Der Musentempel
für mich die sicherste Route, besser als zurück durch die Stadt. Lebwohl, Simeon. Du darfst in Kürze einen greifbaren Beweis meiner Dankbarkeit erwarten.«
»Tu nur alles in deiner Macht Stehende, dieser ausländerfeindlichen Hysterie ein Ende zu bereiten, Senator.
Dies war früher mal eine wunderschöne Stadt.«
Ich trat vor die Tür und fand die Gasse menschenleer. Nach wenigen Schritten stieß ich auf eine in westöstlicher Richtung verlaufende Straße und wandte mich gen Osten. Das Viertel lag praktisch verlassen da, alle Bewohner kauerten hinter verriegelten Türen. Das paßte mir wunderbar, ich erreichte die Stadtmauer ohne Zwischenfälle. Obenauf patrouillierte eine besonders schwerbewaffnete Wache, die ihren Blick über die Stadt wandern ließ, um jedes Anzeichen von Aufruhr sofort melden zu können. Ich folgte der Mauer in nördlicher Richtung bis zu einem kleinen Tor. Es stand tagsüber offen, und niemand hatte auch nur einen flüchtigen Blick für einen weiteren Sklaven, der eine Last auf seiner Schulter trug.
Auf der anderen Seite des Tors war eine schmale Uferböschung, von der kleine Steinmolen in das flache, grünliche Wasser ragten. Die meisten Fischerboote waren schon ausgelaufen, aber ein paar Nachtfischer saßen auf den Molen und flickten ihre Netze. Es waren naive Ägypter, und ich näherte mich ihnen mit einem unbehaglichen Gefühl.
»Ich brauche eine Bootspassage zum Großen Hafen«, erklärte ich einem eifrig aussehenden Paar, das neben einem gut gepflegten Boot saß. »Ich werde euch gut bezahlen.«
Sie beäugten mich neugierig. »Wie solltest du etwas zahlen können?« fragte einer der beiden ohne jede Feindseligkeit. Er sprach ein passables Griechisch. Ich zog eine Börse hervor und ließ sie das Klimpern der Münzen hören. Das überzeugte sie. Sie falteten ihre Netze, legten sie ins Boot, und wenig später ruderten wir um Kap Lochias.
Unserem wortkargen Gespräch entnahm ich, daß sie keine Alexandriner waren; sie lebten in dem nächsten kleinen Fischerdorf, das östlich der Stadt am Wasser lag. Sie hatten kein Interesse an den Unruhen in Alexandria, mit Ausnahme derer, die den Fischmarkt berührten. Ich konnte also meinen Umhang und das Tuch ablegen. Ihnen war das egal. Sie hätten einen Römer wahrscheinlich nicht von einem Araber unterscheiden können.
Wir ruderten unterhalb des Forts der Akrolochias vorbei, umrundeten die Spitze und nahmen Kurs zwischen dem Festland und den Inseln, die vor dem Kap im Meer liegen. Der Pharos ragte als riesige rauchende Säule zu unserer Rechten auf, als wir das Kap umschifft hatten. Die Fischer hielten auf die Docks zu, aber ich bremste sie.
»Setzt mich da ab«, sagte ich und wies auf die Bucht zwischen Kap Lochias und der Insel Antirhodos.
»Aber das ist der königliche Hafen«, sagte einer von ihnen.
»Wir werden hingerichtet, wenn wir dorthin fahren.«
»Ich bin römischer Senator und Mitglied der römischen diplomatischen Mission«, erklärte ich pompös. »Ihr werdet nicht bestraft werden.«
»Ich glaube dir nicht«, sagte der andere. Ich zog mein mit schwarzem Blut verkrustetes Schwert, »Dann werde ich euch töten!« Sie steuerten den königlichen Hafen an.
Nur ein paar vereinzelte Wachen in vergoldeter Rüstung zierten den königlichen Pier. Sie schlurften zur Anlegestelle des Bootes und gaben empörte Laute von sich, während ich meine Bootsleute bezahlte.
»Ich bin Senator Decius Caecilius Metellus von der römischen Botschaft!« rief ich ihnen zu. »Wenn ihr Hand an mich legt, ist euer Leben in Gefahr! Ich muß auf der Stelle König Ptolemaios sprechen!«
»Wir können dich nicht reinlassen, und wir dürfen auch unseren Posten nicht verlassen, Senator«, sagte einer von ihnen.
»Wir müssen den Hauptmann der Wache benachrichtigen.«
Garantiert einer von Achillas' Leuten. »Warum?« fragte ich und ließ meinen Blick über den Hafen wandern wie ein Sklave in einer Komödie. »Ich kann keine feindliche Flotte erkennen, die den Pharos passiert hätte. Laßt mich durch.«
»Tut uns leid, mein Herr. Wir haben unsere Befehle.«
»Ihr benehmt euch wie sture Idioten«, entgegnete ich.
»Würdest du einem römischen Soldaten die Vernachlässigung seiner Pflicht durchgehen lassen, Senator?« fragte der Jüngere der beiden. Da war was dran.
»Ihr dürft eure Posten also nicht verlassen, was?« fragte ich.
»Tut uns leid, mein Herr, nein«, sagte der Altere.
»Dann könnt ihr mich auch nicht verfolgen.« Ich spritzte zwischen
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