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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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zurück sah, wurde die Menge größer. Die Nachricht von meiner Untat machte schneller die Runde, als ich es für möglich gehalten hatte. Sie forderten mittlerweile nicht nur meinen Tod, sondern den Tod aller Römer. Aber mit mir wollten sie anfangen.
    Der Gedanke, von einem wütenden Mob in Stücke gerissen zu werden, weil man eine Katze getötet hatte, kam mir lächerlich vor. Aber daß das Ganze wegen eines Katzenmordes geschah, an dem ich völlig unschuldig war, überstieg für mich das Maß des Erträglichen. Ich empfand wenig Zuneigung für die geschmeidigen Viecher, aber es wäre mir nie in den Sinn gekommen, eines zu töten.
    Ich schaffte es, aus Rhakotis heraus zu kommen, als trüge ich die geflügelten Sandalen des Hermes, aber damit war ich noch lange nicht in Sicherheit. Der Mob tobte ins griechische Viertel und schwoll dort weiter an. Ägypter lebten in allen Vierteln der Stadt, und es gibt in jeder Stadt Leute, die freudig die erstbeste Gelegenheit ergreifen, sich einem Aufruhr anzuschließen. Das hatte ich selbst schon getan, als es um eine gute Sache ging.
    Ich. lief an der makedonischen Garnison vorbei und rief laut: »Aufruhr! Aufruhr! Laßt die Truppen ausrücken! Die Stadt steht in Flammen!« Die paradierenden Soldaten sahen mir verwirrt nach, aber einige Offiziere bellten Kommandos, und kurz darauf ertönten Trommeln und Fanfaren.
    Ich sah mich um und beobachtete, wie die aus dem Tor stürmenden Soldaten mit der Menge kollidierten. Etliche meiner Verfolger brachen jedoch durch und setzten die Jagd fort. Ich wollte eine Straße in nördlicher Richtung zum Palast einschlagen, aber ein Teil des Pöbels war mir zuvorgekommen und hatte mir den Weg abgeschnitten. Das war zweifelsohne Ataxas' Werk. Warum hatte ich den Teufel nicht getötet, als ich ihn in der Hand hatte?
    Mir blieb nichts anderes übrig, als meine Flucht in östlicher Richtung fortzusetzen, wenn es sein mußte bis zum Delta.
    Mittlerweile keuchte ich schwer und spuckte mit jedem pfeifenden Atemzug Schleim. Ich sah immer mehr Männer in langen Gewändern und spitzen Hüten, deren Haar lang auf die Schulter fiel. Das bedeutete, daß ich im jüdischen Viertel gelandet war. Dies waren orthodoxe Juden, denn die meisten Juden in Alexandria waren gekleidet und frisiert wie die Griechen und sprachen auch keine andere Sprache als Griechisch.
    Mit letztem Kraftaufwand holte ich einen Vorsprung vor den Katzenrächern raus und rannte eine Gasse hinunter, die von einer weiteren Gasse gekreuzt wurde, in die ich einbog. Richtig erholsam, fast wie in Rom. Ich klopfte an eine Tür.
    »Laß mich rein!« flehte ich.
    »Was ist denn los?« Die Stimme kam von über mir. Sie gehörte einem Mann mit schmalen Gesichtszügen in einer rotweißen Robe. Seine Augen hatten einen leicht fanatischen Glanz.
    »Die Ägypter sind hinter mir her!« sagte ich.
    »Ich kann die Ägypter nicht leiden«, bemerkte der Mann. »Sie haben mein Volk zu lange in Gefangenschaft gehalten.«
    »Dann mußt du mich vor ihnen retten! Sie denken, ich hätte eine Katze getötet.«
    »Die Ägypter sind unbeschnittene Götzenanbeter«, sagte er.
    »Sie beten zu Tieren und tierhäuptigen Göttern.« Das war gewiß richtig, obwohl ich keine Ahnung hatte, was der Zustand ihrer Penisse damit zu tun hatte.
    »Die Makedonier sind ausgerückt, um den Aufruhr niederzuschlagen«, sagte ich, »aber ein paar von ihnen sind durchgekommen und immer noch hinter mir her. Laß mich rein!«
    »Die Makedonier kann ich auch nicht leiden«, sagte er.
    »König Antiochus Epiphanes hat unsere Priester getötet und unser Allerheiligstes besudelt!«
    Ich wurde langsam ungeduldig.
    »Hör zu: Ich bin ein römischer Senator in diplomatischer Mission. Rom wird dich reich belohnen, wenn du mich jetzt einfach reinläßt!«
    »Die Römer kann ich erst recht nicht leiden!« kreischte er.
    »Euer General Pompeius hat den Tempelberg gestürmt, unser Allerheiligstes verletzt und den Tempelschatz geraubt!« Ich mußte natürlich einen treffen, der sauer war. Jemand zupfte an meiner Schulter. Ich wandte mich um und sah einen Mann in griechischer Kleidung.
    »Komm mit mir«, sagte er drängend. »Sie sind nur noch eine Straße weit entfernt.« Ich folgte ihm durch die Gasse und eine niedrige Tür. Wir betraten einen bescheidenen, karg möblierten Raum. »Amos ist der Falsche«, sagte er. »Er ist halb verrückt.
    Mein Name ist Simeon, Sohn des Simeon.«
    »Decius, Sohn des Decius«, sagte ich. »Angenehm.« Mein Atem ging

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