Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
Vom Netzwerk:
schwenkte die Nadelpistole. Er ging rückwärts auf die Aufzüge zu.
    Keiris, die an den Tod von Gaines und Haven denken mußte, versuchte verzweifelt, eine Warnung hervorzustoßen, aber ihre Stimme war wie gelähmt. Sie brachte es fertig, die rechte Sandale zu lockern und fallen zu lassen, und die langen Zehen des rechten Fußes schlössen sich um das lange Messer in der Scheide an ihrer Hüfte, als Muir antwortete: „Ich bin gegen das Gift immun. Ich habe es selbst entwickelt. Deshalb begleite ich Sie Ihren privaten, batteriebetriebenen Lift hinunter. Ich glaube nicht, daß die anderen …“
    Er wurde von einem schrillen, erschreckten Schnattern unterbrochen. Es war der Tarsioid, der die Beine des Kanzlers herabgekrochen war und vergeblich versuchte, den Mann aufzuhalten, indem er beide Beine umklammerte.
    „Geh nicht! Geh nicht!“ rief er mit winziger, unmenschlicher Stimme.
    Keiris hörte, wie Haze-Gaunt unter keuchendem Atem etwas murmelte. Dann stieß sein Fuß vor. Das Tierchen segelte durch die Luft und flog gegen die Marmorwand. Es blieb bewegungslos auf der Stelle liegen, wo es niedergefallen war. Der Körper war seltsam nach hinten gekrümmt.
    Muir lief rasch auf sie zu, als Haze-Gaunt ausrief: „Ist Ihre Frau immun?“
    Muir hielt jählings inne, und der tückisch grinsende Haze-Gaunt setzte seinen geplanten Rückzug auf die Aufzugstür fort.
    Keiris streckte in ihrer unbequemen und schmerzhaften Lage den Hals aus und blickte ihren Mann an. Der Schmerz auf seinem Gesicht ließ ihr Herz zu Wasser zergehen. Es war das erste Mal in zehn Jahren, daß seine aus dem Feuer geborene Verkleidung in ihrer gefrorenen, schweigenden Starre versagte.
    Die Aufzugstüren gingen auf. Haze-Gaunt trug sie hinein.
    „Es ist vorbei“, stöhnte Muir. „Also ist er Alar. Und aus diesem Grund habe ich dich zehn Jahre lang leiden lassen … mein armer Liebling … arme Menschheit.“ Seine Stimme war kaum zu erkennen.
    In ihrer unbequemen Lage konnte ihm Keiris keine tödliche Wunde zufügen. Aber sie erkannte schließlich, was sie zu tun hatte.
    Die Aufzugstür schloß sich gerade, als sie sich seitwärts von Haze-Gaunts Schulter fallen ließ. Das Gewicht ihres Körpers verrenkte ihm den Arm, und sie fiel quer über den Eingang. Im Fallen rief sie: „ Er ist nicht Alar!“
    Die Knie gaben unter ihr nach, und das Messer zwischen ihren Zehen blitzte im Licht auf. Sie fiel schwer auf die nach oben weisende Klinge, die ihr ins Herz drang.
    Der weibliche Körper hatte die Gleittür blockiert. Haze-Gaunt bemühte sich verzweifelt, den Leichnam in den Aufzug zu schieben, als es eine verschwommene Bewegung auf ihn zu gab.
    Die Aufzugstür schloß sich, und Juana-Maria blieb in dem Raum allein.
    Alle drei, Kennicot Muir, Haze-Gaunt und Keiris, die Lebende und die gerade erst Gestorbene, waren in ihrem eigenen gespenstischen Schicksal verbunden und hatten sie dem ihren überlassen.
    Lange Zeit waren die zarten braunen Augen in Gedanken versunken. In ihr Nachdenken drang schließlich ein schrilles, schmerzerfülltes Piepsen.
    Der Tarsioid atmete trotz seines gebrochenen Rückgrats noch immer schwach, und seine ausdrucksstarken Augen waren ihr bittend zugewandt. Ihre flehentliche Botschaft war unverkennbar.
    Juana fuhr in die Seitentasche ihres Sessels und fand die Injektionsspritze und die Ampulle mit dem schmerzstillenden Mittel. Dann zögerte sie. Das Tierchen zu töten würde die Ampulle gefährlich leeren. In den nächsten paar Minuten würde es für sie selbst mehr als genug Schmerzen geben. Zum Teufel überhaupt mit Haze-Gaunt. Er verpfuschte seine Morde immer.
    Sie füllte rasch die Spritze, fuhr mit dem Stuhl zu dem kleinen Wesen hin, beugte sich langsam darüber und hob es auf.
    Die Injektion war rasch getan.
    Sie zog die Nadel heraus, und das sterbende Tier lag wie ein Lappen auf ihrem Schoß und schaute ihr mit rasch glasig werdenden Augen ins Gesicht. Und schließlich erkannte sie, daß es tot war und daß sie erschöpft war. Die formelle Herrscherin über anderthalb Milliarden Seelen konnte nicht einmal die eigenen Hände bewegen. Die Spritze fiel klirrend auf die Riesen. Wie einfach es jetzt war, in einen Traum hineinzugleiten, aus dem es kein Erwachen gab – niemals. Muir wurde also Alar und erreichte eine Art von Unsterblichkeit. In diesem Moment. Sie hatte den Eindruck, daß der Mann einfach einer natürlichen Entwicklung bis zu ihrem logischen Abschluß gefolgt war. Und dem unterlag auch Haze-Gaunt, der sich

Weitere Kostenlose Bücher