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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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offenbar darauf wartet, sie treffen zu können.
    Die Wahrnehmung ist immer ein Frage des Blickwinkels, denn über die tatsächliche Ahnungslosigkeit des Willibald, der ja gar nicht weiß, dass er sich hier überhaupt in einer Löwenhöhle befindet und warum, zu wem er hier eigentlich soll oder was er laut Danjela hier herausfinden könnte, von dieser Ahnungslosigkeit hat sie keinen Schimmer.
    Sie hat überhaupt keinen Schimmer, und es ist ihr ein Rätsel, wie sie dieser unsäglich hartnäckige Restaurator nur finden konnte.
    Er wäre ein Freund von Kwabena! Das hätte ihr der Owuso doch erzählt, in seiner blind ergebenen Liebe.
    Ist er von der Polizei, ein verdeckter Ermittler, hat sie irgendwo einen Fehler gemacht und Spuren hinterlassen? Aber selbst wenn, die könnten niemals zu ihr führen, über sie gibt es keine Akte. Ist sie ihrem Auftraggeber im Weg und dieser Metzger der Mann, der nun sie umzubringen hat? Zuzutrauen wär es diesem zurückgezogenen Handwerker. Die unauffälligsten Menschen entpuppten sich in ihrem Leben bisher immer als die gefährlichsten.
    Sie gibt Jasmin Beatrice Bescheid, der Herr könne jetzt zu ihr gebracht werden, legt ihre beiden Revolver bereit, einen im Bad, einen unter der Matratze, stellt das präparierte Glas auf das Nachtkästchen, streift eines ihrer Erfolg versprechendsten schwarzen Dessous mit dem dazupassenden transparenten Kimono über und legt sich dekorativ aufs Bett.
    Je freizügiger sie den Männern entgegentritt, desto eher suchen diese beschämt Zuflucht in ihren Augen.
    Soll er nur kommen, denkt sie, soll er mir nur verwirrt und lüstern vorwiegend in die Augen schauen.
    Das werden die letzten Augen sein, die er zu sehen bekommt.

47
    Bereits beim Eintreten wird dem Metzger schwummrig. Mit beinah betäubender Wucht steigt ihm eine hochprozentige Wolke jenes aufreizenden Aromas in die Nase, von dem er die letzten zwei Wochen unbeabsichtigt schon zwei, unregistriert sogar drei, zwar deutlich dezentere Riechproben, aber unverkennbar selben Ursprungs, abbekommen hat.
    Zusammen mit dem gedämpften Licht und dem rot-purpurnen Ambiente des Rosenzimmers verbreitet das Parfüm eine Erotik, da hat der Metzger noch gar nicht die Dame auf dem Bett gesehen.
    Lange Beine in hochhackigen schwarzen Schuhen räkeln sich auf der samtenen rubinroten Überdecke der wohl zwei mal zwei Meter dimensionierten Liegestätte. In einer Reizwäsche, wie sie der Willibald noch nie zuvor gesehen hat – was keine Besonderheit darstellt, denn Reizwäsche hat der Metzger ja generell, ausgenommen an Lara und Luise vor 20 Minuten, noch nie zu Gesicht bekommen –, verbirgt ein überirdisch perfekter Körper im Grunde gar nichts. Denn dort, wo normale, handelsübliche Unterwäsche für gewöhnlich zweckdienlich verschlossen ist, ist sie hier, voraussichtlich auch zweckdienlich, nimmt der staunende Willibald an, mit dezenten, aber ausreichend Einblick gewährenden Öffnungen versehen.
    Kastanienrotes, glänzendes, glatt gekämmtes langes Haar fällt als Rahmung feiner Gesichtszüge über die transparent bedeckten Schultern. Dunkle, tiefgründige, beinah schwarze Augen fixieren auffordernd den Metzger, und aus dem leicht geöffneten, sinnlichen Mund kommt kein Ton. Nur der gestreckte Arm und der sich bewegende Zeigefinger laden den Willibald ein, näher zu kommen.
    So eine selbstsichere, sich ihrer Reize bewusste Frau ist dem Metzger noch nie begegnet, und da schlägt das Schicksal einmal mehr knallhart zu. Zum Glück für den Willibald und seine Danjela.
    Denn in Anbetracht einer solchen, zumindest in Willibalds Wahrnehmung, abgemagerten Person, die den Anschein erweckt, entweder einer Hochglanzzeitschrift oder dem Tisch eines Chirurgen entsprungen zu sein, kann der im Raum hängende Duft gar nicht verführerisch genug sein, um beim Metzger die leiseste sinnliche Regung zur erreichen.
    Was hat man von einer Frau, die ihren Körper kasteit, um sich danach kostspielig die dadurch verschwundenen bedeutenden weiblichen Fettpölsterchen wieder künstlich einpflanzen zu lassen, die beim gemeinsamen Nachtmahl nur zum Salat greift und die am Morgen nach dem Aufstehen bloß einen Hauch von Abdruck auf der Matratze hinterlässt, als wäre sie nie da gewesen?
    Der Metzger bleibt so was von gelassen, als wäre seine Hose in einem Bad aus Eiswürfeln gelegen, beschließt voll Hoffnung an den Genesungswillen seiner Danjela, diesem Parfüm beizeiten den würdigen fülligen Körper zu vergönnen, setzt sich folglich

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