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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.j. Rose
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ergötzen und ihren Kameraden anzufeuern.
    Außerdem: Was sollte mit Drago geschehen, falls er von seiner Seite wich?
    Allein, die Frage erübrigte sich, denn Julius fühlte, wie Dragos Herzschlag aussetzte.
    Sein Bruder starb ihm unter den Händen weg!
    Mit den Fäusten hämmerte Julius auf die Brust des Toten ein, immer und immer wieder, verzweifelt bemüht, das Herz des Bruders wieder zum Schlagen zu bringen. Über den Liegenden gebeugt, zwang er ihm die eigene Atemluft in die Lungen, hoffend auf ein Lebenszeichen.
    Schließlich, die Lippen noch auf denen des Bruders, die Arme um seinen Hals, ließ er den Tränen freien Lauf, wohl wissend, dass er kostbare Zeit vertat, und dennoch haltlos weinend. Nun brauchte er nicht mehr zu wählen – er konnte zu der Frau eilen, die am Stadttor seiner harrte.
    Er musste zu ihr.
    Bestrebt, keine Aufmerksamkeit zu erregen, löste er sich von der Leiche des Bruders, schob sich zurück bis zur Tempelwand und begann zu kriechen. Vor sich zwischen den Säulen erspähte er eine Lücke in der Mauer; falls er unentdeckt dorthin gelangte, konnte er möglicherweise entkommen.
    Da hörte er plötzlich den Schrei eines Soldaten. “He! Halt!”
    Doch Julius kroch unbeirrt weiter. Er würde bis zum letzten Atemzug alles tun, um sie zu retten.
    Draußen war die Luft erfüllt von schwarzem Qualm, der ihm brennend in die Lungen drang und beizend in die Augen stach. Was hatte das Lumpenpack wohl diesmal gebrandschatzt? Keine Zeit, es herauszufinden. Nahezu blind rannte er durch den Rauch die beängstigend stille Gasse hinunter. Nach dem Getöse der Schreckensszene im Tempel, die er soeben hinter sich gelassen hatte, erschrak er fast vor dem Geräusch der eigenen Schritte, das ihn mit Sicherheit verriet, falls jemand auf der Lauer lag. Aber das Wagnis musste er eingehen.
    Voller Sorge malte er sich schon aus, wie sie in der Krypta fieberhaft auf ihn wartete, im fahlen Licht zusammengekauert, unruhig ob seiner Verspätung und sich mit der Frage quälend, ob womöglich etwas schiefgegangen und er in Gefahr war. Ihre Tapferkeit war stets so standhaft wie die Sterne gewesen; selbst jetzt fiel Julius die Vorstellung schwer, sie könne sich fürchten. Diesmal jedoch handelte es sich um eine völlig neue Lage, ganz anders als all das, dem sie bisher gegenübergestanden hatte. Und alles war einzig seine Schuld, seine Schmach. Sie hatten zu viel füreinander gewagt. Er hätte stärker sein, sich widersetzen müssen.
    Nur seinetwegen stand jetzt all das auf dem Spiel, was ihnen lieb und teuer war. Besonders das Leben.
    Das holprige, tief ausgefahrene Pflaster brachte ihn aus dem Tritt, sodass er ins Stolpern geriet. Die Muskeln in Waden und Oberschenkeln schrien vor Schmerzen; mit jedem Atemzug brannten die Lungen so heiß, dass er am liebsten laut aufgebrüllt hätte. Im Mund den Geschmack von Straßendreck und Schotter, vermischt mit salzigem Schweiß, welcher ihm feucht übers Gesicht auf die Lippen tropfte, hätte er alles gegeben für einen Schluck Wasser – kalt und süß direkt aus der Quelle, nicht diese ätzend scharfe Pisse. Mit stampfenden Schritten setzte er sich erneut in Bewegung, wobei ihm wieder ein stechender Schmerz durch die Beine fuhr. Trotzdem rannte er weiter.
    Plötzlich hallte die Luft wider von heiserem Gebrüll und dumpfem Gepolter, die den Boden erzittern ließen. Die Meute der Verfolger, sie holte auf. Julius blickte nach links, nach rechts. War denn nirgends eine Nische zu sehen, in die er sich drücken konnte? Dann hätte er dafür beten können, dass sie an ihm vorbeirennen, ohne ihn zu entdecken. Als ob das helfen würde! Vom Beten verstand er etwas. Er hatte daran geglaubt, sich auf seine Gebete verlassen. Doch genützt hatten sie ihm nichts.
    “Er entkommt uns!”
    “Dieser Abschaum!”
    “Die feige Sau!”
    “Hast dich wohl schon beschissen vor Angst, du Schwein!”
    Derbes Gelächter folgte; ein jeder versuchte, den anderen an Schimpfworten und Beleidigungen zu überbieten. Hohl hallte ihr Prusten und Glucksen durch die Nacht, vom heißen Wind getragen, bis plötzlich, mitten durch ihren Hohn und Spott, eine andere Stimme an sein Ohr drang.
    “Josh?”
    Nein, hör nicht auf sie! Lauf weiter! Alles hängt davon ab, dass du rechtzeitig zu ihr gelangst!
    Dichte Nebelschwaden wälzten sich nun heran. Er geriet ins Taumeln, richtete sich aber auf und bog um die Ecke.
    Zu beiden Seiten sah er gleichartige Kolonnaden mit Dutzenden von Türen und abgesetzten,

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