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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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Kurzhaarschnitt, der signalisierte, daß sie auf übertriebene Äußerlichkeiten keinen Wert legte.
    Kate hatte die Terrasse erreicht und stellte die Flasche auf den Tisch.
    »Guten Abend«, grüßte sie, und zwei der Frauen grüßten freundlich zurück.
    Malise wandte ihr den Rücken zu.
    »Ich wollte mich entschuldigen, falls ich heute morgen die Fische vertrieben habe«, sagte Kate. Mit einem Blick auf den Gartengrill fuhr sie fort: »Aber ein paar haben ja noch angebissen!«
    »Nur die doofen«, sagte Malise und nahm eine Gabel, um die Fische zu wenden.
    »Schmecken die anders als die intelligenten?« versuchte Kate einen Scherz. Die zwei anderen Frauen grinsten. Die Junge nahm die Weinflasche in die Hand und studierte das Etikett.
    »Nicht übel«, befand sie. »Ich denke, wir sollten die Entschuldigung annehmen.«
    »Für ’ne gute Flasche würdest du doch dein Kind weggeben«, sagte die Ältere.
    Die Junge lachte kurz auf. »Das würde ich schon für weniger, nur will es leider keiner!«
    Sie hob das Baby hoch und hielt es über ihren Kopf.
    »Stimmt’s, Stinkmonster?«
    Das Baby lächelte ein zahnloses Lächeln. Ein dünner Speichelfaden löste sich aus seinem Mund und zog sich in die Länge, bis er auf dem T-Shirt seiner Mutter landete, wo er einen dunklen Fleck hinterließ.
    »Setz dich schon her«, sagte die Ältere und schob Kate einen Stuhl hin.
    »Ich bin Inge«, sagte sie dann, »das hier ist Rita und das Malise. Ich bin dafür, sich zu duzen.«
    Kate lächelte zustimmend und stellte sich ebenfalls vor. Malise blieb stumm und wendete weiter die Fische.
    »Stimmt es, daß du die Frau gefunden hast?« platzte Rita heraus, und es war klar, daß sie nur auf die Gelegenheit gewartet hatte.
    Kate bejahte. Rita und Inge bestürmten sie mit Fragen, und ihr blieb keine andere Wahl, als den Vorfall bis in alle Einzelheiten zu erzählen. Während sie sprach, fühlte sie, daß ihr leichter wurde.
    »Wie schrecklich!« grauste sich Rita, als sie geendet hatte. Die Sensationslust in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    Inge sagte anteilnehmend: »Du mußt ja ganz schön fertig sein.«
    Malise schwieg, hatte aber die ganze Zeit aufmerksam zugehört. Plötzlich sagte sie: »Ich weiß, wer sie ist.«
    Die Frauen sahen sie überrascht an.
    »Sie ist aus dem Dorf, eine junge Bäuerin. Sie hatte gerade geheiratet.«
    »Der arme Mann«, sagte Inge mitfühlend.
    »Woher weißt du, daß er sie nicht umgebracht hat?« fragte Malise kühl. »Die meisten Morde sind Beziehungstaten, das heißt, Täter und Opfer kennen sich.«
    »Kann schon sein«, gab Inge zurück, »aber so kurz nach der Hochzeit lieben sich die Leute im allgemeinen noch. Später, wenn sie sich jahrelang auf die Nerven gegangen sind, wird ein Mord doch sehr viel wahrscheinlicher.«
    Rita grinste. »Ich bin mit Alex erst zwei Jahre verheiratet und hab’ jetzt schon Mordgelüste!«
    »Mir wär’s jedenfalls lieber, wenn es so eine Beziehungstat gewesen wäre. Sonst kann es jeder gewesen sein. Und dann kann es auch jeden von uns treffen«, sinnierte Kate.
    Die Frauen sahen betreten vor sich hin. Alle stellten sich vor, daß irgendein Wahnsinniger in der Gegend wäre, der vielleicht weitermorden würde.
    Aufseufzend fuhr Kate fort: »Und ich dachte, hier auf dem Land wäre man sicher.«
    »Ist man auch. Hier ist schon ewig nichts mehr passiert«, sagte Inge energisch. »Malise, wann war der letzte Mord hier im Dorf, das weißt du doch bestimmt?«
    Malise hielt jetzt das Baby auf dem Schoß und schnupperte an seinem Kopf. Ihre Nasenflügel bebten leicht. Als nähme sie Witterung auf, dachte Kate und betrachtete sie fasziniert.
    Malise schickte einen ihrer rätselhaften Blicke in die Runde. »Vor ungefähr …«, sie rechnete, »… fünfzig Jahren. Eine ganze Familie wurde damals ausgerottet. Im Schlaf.«
    »Oh, mein Gott«, schauderte Kate.
    Malise sah sie an und deutete mit dem Finger hinter sie. »Es war da drüben.«
    Kate drehte sich um. »Wo?«
    »In deinem Haus. Ich meine natürlich, in Nellis’ Haus.«
    »Ach, hör auf«, sagte Inge heftig. »Das stimmt doch nicht.«
    »Nein?« Malise lächelte wissend und wiegte das Baby.
    »Glaub ihr kein Wort«, sagte Inge zu Kate. »Sie ist bekannt für ihre Räuberpistolen!«
    »Ziemlich geschmackloser Scherz«, sagte Kate.
    »Kein Scherz«, gab Malise zurück.
    »Trotzdem mußtest du ihr die Geschichte nicht unbedingt auf die Nase binden«, wetterte Inge. »Die Frau hat heute ein furchtbares Erlebnis

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