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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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überhören.
    „Ja, in der Villa Orchidee geht es gesittet zu, denn jeder weiß, was hier ganz offiziell passiert und was ihn erwartet. Darum geht es nämlich bei Sittsamkeit. Um angemessenes Benehmen!“
    „Und deshalb verraten Sie mir nicht Ihren richtigen Namen!“
    „Ganz genau, weil es hier zum angemessenen Benehmen gehört, den Kunden nicht mit privaten Informationen zu belasten!“
    „Und welcher Art war dann Ihre Freundschaft zu Kwabena Owuso?“
    „Sie haben mich gerade nicht verstanden. Ich sagte: Kunden nicht mit privaten Informationen belasten!“
    „Lassen Sie mich das auflösen, Fräulein Dominique“, beginnt der angeheiterte Metzger sich nun langsam an diesem Hin und Her zu amüsieren, nicht ohne in ein verstärktes Lallen zu verfallen, „das bedeutet ja, ich bin ein Kunde, also folglich nichts Privates. Aber wenn Auskünfte über Kwabena Owuso für Sie in die Kategorie Privates fallen, war er ja folglich kein Kunde! Oder?“ Ein wohliges Grinsen kommt ihm aus, durchzogen von einer heimeligen Müdigkeit. So ein diffuses Rot hat durchaus einschläfernde Wirkung, ganz abgesehen, dass wir aus so einer Umgebung in die Welt geboren werden, geht dem Metzger ein ähnlicher Gedanke wie während seines ersten Fußballplatzbesuches durch den Kopf.
    „Sie sind hartnäckig, nicht wahr, Willibald. Sie wollen unbedingt wissen, was ich mit Kwabena hatte. Ja?“
    Behutsam kommt sie dem Metzger immer näher und nimmt seine Hand, um diese an ihren Körper zu führen.
    „Ich werde es Ihnen demonstrieren!“, hört der Metzger noch, weil mit dem Sehen tut er sich schon ein wenig schwer. Verschwommen sind die Konturen, und den Willibald durchzuckt die Ahnung, er könnte die letzten Stunden doch zu viel getrunken haben. Dann kippt er seitlich auf das Sofa, genau auf jene Regionen des sündigen schwarzen Dessous, die garantiert nicht dazu gedacht sind, auf ihnen einzuschlafen.

48
    So schnell wird er nicht mehr zu sich kommen. Diese Tropfen retten sie regelmäßig in den so schwer zu findenden Schlaf. Was allerdings passiert, wenn eine Mehrfachdosierung zusammen mit Alkohol eingenommen wird, das weiß sie nicht. Es ist ihr auch egal.
    Was soll sie aus dem Gespräch für andere Konsequenzen ziehen, als schleunigst dafür zu sorgen, dass dieser tapsbärige, neugierige Schnüffler, der nun auf ihrem Schoß eingeschlafen ist, nicht mehr aufwacht.
    Es wäre nicht die erste Leiche, die vom Personal des Hauses aus ihrem Zimmer transportiert wird.
    Sie nimmt das Kissen und legt es auf das leicht aufgedunsene Gesicht. Jetzt fehlen nur mehr ein sanfter Druck und etwas Geduld. Sie zucken nie sehr lange und nie sehr intensiv, die erstickenden Männer, ganz anders als in den Filmen, in denen es bei so einer Aktion nicht an der notwendigen, um Erschrecken und Grauen bemühten Theatralik fehlt.
    In Wahrheit aber gleicht der Tod unter Daunen, wenn man ihn liebevoll inszeniert, einem schleichenden Davonschlummern. Zusehends verliert die immer wieder inhalierte Atemluft den lebensnotwendigen Sauerstoffgehalt, und der Stickstoff übernimmt den Rest, ganz in Erfüllung seiner namenstechnischen Pflicht. Daran ersticken sie, die Polsterkandidaten.
    Beinah zärtlich beginnt sie sich aufzustützen und beschließt, dieses Vergnügen mit einem Anruf zu untermalen. Es gibt keinen besseren Moment als diesen, um ein wenig Licht in die Sache zu bringen.
    Kurz schildert sie ihm den Vorfall mit diesem Herrn, deutet an, dass dies nicht ihr erstes Zusammentreffen ist, erwähnt aber keinen Namen. Er soll nur wissen, dass sie Besuch hat, unerwünschten Besuch, dass da jemand Druck macht. Und wenn es nicht er ist, der den Metzger geschickt hat, dann erzeugt sie nun durch Verheimlichen des Namens auch Druck auf ihn – was sie unmittelbar auf die Idee bringt, sich etwas fester auf den Polster und somit auf das Gesicht in ihrem Schoß aufzustützen. Dann allerdings erhält sie unerwarteterweise doch einen beachtenswerten Hinweis, während der Atem des Restaurators mittlerweile hörbar schwerer geworden ist.
    Man wisse nicht, wen ihr Gast im Vorfeld über diesen Besuch und seine Absicht informiert hätte. Sie solle ihn nicht in der Villa Orchidee zur Strecke bringen, es aus reinem Selbstschutz so wie in all den anderen Fällen in dieser Angelegenheit wie einen Unfall aussehen lassen und nur alles Erdenkliche dazu beitragen, dass diese Person in ihrer Gegenwart jeden Verdacht los wird.
    Da ist was dran, egal aus welchem Impuls er ihr diesen Ratschlag auch

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