Der menschliche Körper
es schön weit nach unten, damit man es nicht sieht. Dann stopft er sie voll mit Präservativen in allen Größen und Formen, die er in der Jacke und in den Goretex-Stiefeln versteckt hatte, so viele, dass sie seinem ganzen Zug für einen Monat ununterbrochener Bumserei reichen würden.
Zurück im Bett, überlegt er es sich anders. Er steht noch einmal auf, fasst mit den Händen in den Abfall und tastet nach den Kaugummis: Man weiß ja nie, sie konnten nützlich werden, falls er dem bereitwilligen Mund einer Amerikanerin nahe kam, ohne sich die Zähne geputzt zu haben.
Jennifer, ooooh Jennifer!
Zu diesem Zeitpunkt kehrten Cederna und seine Freundin in die Wohnung zurück, die sie seit fast einem Jahr gemeinsam bewohnten. Das Gewitter hatte sie auf der Straße überrascht, aber sie waren so ausgelassen, dass sie nicht nach einem Unterstand suchten. Sie torkelten weiter im Regen herum, blieben ab und zu stehen, um lange, tiefe Zungenküsse zu tauschen.
Der Abend nahm eine sehr gute Wendung, angefangen hatte er allerdings nicht so gut. Seit einiger Zeit hatte Agnese ein völlig neues Faible für Ethno-Restaurants, und ausgerechnet an diesem Abend, da Cederna Lust hatte, es sich gutgehen zu lassen und basta, seine Abreise einfach mit einem anständigen Abendessen zu feiern, hatte sie sich ein japanisches Restaurant in den Kopf gesetzt, wo ihre Kommilitoninnen gewesen waren. «Das ist was ganz Besonderes», sagte sie.
Cederna hatte aber keine Lust auf was Besonderes. «Ich mag dieses asiatische Zeug nicht.»
«Wenn du es doch nie probiert hast.»
«Ich hab’s wohl probiert. Ein Mal.»
«Das stimmt nicht. Du führst dich auf wie ein Kind.»
«He, pass auf, was du sagst.»
Als er merkte, dass es ernsthaft Streit geben könnte, lenkte er ein und sagte, ist gut, gehen wir in diese verdammte Sushi-Bar, der Abend war jetzt ohnehin schon halb verpatzt.
Bloß dass er im Restaurant dann nichts aß und sich die Zeit damit vertrieb, die Kellnerin aufzuziehen, die sich unentwegt verbeugte und zu offenen Sandalen Frottésocken trug. Agnese versuchte, ihm zu erklären, wie man die Stäbchen halten musste, und es war klar, dass ihr diese Rolle der Schulmeisterin sehr behagte. Er machte einen einzigen Versuch, dann steckte er sich die Stäbchen in die Nasenlöcher und begann zu reden wie ein Schwachsinniger.
«Kannst du es nicht wenigstens
versuchen
?», platzte sie heraus.
«Was versuchen?»
«Ein vernünftiger Mensch zu sein.»
Cederna beugte sich zu ihr vor: «Ich bin vollkommen vernünftig. Die hier sind am falschen Ort. Schau doch mal raus. Kommt dir das vor wie Japan?»
Den Rest des Abendessens über wechselten sie kein Wort mehr – ein Abendessen, während dessen er sich darauf versteifte, nichts anzurühren, nicht einmal das in Teig gebackene Gemüse, das gar nicht so schlecht aussah, während Agnese sich Mühe gab, alles aufzuessen, um ihm zu beweisen, wie viel mutiger und emanzipierter sie war. Aber der schlimmste Augenblick kam später mit der gesalzenen Rechnung. «Jetzt mach ich hier Rabatz», sagte Cederna und rollte mit den Augen.
«Ich bezahle. Wenn du nur aufhörst, solche Szenen zu machen.»
Cederna deckelte sie: «Ich lass mir von meiner Frau kein Abendessen bezahlen.» Er drückte der Kellnerin die Kreditkarte vor die Brust, die sich zum x-ten Mal verbeugte, um sie entgegenzunehmen.
«Was für ein Scheißladen!», sagte er, als die draußen waren. «Du hast mir den letzten Abend in Freiheit versaut, ich danke dir vielmals.»
Da fing Agnese, die Hand gegen die Augen gedrückt, leise an zu weinen. Sie so zu sehen beschämte Cederna. Er versuchte, sie zu umarmen, sie stieß ihn zurück.
«Du bist ein Vieh, lass dir das gesagt sein.»
«Ach komm, Süße. Sei nicht so.»
«Fass mich nicht an!», schrie sie hysterisch.
Sie hielt aber nicht lang durch. Schließlich knabberte er an ihrem Ohr und flüsterte: «Wie zum Teufel hieß dieses Zeug noch, Yadori? Yudori?», und zuletzt lachte sie ein wenig und gestand: «Es war wirklich scheußlich. Entschuldige, Schatz. Entschuldige tausend Mal.»
«Yuuudori! Yuuuuuuudori!»
Sie fingen an zu lachen und hörten auch im strömenden Regen nicht damit auf.
Jetzt sitzen sie beide in dem kleinen Flur am Boden, klitschnass, und können immer noch nicht aufhören zu kichern, wenn auch schon kraftloser. In Cederna macht sich das befremdliche Gefühl von Leere und Traurigkeit breit, das einen nach langem Gelächter überkommt. Und der Kummer, sie lange Zeit
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