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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Eindruck machst du ja nicht gerade.“
    Wenn der Metzger etwas hasst, dann Überraschungsbesuche. Der gute Pospischill kommt allerdings immer nur überraschend, das dürfte einem Polizeibediensteten in die Wiege gelegt sein. Wahrscheinlich zählen sie zu jenen Kindern, deren Mütter wegen Bauchschmerzen ins Spital fahren und mit einem Säugling nachhause kommen. Überraschungsbesuche allerdings wird der Metzger in nächster Zeit noch einige bekommen, daran sollte er sich gewöhnen.
    „Grippe, Erkältung, Polizeiallergie, was weiß ich!“, antwortet der Metzger mürrisch.
    „Pospischill, was willst du, mich pflegen?“
    „Nein, keine Sorge, das würde dir kein Vergnügen bereiten, bin eine schlechte Krankenschwester. Aber neugierig bin ich, bist ja quasi ein Kronzeuge. Erzähl geschwind, war sicher ganz schön makaber diese Geschichte im Stadion!“
    Genervt antwortet der Metzger: „Nur dass die Menschen und ihr Verhalten auf dem Fußballplatz weitaus makaberer waren als der Tod des armen Tormanns. Der war höchstens traurig, sehr traurig eigentlich!“
    Der Pospischill gönnt dieser Traurigkeit eine kleine Gedenkminute, bevor er meint:
    „Kann ich mir schon denken, aber erschüttert hat der Owuso seinen Verein sicher schon vor seinem Abgang, das kannst du mir glauben!“
    Und dann legt der Pospischill los, als wäre er gar nicht wegen der eigenen Neugier, sondern einem ausgeprägten Mitteilungsbedürfnis hier:
    „Der war nämlich alles andere als kleinlaut, bereits nach wenigen Wochen hier bei uns hat die ganze Presse vom Owuso persönlich erfahren, welcher Spitzname ihm von den Rängen zu Gehör gebracht wurde. Genauso wie die Tatsache, dass sich diese Bezeichnung bis in die Mannschaft hineingearbeitet hat wie ein ansteckender Virus! Selbst ein Karel Blazek, neuer tschechischer Stürmerstar bei Kicker Saurias, hat, wenn auch mit Akzent, laut Pressebericht, in der Umkleidekabine klar und deutlich ein ,Bimbo-Goali‘ zusammengebracht, noch bevor er den eigenen Vereinsnamen fehlerlos aussprechen konnte. Blöd, wenn dann der Beschimpfte die deutsche Sprache besser beherrscht als die meisten seiner Vereinskollegen. Und die Presse ist ja bekanntlich ganz heiß auf aufsehenerregende Abnormitäten, auf dümmliche Hotelerbinnen, auf ausgefressene, Zigarren rauchende, kriminelle Vereinspräsidenten oder auf gebildete Fußballer. Das allein hat ja schon Seltenheitswert. Weil blöd war der Owuso nicht. Schlau aber auch nicht! Gescheitsein geht ja nicht unbedingt mit Schlauheit Hand in Hand. Dem Owuso ist die eigene Eitelkeit nämlich ganz schön hartnäckig im Weg gestanden, in etwa so wie der menschlichen Regungslosigkeit das Gaumenzapferl. Ab und zu reckt’s uns ja doch noch, wenn ein Unrecht passiert. Für den Owuso wär’s nur sicher besser gewesen, wenn er in Anbetracht seiner Berufswahl und dem Ortswechsel nach Mitteleuropa so ein ,Bimbo-Goali‘ einfach runtergeschluckt hätte, sozusagen als Wunderpille, als Aufputschmittel im sportlichen Sinn. Pech, dass seine Hauptaufgabe Auswechselspieler war, schlimmer noch, Auswechseltormann, da kommt man im Grunde nie zum Zug. Dafür war er sicher der mit Abstand teuerste und beste Ersatzgoali der Liga. Das ist so eine Eigenheit in diesem Verein. Allein die Besetzung der Ersatzbank verschlingt das Gesamtbudget eines gewöhnlichen Klubs.
    Kannst du dir vorstellen, was da nach der intellektuellen Owuso-Offensive in der Mannschaft und im eigenen Fanblock los war? Was Fans am wenigsten brauchen, sind Negativschlagzeilen ihres Vereins, und dreimal darfst du raten, wer für diese Schlagzeilen verantwortlich gemacht wurde!“
    Der Metzger ist fassungslos, aber nicht wegen dieser Geschichte.
    „Du willst mir jetzt aber nicht weismachen, dass ein beschimpfter dunkelhäutiger Spieler gefälligst durch sportliche Leistungen überzeugen soll und ihm das Recht aberkannt wird, sich gegen Diskriminierung zu wehren, nur weil er die Sportart Fußball gewählt hat? Was ich vorgestern auf dem Platz zu hören bekommen hab, bekommt keinen Freibrief, egal, um welche Gelegenheit, welche Sportart oder welches Land es sich handelt!“
    Jetzt schwitzt der Metzger auch ohne sich zu bewegen.
    „Schlau sein heißt offenbar für dich, zu kuschen. Ich will gar nicht darüber nachdenken, bei der Breitenwirkung, die Fußball hat, dass die Bimbo-Schreier im Stadion, und das waren ganz schön viele, alle wählen gehen dürfen. Kein Wunder, dass es so ausschaut bei uns!“
    „Jetzt beruhig dich,

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