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Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Titel: Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collins
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der »Gräber« ein Geständnis abgelegt, blieb gleichermaßen ungenutzt. Youngs hatte ihn für den ersten Prozess eingeplant, doch inzwischen war klar, dass ein Ganove wie Clark zu leichte Beute für Howe war. Ähnlich verhielt es sich mit dem Mann, der die Blutflecke auf den Fußböden analysiert hatte. Angesichts des Vorwurfs der Vergiftung und der Geldprobleme, mit denen Professor Witthaus momentan zu kämpfen hatte, wäre der Experte auf dem Gebiet der Spurensuche von der Verteidigung regelrecht zerfleischt worden – darüber hinaus würden derlei Beweise vielleicht in Manhattan funktionieren, Bauern und Zimmerleute aus Long Island hatten mit Chemieprofessoren hingegen nichts zu schaffen.
    Wie lange würde eine solche Jury brauchen, um die Gewichtigkeit eines Geständnisses aus zweiter Hand einzuschätzen, das der Angeklagte gegenüber einem arbeitslosen Herrenfriseur abgelegt hatte, sowie diverse Indizienbeweise von Freunden und Nachbarn? Recht lange, wie es schien. Während die Stammgäste auf den Galerien Zigarren und Flachmänner austauschten, tickte die Pendeluhr im Gerichtssaal langsam auf drei, dann auf vier Uhr weiter. Eine halbe Stunde später vernahmen Reporter im Vorbeigehen erhitztes Stimmengewirr aus dem bewachten Zimmer, in dem die Geschworenen tagten. Drinnen, am Tisch der Jury, verlangte ein Bauhandwerker soeben, dass die Geschworenen weiterhin im Geheimen abstimmten. Nach sechs Abstimmungen in Folge hatte der Obmann
die Zettel soeben erneut auseinandergefaltet, gezählt und war zum gleichen Ergebnis gekommen wie die fünf Male zuvor. Ref 854
    Elf zu eins .
    Eine Stunde später – sie hatten die abgefangenen Gefängnisbriefe von Nack und Thorn angefordert und studiert – marschierten die zwölf Männer hintereinander durch eine Seitentür zurück in den Saal. Dösende Zuschauer rappelten sich eilends hoch. Ref 855
    »Nehmen Sie Ihre Hüte ab!«, riefen Ordnungskräfte auf die Galerien hinauf, als Richter Maddox aus seinem Amtszimmer zurückkehrte und Martin Thorn wieder in den Saal geführt wurde. Genau genommen war es Thorn, der die Führung übernahm: Er hatte es derart eilig, in den Saal zu kommen, dass er Captain Methven nahezu an seinen Handschellen hinter sich herzog. Ref 856
    Die zwölf ernst dreinblickenden Männer wandten sich dem Richter zu und warteten.
    »Meine Herren Geschworenen, sind Sie zu einem Urteil gekommen ?« Ref 857
    »Ja, das sind wir«, antwortete der Obmann.
    »Angeklagter, erheben Sie sich«, befahl der Gerichtsdiener.
    »Geschworene, sehen Sie den Angeklagten an. Angeklagter,
    sehen Sie die Geschworenen an. Wie lautet Ihr Urteil?«
    Die Männer hefteten ihre Blicke fest auf ihn, und Thorn wusste, wie sein Schicksal lautete.
    »Wir befinden den Angeklagten«, verkündete der Obmann, »des vorsätzlichen Mordes für schuldig.«

22. IM RAUCHERABTEIL NACH SING-SING
    Martin Thorn wusste, dass sie ihm nach dem Leben trachteten. »Ich schätze, dass Howe einen neuen Prozess durchsetzen wird, aber es wird nichts nützen in diesem Land«, schnaubte er verächtlich, als er in seine Zelle zurückkam, in der schon ein Reporter des Herald auf ihn wartete. »Es gibt keine Jury in diesem Land, die einen nicht dafür hängen würde, weil man einen Laib Brot gestohlen hat.« Ref 858
    Es gab kaum mehr etwas, das Thorn noch aufzuheitern vermochte, außer das Raufen mit seinem Adoptivhund – dem einzigen Wesen auf Erden, das kein Interesse daran hatte, über ihn zu richten. Ref 859
    »Also, haben Sie es getan?«
    Thorn setzte sich und blickte sich nachdenklich in seiner Zelle um: Der Raum war tags zuvor in Erwartung der Presse frisch getüncht worden und roch immer noch nach Farbe.
    »Ich hatte keinen Grund, Guldensuppe umzubringen«, sagte Thorn leise und sah den Reporter des Herald an. »Er hat genau das getan, was ich unter den Umständen auch getan hätte. Was hätte er tun können? Ich habe nie irgendwelchen Groll gegen ihn gehegt, weil er mich geschlagen hat.« Ref 860
    »Dann haben Sie ihn also …«
    »Mrs Nack hatte ein Motiv«, blaffte er. »Ich nicht.«
    Als kurz darauf seine Schwester Pauline und ihr Mann zu Besuch kamen, konnte er mit seiner trotzigen Haltung jedoch nichts ausrichten: Sie sahen beide vollkommen verstört aus.
    »Martin!«, stieß seine Schwester schluchzend hervor und ergriff seine Hände. »Martin!« Ref 861
    Ihr Mann stand mit verquollenen Augen daneben und brachte kein Wort heraus. Thorn bot seiner Schwester einen Stuhl in
der Ecke der winzigen Zelle

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