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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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1
    Bill Warrington zog den Schlüssel aus dem Zündschloss, ließ die Arme in den Schoß sinken und lauschte auf das letzte Sirren
     und Schnaufen des Motors und das Knistern des Vinylbezugs. Ein paar Augenblicke blieb er noch sitzen und starrte gedankenverloren
     das Regal mit den Gartengeräten an, das vor ihm an der Wand hing. Disziplin, befahl er sich, reiß dich ein bisschen am Riemen.
     Er lehnte sich zurück und schloss die Augen.
    Es war eine gute Entscheidung gewesen, fiel ihm ein, dass er die Garage direkt ans Haus angebaut hatte. Zuerst hatte er eine
     freistehende gewollt so wie die, in der er früher als Junge gespielt hatte. Damals hatte er sich in das DeSoto-Coupé seines
     Vaters geschlichen und so getan, als würde er aus der muffigen Garage hinaus auf die breiten Straßen fahren und, während er
     den aufgeschreckten Nachbarn zuwinkte, Woodlake und womöglich sogar ganz Ohio hinter sich lassen.
    Aber der Mann für den Außenputz hatte Bill erklärt, da mache er einen Fehler. Seine Zukünftige würde nur lamentieren, dass
     sie die Einkäufe aus der freistehenden Garage rüber ins Haus schleppen musste, besonders bei schlechtem Wetter. »Das ist doch
     das Einzige, was sie noch machen, sobald sie unter der Haube sind«, hatte er gesagt. »Lamentieren.«
    Was Clare betraf, hatte der Bursche sich geirrt. Und Bill selbst hatte sich bei seinen Söhnen geirrt. Mike hatte sich als
     Junge nie besonders für Autos interessiert. Und Nick war sogar felsenfestüberzeugt gewesen, dass die Garage nicht nur das Auto, sondern auch Monster beherbergte, die kleine Jungen fraßen.
    Bill machte die Augen auf. Zeitverschwendung, einfach nur so hier herumzusitzen.
    Er kletterte aus dem Wagen, betrat die Küche und marschierte sofort zu der Theke, auf der er sein Adressbuch liegen hatte.
     Es war immer noch dasselbe handliche Büchlein mit dem Vinyleinband und seinem am unteren Rand in Goldlettern eingeprägten
     Namen, das ihm vor rund dreißig Jahren ein Lieferant zu Weihnachten geschenkt hatte. Bill suchte herum und überlegte, ob er
     es vielleicht irgendwo anders liegengelassen hatte.
    Er durchwühlte die aufgezogene Schublade. Nur die Ruhe, befahl er sich. So was passiert am laufenden Band, egal wie alt man
     ist oder was dieser Klugscheißer von Arzt sagt.
    Ruckartig riss er die Schublade heraus, leerte sie auf der Theke aus und durchstöberte den Inhalt: ein schmales, schon mehrere
     Jahre altes Telefonbuch von Woodlake, eine schwarze Schirmhülle, eine Sportuhr mit kaputtem Armband und der Isoflex-Ball,
     den Clare früher immer benutzt hatte, um sich von den Schmerzen abzulenken; dann der Kreuzschlitzschraubenzieher, nach dem
     er letzte Woche eine Stunde lang in der Garage gesucht hatte, ein gelber Notizzettelblock, der an der Innenseite eines Tupperware-Deckels
     klebte, und ein Schlüsselanhänger mit »Grüßen vom Grand Canyon«.
    Bloß kein Adressbuch.
    Bill griff nach dem Ball, wandte sich um und lehnte sich an die Theke. Wenn er sich erinnern konnte, wann er es zum letzten
     Mal benutzt hatte, würde ihm alles sofort wieder einfallen, das wusste er. Sachte knautschte er den Ball zusammen, dann rollte
     er ihn in der Hand und sah zu, wie sich die Dellen wieder glätteten.
    Das musste er wohl ein paar Mal gemacht haben, ohne es überhaupt zu merken, denn erst allmählich drang ihm das Läuten ins
     Bewusstsein. Er brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass es die Türglocke war.
    Wer zum Teufel …?
    Bill schätzte den Jungen auf zwölf oder dreizehn. Er trug ein schwarzes T-Shirt und Jeans, durch die Gürtelschlaufen lief
     eine Art Kette, deren Enden in den Hosentaschen verschwanden. Bill kniff die Augen zusammen. Hatte der Kleine sich etwa geschminkt?
    »Mr. Warrington?«
    Der Junge machte ganz den Eindruck, als würde er sich lieber jetzt als gleich verdünnisieren, besaß aber offenbar trotzdem
     den Mumm, dazubleiben und sein Sprüchlein aufzusagen.
    »Kenne ich dich?«, fragte Bill.
    Der Junge nickte. »Blaine Rogers?«, antwortete er im Frageton. »Die Straße runter? Mein Vater hat mir gesagt, ich soll Sie
     fragen, ob Ihnen jemand mit dem Laub helfen soll?«
    Bill blickte über die Schulter des Jungen hinweg. Irgendwie waren die Bäume kahl geworden, ohne dass er es gemerkt hatte.
     Auf dem Rasen im Vorgarten lag eine dahinwelkende Decke in roten, orangefarbenen und gelben Tönen.
    »Wir haben einen Laubbläser«, erklärte Blaine und nestelte dabei an der um seine bleistiftdünne Hüfte

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