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Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Titel: Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter May
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in den Schnee und sah, als er sich auf den Rücken rollte, den Schatten seines Verfolgers über sich. Obwohl jünger, durchtrainierter und kräftiger als Enzo, keuchte auch er unter dem Sauerstoffmangel in zweitausend Metern Höhe. «Mir ist noch kein Mann untergekommen, der so schwer zu töten war», sagte er. Dann hob er die Pistole und feuerte drei Mal.
    Im Glauben, tödlich getroffen zu sein, ächzte Enzo vor Schmerz, als Labrousse mit seinem ganzen Gewicht auf ihn fiel. Das warme Blut des anderen Mannes sickerte durch seine Kleidung auf die Haut, und Enzo verstand überhaupt nichts mehr. Er versuchte, Labrousse wegzustemmen, doch vergeblich.
    Dann hob sich plötzlich das Gewicht, und Labrousse rollte von ihm hinunter in die Dunkelheit. Eine andere Gestalt beugte sich über ihn, und er spürte eine warme Hand im Gesicht. Plötzlich schien es nicht mehr zu schneien.
    «Bist du getroffen?»
    Er träumte, was sonst? Er war sicher, dass Anna gerade mit ihm gesprochen hatte. «Nein, ich glaube nicht.» Er versuchte, Luft zu holen. «Anna?»
    «Armer Enzo.» Sie strich ihm zart mit dem Handrücken über die Wange. «Das hast du wirklich nicht verdient.»
    «Was machst du denn hier oben, Anna?» Er rappelte sich auf einen Ellbogen hoch, und im selben Moment teilten sich die Wolken am Himmel, und der Mond überzog die weißen Berggipfel des Cantal ringsum mit silbernem Licht. Enzo sah die Waffe in ihrer Hand. «Du hast ihn erschossen?» Jetzt war er endgültig überzeugt, dass er entweder träumte oder tot war.
    Sie sagte: «Das Szenario, bei dem sich zwei Leute gegenseitig erschießen, ist nie ganz überzeugend. Aber wenn du Labrousse erschießt und dann irgendwie die Orientierung verlierst, ausrutschst, hinfällst und erfrierst, bevor dich am Morgen irgendwer findet – das würde gehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das schlucken würden.»
    «Wer? Was redest du da?»
    Mit einem Seufzer setzte sie sich neben ihn in den Schnee. «Die Leute, die Labrousse engagiert haben, um Lambert zu töten, haben ihm von Anfang an nicht hundertprozentig zugetraut, dich zum Schweigen zu bringen. Sie hatten Angst, dass alles, was auf Labrousse deutet, letztlich zu ihnen weiterführt. Deshalb war ich der Plan B. Falls du Labrousse auf die Schliche kämst, sollte ich ihn eliminieren. Und dich.»
    Enzo sah sie fassungslos an. «Du hast vor, mich zu töten?»
    Sie erwiderte seinen Blick mit einem traurigen Lächeln. «Ach, Enzo. Ich will nicht, wirklich nicht. Du und ich … na ja, in einem anderen Leben hätten wir, du weißt schon, ganz gut zusammengepasst. Aber wenn ich dich nicht töte, dann töten sie mich. Weil ich dich zu ihnen führen könnte, und sie mögen keine Risiken. Du bist einfach cleverer, als gut für dich ist. Und für mich.»
    Sie erhob sich und richtete die Waffe auf ihn. «Komm, steh auf.»
    Enzo kam steif und schwerfällig auf die Beine. «Willst du mich jetzt erschießen?»
    «Nein, Enzo, das würde ich nicht fertigbringen. Ich lass dich hier auf dem Berg zurück, bis du einschläfst. Nur dass du nie wieder aufwachen wirst. Du wirst nicht das Geringste spüren. Dreh dich um.»
    «Ich verstehe nicht …»
    «Dreh dich einfach um.»
    Er folgte ihrer Aufforderung, und sie zögerte nur einen Moment, bevor sie ihn mit dem Kolben ihrer Waffe niederstreckte. Er sackte in die Knie und fiel mit dem Gesicht zuerst in den Schnee. Sie drehte ihn um und zog ihn an den Füßen zehn Meter weit zu einem Holzzaun am Rand eines Steilhangs. Mit dem Fuß trat sie die Querlatten ein, dann bückte sie sich, um Enzo die Pistole in die Hand zu drücken. Sie sah ihn einen Moment an und gab ihm einen zarten Kuss auf die Stirn. «Es tut mir leid, Enzo», flüsterte sie. Dann stand sie auf und schob ihn durch die Lücke im Zaun. Er rollte über den Felsrand in die Dunkelheit.

Kapitel vierundfünfzig
    Bertrand holte den Radmutternschlüssel aus seinem Transporter und nahm ihn fest in die behandschuhte Hand. In der Eile fand er nichts anderes, was einer Waffe nahekam. Kirsty war schon einmal da gewesen, und so folgten ihr die Übrigen, als sie mit der Taschenlampe durch den Schneeregen voranging. Hinter dem Parkplatz eilten sie die scheppernde Metallgittertreppe hinauf und schlitterten über den Platz zwischen den Gebäuden, an der Touristeninformation vorbei auf das düstere Seilbahngebäude zu. Der Schneeregen, der ihnen entgegenpeitschte, nahm ihnen fast die Sicht, als sie um die Seite des Betonbaus herum zu der roten Treppe

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