren mußte, wünschte er mit den Ereignissen, die sein Beisammensein mit Diotima in großer Weise rechtfertigten, so wenig zu spaßen wie ein Ertrinkender mit seinem Schwimmgürtel. Aber zu seiner eigenen Überraschung fragte er Diotima nicht ohne Zweifel in der Stimme, wen sie dann wohl in die geistige Spitzengruppe der Parallelaktion wählen wolle?
    Diotima war dies natürlich noch ganz unklar; die Tage des Beisammenseins mit Arnheim hatten ihr eine solche Fülle von Anregungen und Ideen geschenkt, daß sie nicht dazu gekommen war, bestimmte Ergebnisse auszuwählen. Wohl hatte Arnheim einigemale ihr gegenüber wiederholt, daß es nicht auf die Demokratie der Ausschüsse, sondern auf starke und umfassende Persönlichkeiten ankomme, aber dabei hatte sie einfach das Gefühl gehabt: du und ich, – wenn auch noch keineswegs den Entschluß, ja nicht einmal die Einsicht; nun war es wahrscheinlich gerade das, woran sie durch den Pessimismus, der in Arnheims Stimme lag, erinnert wurde, denn sie antwortete: »Gibt es denn heute überhaupt etwas, das man ganz wichtig und groß nennen kann, um es mit aller Kraft zu verwirklichen?!«
    »Es ist das Kennzeichen einer Zeit, welche die innere Sicherheit gesunder Zeiten verloren hat,« bemerkte Arnheim darauf »daß sich in ihr nur schwer etwas als das Wichtigste und Größte herausbildet.«
    Sektionschef Tuzzi hatte die Augen zu einem Stäubchen auf seiner Hose niedergeschlagen, so daß man sein Lächeln als Zustimmung deuten konnte.
    »In der Tat, was sollte es sein?« fuhr Arnheim prüfend fort. »Die Religion?«
    Sektionschef Tuzzi richtete nun sein Lächeln empor; Arnheim hatte das Wort zwar nicht so nachdrücklich und zweifelsfrei ausgesprochen wie seinerzeit in Nachbarschaft Sr. Erlaucht, aber immerhin mit wohlklingendem Ernst.
    Diotima verwahrte sich gegen das Lächeln ihres Gatten und warf ein: »Warum nicht? Auch die Religion!«
    »Gewiß, aber da wir einen praktischen Entschluß fassen müssen: Haben Sie je daran gedacht, einen Bischof in den Ausschuß zu wählen, der für die Aktion ein zeitgemäßes Ziel finden soll? Gott ist im tiefsten unmodern: Wir vermögen nicht, ihn uns in

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