Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
medienmäßig ausschlachten werden. Dann spielst du die Hauptrolle, neben Wolfgang, natürlich.«
Ich legte auf und genoss den Triumph.
»Findest du nicht, dass das ein bisschen einfach war?«, sagte Franka. Sie saß am Computer und gab einen Text ein.
»Wie? Einfach?«
»Na, Gudrun Benningdorf ist doch praktisch sofort eingeknickt. Ohne Gegenwehr.«
»Vergiss nicht, dass ich ihren Kronzeugen Prückner erledigt habe.« Ich schenkte Franka das Lächeln eines Siegers. »Und das war ein Stück harte Arbeit. Ich bin in seine Werkstatt eingebrochen, habe sein shit geklaut und ihn anschließend auf kleiner Flamme geröstet.« Ich stutzte. »Da fällt mir ein, dass ich ihm den Stoff noch zurückgeben muss. Das Beutelchen dürfte einen halben Tausender wert sein.«
»Trotzdem«, beharrte Franka. »Dafür, dass sie sich so viel Mühe mit Christian Schwarz gegeben hat, hätte man erwarten können, dass sie nicht so schnell aufgibt.«
»Sie ist eben eine kluge Frau«, widersprach ich. »Sie weiß, wann sie verloren hat.«
Franka klickte die Maus an, und der Drucker ratterte los. »Wie auch immer. Hier hast du meinen Abschlussbericht in Sachen Tassilo Schmidt. Da im Moment nichts weiter anliegt, werde ich mich den Rest der Woche meinem Studium widmen.«
Ich lächelte generös. »Tu das! Geskamp will den Erfolg medienmäßig ausschlachten. Vermutlich bin ich in den nächsten Tagen damit beschäftigt, Interviews zu geben.«
Franka schaute mich kritisch an. »Du solltest dich rasieren und dir eine schwarzrotgoldene Krawatte kaufen. Das wirkt staatstragender.«
Ich lächelte weniger generös. »Ich will nicht in den Bundestag.«
»Aber du lässt dich von diesem Schwarz für seine Kampagne einspannen. Für mich sind alle Politiker gleich. Es müsste mal eine Partei geben, die sich für die Rechte der Tiere einsetzt.«
»Mit einem Affen als Bundestagspräsidenten?«
»Einer Äffin, Georg. Die Emanzipation unter Menschenaffen schreitet voran.«
Das Telefon klingelte. Ich winkte Franka einen Abschiedsgruß zu und nahm ab.
Es war Geskamp. Er hatte sich etwas abgekühlt und klang jetzt geschäftsmäßig: »Das Konzept für die Medienoffensive steht in groben Zügen. Ich soll dir übrigens im Namen von Wolfgang einen herzlichen Glückwunsch bestellen. Wir jagen die Einladung zu einer großen Pressekonferenz sofort raus. Tempo heißt das Schlüsselwort. Wir müssen schnell handeln, damit wir noch vor der Wahl einen Effekt erzielen. Die PK findet morgen früh in einem Hotel in der Bonner Innenstadt statt. Gediegener Rahmen, verstehst du, Klein-Klein bringt nichts. Ich schätze, wir können auch einige Fernsehsender interessieren. Halt dir auf jeden Fall morgen den ganzen Tag frei. Pass auf! Wolfgang schlägt vor, dass du schon heute nach Bonn kommst. Wir haben zurzeit eine Besuchergruppe aus dem Münsterland da. Wolfgang macht heute Abend mit denen eine Fahrt auf dem Rheindampfer. Dann können wir alles Weitere besprechen. Sei einfach um halb acht an der Anlegestelle. Der Bundestag ist gleich daneben. Die Spesen, Zugfahrt, Übernachtung im Vier-Sterne-Hotel und so weiter, zahlen wir. Alles klar?«
»Ja«, sagte ich.
Mit dem IC – zum Glück war Münster nicht an das ICE-Netz angeschlossen – fuhr ich entspannt und erster Klasse nach Bonn. Der Zugbegleiter erfüllte mir auf Zuruf alle Getränkewünsche, und ich kam sogar dazu, einigermaßen gründlich die Zeitung zu lesen.
Die Ausstrahlung des Videos mit Präsident Clintons Aussagen zur Lewinsky-Affäre vor der Grand Jury war diesseits des Atlantiks auf eine breite Volksfront der Ablehnung gestoßen. Kanzler Kohl fand das peinliche Verhör »zum Kotzen«, Oskar Lafontaine »ekelerregend« und Guido Westerwelle »unter aller Sau«. Endlich einmal klare Worte von unseren Politikern.
Der Wahlkampf plätscherte dagegen langweilig vor sich hin. In ihrer Not griffen die Meinungsforschungsinstitute zum Äußersten und erklärten den Ausgang der Wahl für offen, um wenigstens ein Minimum an Spannung zu erzeugen.
Am Bonner Hauptbahnhof setzte ich mich in eine zur U-Bahn aufgemotzte Straßenbahn, die mich zur Museumsmeile brachte. Die drei protzigen Klötze, das Haus der Geschichte , das Kunstmuseum Bonn und die Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland , stammten aus einer Zeit, als alle glaubten, die Bundesrepublik würde auch im nächsten Jahrtausend an der Elbe enden und das provinzielle Hauptstädtchen bräuchte ein bisschen Kultur. Zum Beispiel ein Museum, in
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