Der Medicus von Saragossa
getroffen. In einem Lagerraum stand ein großer Sarg aus Kalkstein, ein mächtiger Sarkophag mit einer eingemeißelten lateinischen Inschrift: CVM MATRE MATRIS SALVVS. Der steinerne Deckel war schwer genug, um Würmer oder Drachen abzuhalten. Aber Jona fand weder die Rose noch ihm vertraute Gegenstände, bis er eine Rüstkammer betrat und beinahe erschrak über einen prächtigen, zur Schlacht gewappneten Ritter.
Es war die Rüstung, die er mit Angel und Paco und Luis geliefert hatte, und mit einem gewissen Staunen strich er über die Ziselierungen, die er unter der Anleitung von Manuel Fierro, dem Waffenschmied von Gibraltar, in den Stahl gehämmert hatte.
Padre Sebbo kam jeden Tag ins Krankenzimmer und machte sich nicht gleich wieder davon, was Jona freute, denn er hatte den alten Priester liebgewonnen. Ihm fiel auf, daß die Hände des alten Mannes so schwielig waren wie die eines peón.
»Padre Sebbo, erzählt mir von Euch.«
»Da gibt es nichts, was der Rede wert wäre, Señor.«
»Das glaube ich durchaus nicht, Padre. Erzählt mir, warum Ihr Euch zum Beispiel nicht kleidet wie andere Priester.«
»Einst trug ich zu meiner maßgeschneiderten schwarzen Tracht die unpassenden Hüllen der Eitelkeit und des Ehrgeizes. Aber ich versagte in meinen Pflichten und erzürnte meine Oberen, und zur Strafe sandten sie mich aus als Bettelmönch, um das Wort Gottes zu predigen und mein täglich Brot zu erflehen.
Ich meinte, verdammt zu sein, und mit Grausen ging ich davon, um mich in meine Strafe zu fügen. Ich wußte nicht, wohin ich mich wenden sollte, und so ging ich, wohin meine Füße mich trugen.
Anfangs war ich zu stolz und zu überheblich, um zu betteln. Ich aß Beeren aus dem Wald. Und obwohl ich ein Mann Gottes war, stahl ich aus Gärten. Aber Menschen können auch freundlich sein, und die Ärmsten teilten mit mir ihre magere Kost und hielten mich so am Leben.
Mit der Zeit verrottete mein schwarzes Gewand und fiel von mir ab, und ich ging zerlumpt und ungeschoren. Ich lebte und arbeitete mit den Armen, die für mich beteten und ihr Brot und Wasser mit mir teilten, und ich übernahm ihre Kleider, manchmal von Männern, die gestorben waren. Nun verstand ich erst den heiligen Franziskus, obwohl ich nicht nackt in die Welt ging wie er, auch wurde ich nicht blind, und auf meinem Körper zeigten sich keine Stigmata. Ich bin nur ein einfacher, gefallener Mann, aber das Schicksal meinte es gnädig mit mir, und seit vielen Jahren bin ich nun schon Gottes Vagabund.«
»Aber wenn Ihr mit den Armen arbeitet, warum seid Ihr dann hier, auf einer Burg?«
»Von Zeit zu Zeit zieht es mich hierher. Ich bleibe lange genug, um den Dienern und den Soldaten der Wache die Beichte abzunehmen und ihnen die Kommunion zu spenden, und dann ziehe ich weiter. Diesmal hat Padre Guzmán mich gebeten zu bleiben, bis der Graf gestorben ist.«
»Padre Sebbo, ich habe Euren Taufnamen noch nicht gehört«, sagte Jona, und der Priester lächelte.
»Sebbo ist nicht mein Familienname. Es ist ein Kosename, den die Leute mir gegeben haben, eine Abkürzung meines Taufnamens, der Sebastian lautet. Ich bin Sebastian Alvarez.«
Jona wollte keine vorschnellen Schlüsse ziehen; schließlich gab es Männer, die denselben Namen hatten. Er betrachtete das Gesicht und versuchte, in die Vergangenheit zu sehen. »Padre, was war Euer kirchliches Amt, bevor Ihr ein Wanderpriester wurdet?«
»Ich denke nur selten daran, denn es kommt mir vor, als wäre ich damals ein anderer Mann in einem anderen Leben gewesen. Ich war Prior der Abtei zur Himmelfahrt Mariä in Toledo«, sagte der alte Mann.
Als Jona an diesem Abend am Bett des Grafen saß, dachte er zurück an die Zeit, bevor sein Bruder Meir ermordet wurde, an die Tage, als sein Vater die ersten Entwurfszeichnungen für das von der Abtei zur Himmelfahrt Mariä bestellte Ziborium machte. Jona hatte den Prior nur zweimal gesehen, als er seinen Vater zu Treffen mit Padre Alvarez in die Abtei begleitet hatte. Er erinnerte sich an einen selbstherrlichen, ungeduldigen Geistlichen und staunte jetzt über die Verwandlung, die stattgefunden hatte. Er war sicher, daß es Padre Sebbo immer wieder zu der Burg zog, weil er, wie Jona, wußte, daß Fernán Vasca hinter dem Diebstahl des Ziboriums und der Reliquie der Santa Ana gesteckt hatte.
Er redete weiter mit dem Grafen in der Hoffnung, ihn so vielleicht ins Bewußtsein zurückzuholen. Doch er wurde es müde, seine eigene Stimme zu hören, die zu einem allem Anschein
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