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Der Mann zweier Welten

Der Mann zweier Welten

Titel: Der Mann zweier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond F. Jones
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flüsterte Ketan. »Hast du nie Sehnsucht gehabt, den Rand zu durchdringen? Etwas ist jenseits des Vorhangs und ruft uns, damit wir das größte Geheimnis entdecken.«
    Elta zuckte zusammen. »Das ist Lästerung. Jenseits des Randes liegt das Gottesreich. Kein Mensch wird es je sehen.«
    »Pah! Ich habe es gesehen.«
    »Du?«
    »In Visionen. Eine große Wüste. Roter und weißer Sand, der sich von Horizont zu Horizont erstreckt. Es ist heiß, und feurige Winde jagen Sandwolken durch die Lüfte. Sie brennen wie Tausende von Nadeln. Und in der Mitte der Wüste ist eine Felsnadel. Eines Tages werde ich sie erreichen. Ich weiß nicht, was ich dort finden werde, aber ich werde hinkommen.«
    Er sah Elta an, die steif stehengeblieben war. Jetzt kam sie langsam auf ihn zu.
    »Woher weißt du das? Es kann nicht wahr sein. Ketan – du darfst diesen Fels niemals finden. Sag, daß du ihn nicht suchen wirst.
    Ich gehe noch heute mit dir, wenn du willst. Ich werde deine Gefährtin, hier oder in Nachtland. Ich bleibe immer bei dir. Nur versprich mir, daß du diese schrecklichen Dinge vergißt.
    Komm zurück ins Haus der Weisheit. Daran nimmt seine Klage bestimmt zurück.«
    Ketan lächelte müde und sah an ihr vorbei. »Du würdest mich hassen, wenn ich es täte.«
    Sie zitterte.
    Vor ihnen ragten weiß die Mauern des Heiligtums von Kronweld auf. Sie waren vor dem Geburtstempel angelangt. Wie immer hörte man in seiner Umgebung sanfte Musik. Aus den großzügigen Gartenanlagen drang Blumenduft. Um den Tempel war eine purpurne Linie gezogen, die niemand durchdringen konnte. Ketan erinnerte sich, wie vor ein paar Tara ein junger Sucher die verbotene Linie überquert hatte – und in Flammen aufgegangen war. In der Linie ruhten schreckliche Atomkräfte. Sie schützten das Geheimnis des Geburtstempels.
    Ketan starrte auf das Gebäude. Direkt vor ihm, im Zentrum des Gartens, stand in vierfacher Lebensgröße eine goldene Statue. Eine Tänzerin, die eine Pirouette drehte und zum Himmel hinauflachte.
    Sie war die erste Frau.
    Vor mehr als tausend Tara hatte sie hier einen Mann gefunden, den sie pflegte und umsorgte, bis er erwachsen war. Dann hatte sie ihm befohlen, den Tempel zu bauen, in dem sie verschwunden war.
    Seitdem entstand alles Leben im Tempel. Jede Tara einmal öffneten sich die Tore des Tempels, und eine neue Gruppe Lebewesen trat in die Welt hinaus. Zur gleichen Zeit traten Frauen freiwillig in den Tempel ein, um hier zu dienen. Sie kamen nie wieder an die Öffentlichkeit.
    »Ich werde ihn eines Tages zerstören«, sagte Ketan leise. »Er ist wie eine schreckliche Krankheit in Kronweld. Wenn dieser Tempel nicht wäre, wüßten wir die Geheimnisse des Lebens schon lange. Wir wüßten von der Entstehung des Menschen. Wir könnten vielleicht das Geheimnis des Großen Randes lösen.«
    »Hoffentlich zerstört er dich nicht«, sagte Elta schaudernd. »Gehen wir. Ich habe Angst.«
    Sie drehten sich um. In diesem Augenblick hielt ein Zwei-Personen-Wagen neben ihnen. Ketan wußte Bescheid. Wachleute. Sie stiegen aus und näherten sich Ketan.
    »Du bist der angehende Sucher Ketan?«
    Der Fragende war ein dicklicher Mann mit rundem Gesicht, der das Sucherstadium nicht erreicht hatte und nun Vergnügen daran fand, hin und wieder Suchern Befehle erteilen zu dürfen.
    Ketan nickte.
    »Du sollst dich in dein Haus begeben und bei Aufgang der zweiten Sonne vor dem Rat der Ersten Gruppe erscheinen.«
    Der größere Wachmann unterbrach seinen Kollegen. »Ehrerbietung, Sucher Ketan – Lehrer Daran hat eine Klage gegen dich vorgebracht. Wir führen nur unseren Auftrag durch. Dürfen wir dich begleiten?«
    Ketan sah in das ernste Gesicht des Mannes. Er hatte schon genug Männer von seiner Sorte gesehen. Sie hatten es aus irgendeinem Grund nicht geschafft, Sucher zu werden, aber sie verehrten alle Sucher glühend.
    Doch der andere wurde ungeduldig. »Los, beeilt euch!«
    Ketan ignorierte seine Unverschämtheit und verabschiedete sich leise von Elta. Dann stieg er in den Wagen.

 
6
     
    Elta stand reglos da, bis das Auto verschwunden war. Dann drehte sie sich um und ging zurück. Der Nachtwind hatte ihr blondes Haar verwirrt, als sie Darans Haus erreichte. Der Lehrer lag immer noch im Gras am Brunnen.
    »Was wirst du mit ihm machen?« fragte sie ohne Einleitung.
    Der alte Mann sah mit einem wissenden Lächeln auf. »Meine Liebe, es gibt nur eine einzige Möglichkeit. Er muß sterben.«
    Eltas Selbstbeherrschung war am Ende. »Außer Tod fallen

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