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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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Kindern unter zwölf Jahren erfasst und ausgewertet.
    Josh machte noch eine Aufnahme von der südlichen Ecke des Grabes. Das glatte, kalte Metallgehäuse der Kamera fühlte sich gut an; das Klicken des Auslösers wirkte beruhigend. Seit Neuestem verzichtete er auf seine Digitalausrüstung und benutzte stattdessen wieder die alte Leica seines Vaters. Sie war seine Verbindung zu wirklichen Erinnerungen, zu gesundem Menschenverstand, zu Logik. Wie eine Kamera funktioniert, wusste er: Das Objektiv bündelt Licht und projiziert es auf eine Bildebene. Das Entwickeln des Films war elementare Chemie. Bekannte Elemente reagierten mit einem Papier, das seinerseits wiederum mit anderen bekannten Elementen behandelt war. Das Negativ eines Objektes wurde zu einem neuen Objekt – diesmal zu einem wirklichen: einer Fotografie. Ein Rätsel – es sei denn, man durchschaute den wissenschaftlichen Vorgang. Wissen. Das war alles, was er wollte. Mehr zu wissen, so viel wie möglich zu erfahren über die beiden Männer, die er seit dem Bombenanschlag “channelte”. Verdammt, wie er diesen Ausdruck hasste und seine Verknüpfung mit New-Age-Spinnern und Schamanen verabscheute! Joshs schwarz-weiße Sicht auf die Welt, sein Bedürfnis, die brutale Realität dieser terrorgeplagten Zeit auf Film zu bannen, deckte sich nicht mit jemandem, der als spiritistische Röhre zum Jetzt diente.
    “Ist Ihnen nicht gut?”, fragte der Professor. “Sie sehen aus wie ein Gespenst.”
    Das war Josh nicht neu. Bei jedem Blick in den Spiegel hatte er sie gesehen, die Geister, die in den Schatten seiner Miene lauerten.
    “Ich bin nur überwältigt. Hier ist man der Vergangenheit so nah. Unglaublich.” Es kam ihm leicht über die Lippen, weil es die Wahrheit war, doch gab es noch mehr Erstaunliches. Als Josh Ryder hatte er nie zuvor in dieser fünf Meter unter der Erdoberfläche liegenden Krypta gestanden. Woher wusste er dann, dass sich hinter ihm in der Kammer, in einer dunklen Ecke, die der Professor bisher weder gezeigt noch angestrahlt hatte, Krüge, Lampen und eine mit echtem Gold bemalte Totenbahre befanden?
    Angestrengt spähte er in die Dunkelheit.
    “Ja, so sind sie, die Americani.” Rudolfo grinste.
    “Wie meinen Sie das?”
    “Ungezog… no, wie sagt man … ungeduldig!” Er lächelte noch einmal. “Also – was suchen Sie denn nun?”
    “Dort hinten ist noch mehr, oder?”
    “Ja.”
    “Eine Totenbahre?”, fragte Josh, als wolle er seine Anwandlungen auf die Probe stellen: Erinnerung oder geraten? Geraten hätte nahegelegen; man befand sich schließlich in einer Grabkammer.
    Rudolfo richtete den Strahl der Karbidlaterne auf den hintersten Winkel. Wie betäubt starrte Josh auf einen hölzernen Diwan, eine mit Blattgold bemalte Bahre, verziert mit geschnitzten Pfauen, mit Malachit und Lapislazuli gespickt.
    Irgendetwas stimmte nicht: Er hatte den Leichnam einer Frau auf dieser Bahre erwartet. Eine in ein weißes Gewand gehüllte weibliche Leiche, deren Anblick er regelrecht herbeisehnte, obwohl ihm gleichzeitig davor graute.
    “Wo ist sie?” Der elegische, flehende Unterton in seiner Stimme berührte ihn selbst peinlich. Er war erleichtert, dass der Professor seine Frage beantwortete, als hätte er schon damit gerechnet.
    “Dort drüben. Schwer zu erkennen bei diesem Licht.” Mit bedächtiger, weit ausholender Bewegung ließ der Professor den Strahl durch die Kammer schwenken, bis der Lichtkegel auf der Nische im hinteren Winkel der Westseite verharrte.
    Sie kauerte auf dem Boden.
    Schleppend wie eine Beerdigungsprozession bewegte sich Josh auf sie zu. Überwältigt von einer Trauer, die ihm den Atem verschlug, kniete er neben ihr nieder. Er starrte auf das, was von ihr geblieben war. Wie konnte das sein, dass eine Erinnerung an ein Vorleben – falls es das war –, dass etwas, an das er nicht glaubte und von dem er nichts verstand, ihn trauriger stimmte, als er es jemals zuvor in seinem Leben gewesen war?
    Dort, um 6:45 Uhr in der Frühe, weit draußen vor den Toren Roms, in einer gerade freigelegten und auf das vierte Jahrhundert nach Christus datierten Krypta, befand sich der Beweis dafür, wie seine Geschichte ausgegangen war. Könnte er sie nun nur von Anfang an erfahren!

3. KAPITEL
    “I ch nenne sie Bella. Weil sie für uns so ein wunderschöner Fund ist”, sagte Rudolfo, den Strahl der Karbidlampe auf das uralte Skelett gerichtet. Dem Professor entging keineswegs, wie tief bewegt Josh war. “Seit Gabby und ich sie

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