Der Mörder mit der schönen Handschrift
kurze Aufschwünge, aber auch um endlose Wiederholungen, Weitschweifigkeiten eines Geistes, der auf der Stelle tritt. Wenn Sie wieder mit beiden Augen sehen, können Sie das alles in der Stille Ihres Büros nachlesen, den Bericht über die Höllenfahrt eines ehrenwerten Mannes.«
Er verstummte, zog die Trommel an sich und legte besitzergreifend die Arme um sie. Über das sperrige Instrument hinweg sah er Chabrand ein wenig spöttisch an.
»Was den Rest betrifft, so müssen wir uns an die Trommel hier halten.«
Er erhob sich und stand in seiner ganzen Fülle vor dem Richter, in langen Unterhosen und grauem Flanellhemd. Er ging auf seine Kleider zu, die dampfend über den Stuhllehnen hingen. Eine Weile lang wühlte er in den Taschen herum und schimpfte schnaufend über seine eigene Unordentlichkeit.
Als er zurückkam, hielt er ein Klappmesser in der Hand und ließ es auf und ab hüpfen.
»Wenn die Trommel da etwas in ihrem Bauch hat, wird sie es uns dank meines Messers augenblicklich verraten«, verkündete er.
Er klappte das Messer auf und stellte die Klinge fest. Mit der Messerspitze zeigt er auf Chabrand, um seinen Worten besonderes Gewicht zu verleihen: »Denn die Chancen«, fuhr er fort, »stehen fünfzig zu fünfzig, dass die Schlussfolgerungen des Lehrers falsch waren, fünfzig zu fünfzig, dass der Schatz der Melliflores woanders versteckt wurde, fünfzig zu fünfzig, da muss ich Ihnen Recht geben, dass eine der Erbinnen die Trommel aufgemacht und ihn bereits an sich genommen hat. Kurz und gut, es steht auf der Kippe, ob all diese Verbrechen am Ende für nichts und wieder nichts begangen wurden.«
Mit einer weit ausholenden Geste seiner messerbewehrten Hand schien er die Atmosphäre des friedlichen Raums, in dem sie saßen, vereinnahmen zu wollen.
»Nun stellen Sie sich das doch alles einmal vor«, sagte er.
»Schlüpfen Sie doch einmal für einen Augenblick aus Ihrer Haut einer öffentlich-rechtlichen Vogelscheuche und werfen Sie einen Blick auf die leidende Menschheit. Ich meine, versuchen Sie einfach zu verstehen …«
Er dämpfte seine Stimme, als ob er damit rechnete, ein unsichtbares Gespenst könne ihm aufmerksam zuhören.
»Da ist also dieser arme Mann. Ich sehe ihn, als ob ich jedes Mal dabei gewesen wäre, wie er von seinen Unternehmungen hierher zurückkehrt. Voller Hoffnung steigt er die Treppe hinauf. Seine Beute, die Trommel, stößt gegen das Treppengeländer, wie diese hier es auch getan hat. Er tritt ein. Er schließt die Tür ab. Er legt die Trommel auf diesen Tisch. Er schlitzt sie auf. Nichts! Alles leer. Dreimal hintereinander! Muss einem da nicht der Verstand ein bisschen durcheinander geraten?«
»Der ist ihm schon vorher durcheinander geraten! Man bringt doch nicht einfach auf eine vage Vermutung hin so viele Leute um, es sei denn, man ist verrückt!«
»Wenn die da auch leer ist,« sagte Laviolette und zeigte auf die Trommel, »dann stelle ich es Ihnen frei, einen solchen Schluss zu ziehen. In diesem Fall müssten Sie sich ausschließlich auf mein Wort verlassen, um zu erfahren, was sie unter Umständen hätte enthalten können. «
»Denn Sie wissen natürlich Bescheid!«, rief Chabrand sarkastisch aus.
»Erinnern Sie sich an den Kalender, der in der Sammlung auf dem Speicher von Ambroisine Larchet fehlte?«
»Natürlich. Der Lehrer hat ihn mitgehen lassen. Das schreibt er doch in seinem Bericht.«
»Schon, aber ich habe seinen Zwillingsbruder gefunden. Den gleichen Kalender. Man hatte ihn vor das Loch genagelt, durch das das Ofenrohr auf dem halb verfallenen Hof der Melliflores ins Freie führte. Außer dem Datum konnte man nichts darauf erkennen. Aber ich hatte den guten Einfall, an die Herstellerfirma zu schreiben, es ist immer noch dieselbe. Man hat mir Faksimiles aller Kalender von 1912 zugeschickt.«
»Wenn auf dem, den Sie auf dem Bauernhof gefunden haben, nichts zu erkennen war, wie konnten Sie dann wissen, dass es sich bei dem gestohlenen Kalender um den gleichen handelte?«
»Nein, das konnte ich in der Tat nicht wissen. Ich will mich auch gar nicht groß aufspielen. Ich hatte keinerlei Eingebung, nicht die geringste Ahnung. Ich habe Nachforschungen angestellt, das ist alles. Dabei ließ ich mich von dem Satz des Gaétan Melliflore leiten: ›Es ist unglaublich, was für Dummheiten man machen kann, wenn man keine Ahnung hat.‹ Was hatte ihm zu einer Ahnung verholfen? Schlicht und einfach seine Manie, alles Mögliche zu sammeln. Eines Tages kam ihm das
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