Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
regelrechte Bagatellen sein, ich versuche, mir eine gute Mischung zu reservieren. Das ist der Grund, warum du mir zugeteilt worden bist. Bei deiner Bewerbung hast du eindeutig klargemacht, dass du dich im Kern für wirkliche Aufklärungsarbeit interessierst. Außerdem operiere ich hauptsächlich in den oberen Stadtvierteln, also der Altstadt und der Neustadt.“
Anschließend wurde Konstantin durch die Hauptquartiere der Sucher in der Zitadelle geführt und einer Unzahl von Kollegen, Vorgesetzten und so weiter vorgestellt. Ein Besuch in den Archiven und bei der benachbarten Ordnungspolizei, sowie dem ebenfalls direkt angeschlossenen Kriminaltechnischen Institut kamen ebenfalls gleich an die Reihe. Dann führte Corthovrin Konstantin noch zu den Kasernen, wo er seine Grundausbildung in Sport und Kampftechniken erhalten würde. Die Kaserne gehörte nicht der Suchergilde oder der Ordnungspolizei, sondern dem Militär an, das im Bereich der Ausbildung mit diesen beiden Stellen, sowie mit der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz, kooperierte.
Auch ein Besuch der viel kleineren Sucherämter in der Altstadt, der Neustadt und der Alten Unterstadt stand auf dem Tagesprogramm. Konstantins Mentor war nicht mehr gut zu Fuß und war dabei darauf angewiesen, dass sein neuer Schüler ihm immer wieder helfend unter die Arme griff. Er revanchierte sich durch weitere Belehrungen. Bald brummte Konstantin der Kopf. Trotzdem stellte er weiter Fragen.
Seine Ausbildung würde, wenn er an der Zahl seiner Schichten nichts änderte und sich nicht zu viele freie Tage nahm, zwei bis drei Jahre dauern, jedenfalls, wenn er klug und fleißig war. Es gab durchaus auch Kollegen, die es bis zu ihrem Ruhestand nicht schafften, alle nötigen Zertifikate zusammenzubringen, und damit stets Auszubildende blieben.
Während seiner Dienstzeit hatte ein Sucher das Recht, sich von den Geländen der Suchergilde aber auch auf sämtlichen öffentlichen und halböffentlichen Flächen beliebig mit Nahrung zu versorgen. Das war notwendig. Wenn ein Sucher viel unterwegs war, konnte er nicht ständig irgendwelche Vorräte mit sich herumschleppen. Und das Gehalt reichte nicht aus, um sich permanent die vor Ort angebotenen Imbisse zu leisten. Konstantin hatte sich so daran gewöhnt seinen Lebensmittelhändlern zu vertrauen und aus seinem Garten nur das zu essen, was ihm seine Freunde und Bekannten gezeigt hatten, dass ihm die Vorstellung, sich für seinen Beruf umfangreichere Kenntnisse in diesem eigentlich fachfremden Gebiet aneignen zu müssen, nicht sonderlich gefiel.
Begeistert war er allerdings, als er den Teil seiner Grundausstattung entgegennehmen durfte, der einem Auszubildenden gestellt wurde. Dazu gehörte neben einem wundervoll kompaktem Spurensicherungsset und einem kleinen Erstehilfetäschchen auch eine wunderschöne große Lupe und anstatt einer Uniform eine einfache Schärpe. Außerdem bekam er einen Dienstausweis mit Lichtbild. Es war nur eine schemenhafte Schwarz-Weiß-Aufnahme, doch bisher hatte Konstantin angenommen, dass es hier überhaupt keine Fotografie gäbe. Die Ausweispapiere und Passierscheine für die Allgemeinheit enthielten nämlich lediglich Fingerabdrücke und eine Beschreibung, dazu die Unterschrift und optional konnte man sich eine teure Zeichnung anfertigen lassen.
Im Fotolabor kam es zu einigem Aufruhr und Verzögerungen, weil Konstantin nicht widerstehen konnte und mit dem Farbbild seines Personalausweises angeben musste. Danach wollte ihn der Fotograf nichtmehr fortlassen, bevor er erklärt hatte, wie ein solches Bild gemacht werden konnte. Leider hatte Konstantin davon nicht wirklich eine Ahnung, was zu einiger Enttäuschung führte.
Die Begebenheit führte ihn zu einer weiteren Frage. Sein Mentor bestätigte ihm seinen dahingehenden Verdacht: Als Sucher musste er auch lernen, gute Zeichnungen anzufertigen. Sowohl Phantombilder als auch Tatortskizzen mussten ihm wenigstens einigermaßen gelingen.
Als Konstantin an diesem Tag von der Arbeit kam, war er so vollgestopft mit neuem Wissen und Eindrücken, dass sie förmlich wieder aus ihm herausquollen. Vaíl hatte zur Feier des Anlasses einen romantischen Abend vorbereitet, doch daraus wurde nichts. Konstantin freute sich ungefähr zwei Minuten lang über das sorgsam mit Pelzen ausstaffierte Liebesnest an seinem Lieblingsplatz am Teich. Er aß die schön garnierten Leckerbissen. Vaíl hatte sogar Brot gekauft, was auf H´Veredy ein unerhörter Luxus ist, da Getreideanbau
Weitere Kostenlose Bücher