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Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Titel: Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collins
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dieser Redekunst seinen Freispruch.«
    Thorn starrte mit steinerner Miene geradeaus, während Howe den Blick des Staatsanwalts mit pikierter Empörung erwiderte. »Wir beanspruchen für uns keine großartige Redekunst«, fuhr Youngs fort. Mit seinem kahler werdenden Haupt und seiner Brille war es nun genau diese Zwergenhaftigkeit des Staatsanwalts, die sich zu Ungunsten des Verteidigers auswirkte. »Er
hat sie Ihnen geboten, doch wir bieten Ihnen etwas Überzeugenderes als Redekunst, etwas Stichhaltigeres als Redegewandtheit: Beweise .«
    Der Staatsanwalt blieb vor der Geschworenenbank stehen. Er wollte, dass sie außerdem über ihre Pflicht als Bürger von Long Island nachdachten – als das Bollwerk, das rechtschaffene Männer wie sie gegen die Verderbtheit der großen Stadt jenseits des Flusses bildeten.
    »Meine Herren Geschworenen, die Verteidigung hat an Ihr Herz appelliert, an Ihre Leidenschaft. Ich appelliere an Ihre Vernunft, an Ihren Verstand. Lassen Sie es nicht zu, dass Männer und Frauen aus Nachbarstädten hierherkommen können, um Verbrechen zu begehen.«
    Die Reporter verdrehten die Augen: Sie würden heute Abend in diese große, lasterhafte Stadt zurückkehren müssen – und waren froh darüber. Aber es waren nicht die Reporter, an die Youngs seine Botschaft richtete.
    »Ich weiß«, sagte der Staatsanwalt abschließend an die Zimmerleute und Bauern gewandt, »dass ich die Angelegenheit getrost in Ihre Hände legen kann.«
     
    Die Zuschauer im Gerichtssaal waren wie ausgehungert. Die Schlussplädoyers hatten so lange gedauert, dass es bereits 14 Uhr 25 war, als sich die zwölf Geschworenen zur Beratung in ihren Raum zurückzogen. Richter Maddox ließ ihnen das Mittagessen hineinschicken, während im Gerichtssaal selbst Servietten ausgebreitet, Sandwiches aus Wachspapier gewickelt und Flaschen mit Ginger Ale entkorkt wurden: Um ihre Plätze nicht zu verlieren, hatten die Zuschauer ihr eigenes Mittagessen mitgebracht. Es war ein reines Herrenkränzchen – die Damen drängten sich weiterhin hoffnungslos auf der Treppe vor dem Gebäude und in den Fluren. Ihre einzige Vertreterin im Saal war eine schwarz verschleierte Frau, die sich hinter einer
Säule auf der Galerie versteckte. »Es ist Thorns Schwester«, murmelten die Anwesenden. Ref 850 Ref 851
    Thorn selbst wurde zum Mittagessen nach unten in eine Zelle geführt, während Howe mit gelassenem Blick an seiner Verteidigerbank sitzen blieb. Er sei hocherfreut über ihren Prozess, erklärte er, doch dann verfinsterte sich seine Miene. Er hatte sämtliche wichtigen Zeugen im Zeugenstand als Trinker, Wichtigtuer oder gar Kriminelle entlarvt – alle, das heißt, bis auf eine.
    »Es ist diese eine Aussage der kleinen Clara Pierce«, vertraute er seinem Mitarbeiterstab leise an. Die Angabe des Schulmädchens, dass sich Mrs Nack in der Stadt aufgehalten hatte, konnte Thorns gesamtes Alibi zunichtemachen. »Es könnte sich zu unseren Ungunsten auswirken.«
    Howes schiere Redekunst, da waren sich Reporter und Zuschauer einig, hatte die Staatsanwaltschaft gekonnt durch den Prozess manövriert. »Solange sich Mr Howe in einer Sphäre über den konkreten Beweisen bewegte, schwebte er siegreich dahin«, telegrafierte der Krimiautor Julian Hawthorne von seinem Platz am Tisch des Journal . Dabei war Howe geschickt von seiner unverfrorenen Behauptung, Guldensuppe sei noch am Leben, abgerückt, und hatte eingeräumt, dass jemand dafür gesorgt hatte, dass den Knaben niemand mehr das Cottage in Woodside verlassen sah. Ref 852
    Aber wer?
    »Es ist kaum anzunehmen, dass er sich selbst in Stücke zerteilt hat«, schrieb ein Reporter des Brooklyn Eagle bissig. »Er dürfte wohl kaum eine Säge mit in das Cottage genommen haben, um sich dann selbst seiner Arme und Beine und, ganz nebenbei, seines Kopfes zu entledigen.« Ref 853
    Und doch waren etliche Hinweise, die auf den Täter deuteten, nicht verwertet worden. Gothas Aussage war ein notwendiges Risiko – auf alle anderen heiklen Zeugen war jedoch rigoros
verzichtet worden. Youngs hatte im ersten Prozess miterlebt, wie Howe Zeugen demontierte, die Hintergedanken hegten oder verwundbare Stellen besaßen, und waren sie auch noch so klein. Auf Mrs Nacks Aussage war daher selbstredend verzichtet worden, ebenso wie auf Mrs Rigers Darstellung vom Verkauf des Wachstuchs. Wie es hieß, hatte die arme Frau infolge des ganzen Rummels einen Nervenzusammenbruch erlitten. Frank Clarks Behauptung, Thorn hätte auf der Krankenstation

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