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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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herumgelaufen und habt Euch nach dem Reliquiar erkundigt, das kürzlich dem Juden Helkias gestohlen wurde. Warum interessiert Ihr Euch für diese Angelegenheit?«
    »Ich... das heißt Prior Padre Sebastian Alvarez...« Espina wollte den Blick von den ruhigen Augen dieses merkwürdigen Mönchs abwenden, aber er wußte nicht, wohin er sonst schauen sollte. »Er bat mich, den Verlust des Reliquiars zu untersuchen... und den Tod des Jungen, der es bei sich trug.«
    »Und was habt Ihr erfahren?«
    Schon beim ersten Anblick Fray Bonestrucas hatte Espina sich an die Worte des alten Schäfers Diego Diaz erinnert. Diaz hatte berichtet, daß zwei Bewaffnete hinter dem Jungen hergeritten seien und daß einer bucklig gewesen sei, als trüge er einen Stein auf dem Rücken. Espina wußte nun mit schrecklicher Klarheit, daß nur einer der Reiter ein Soldat gewesen war. Der andere war dieser Mönch gewesen, daran bestand kein Zweifel.
    »Der Junge war ein Jude, der Sohn des Silberschmieds.«
    »Ja, das habe ich gehört.«
    Die Stimme des Mönchs klingt sanft und ermutigend, beinahe freundlich, dachte Espina und schöpfte neue Hoffnung.
    »Was sonst noch?«
    »Sonst nichts, hochwürdiger Padre.«
    »Wie lange seid Ihr schon Arzt?«
    »Elf Jahre schon.«
    »Habt Ihr hier Eure Lehrzeit verbracht?«
    »Ja, hier in Toledo.«
    »Wer war Euer Meister?«
    Espina wurde der Mund trocken. »Maestre Samuel Provo.«
    »Aha, Samuel Provo. Sogar ich habe schon von ihm gehört«, erwiderte der Mönch freundlich. »Ein großer Arzt, nicht?«
    »Ja, ein Mann von bestem Ruf.«
    »Er war Jude.«
    »Ja.«
    »Wie viele Kinder hat er beschnitten, was würdet Ihr schätzen?«
    Espina sah ihn erstaunt an. »Er hat nicht beschnitten.« »Wie viele Jungen beschneidet Ihr in zwölf Monaten?« »Auch ich beschneide nicht.«
    »Ach, kommt«, sagte der Mönch geduldig. »Wie viele solcher Operationen habt Ihr durchgeführt? Nicht nur an Juden, sondern vielleicht auch an Mauren?«
    »Noch nie... Gewiß, ein paarmal habe ich im Verlauf der Jahre operiert... Wenn die Vorhaut nicht ordentlich und regelmäßig gesäubert wird, Ihr versteht, dann entzündet sie sich. Oft bildet sich Eiter, und um das zu beheben... Sie... Sowohl die Mauren als auch die Juden haben heilige Männer, die jenes andere durchführen, und es findet im Rahmen einer religiösen Zeremonie statt.«
    »Wenn Ihr diese Operationen durchgeführt habt, habt Ihr da keine Gebete aufgesagt?«
    »Nein.«
    »Nicht einmal ein Vaterunser?«
    »Ich bete jeden Tag, daß ich meinen Patienten nicht schade, sondern nur nutze, hochwürdiger Padre.«
    »Seid Ihr verheiratet, Señor?«
    »Ja.«
    »Der Name Eurer Frau?«
    »Estrella de Aranda.«
    »Kinder?«
    »Drei. Zwei Töchter und ein Sohn.«
    »Eure Frau und Eure Kinder sind Katholiken?«
    »Ja.«
    »Ihr seid Jude? Ist es nicht so?«
    »Nein. Ich bin seit elf Jahren Christ. Und Jesus treu ergeben!«
    Das Gesicht des Mannes war wunderschön. Das machte die Augen, die starr in die von Espina blickten, um so furchterregender. Es waren zynische Augen, die jeden menschlichen Fehltritt in Espinas Leben, jede seiner Sünden zu kennen schienen. Der Blick stach ihm bis tief in die Seele. Dann klatschte der Mönch so unvermittelt in die Hände, daß Bernardo erschrak, und die Wache, die vor der Tür gewartet hatte, erschien.
    Bonestruca machte nur eine kleine Bewegung mit der Hand: wegbringen.
    Als Bernardo sich zum Gehen wandte, sah er, daß die Füße in den Sandalen unter dem Tisch lange schlanke Zehen hatten.
    Die Wache führte ihn wieder die Korridore entlang und die steile Treppe hinunter.
    Süßer Jesus, du weißt, ich habe mich bemüht. Du weißt... Espina war sich bewußt, daß es in den Tiefen des Gebäudes Zellen gab und Kammern, in denen Gefangene verhört wurden.
    Auch war bekannt, daß sie eine Vorrichtung namens potro hatten, ein dreieckiges Gestell, auf das der Gefangene gebunden wurde.
    Mit jeder Umdrehung einer Winde wurden mehr Gelenke im Körper ausgerenkt. Und etwas, das man toca nannte, für eine Wasserfolter. Dazu wurde der Kopf des Gefangenen durch ein Loch in einem Trog gesteckt, und man stopfte ihm ein Leinenstück tief in den Mund. Dann wurde Wasser auf das Tuch gegossen, was den Weg der Luft durch Nase und Mund versperrte, und die darauf folgende Atemnot brachte entweder den Tod oder ein Geständnis.
    Jesus, ich bitte dich... ich flehe dich an...
    Vielleicht würde er erhört. Als sie den Ausgang erreichten, winkte die Wache ihn weiter, und

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