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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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rum, nur damit sie so tun kann, als hätte sie Freunde. Kein Wunder, dass sie so spindeldürr ist. Die kriegt ja nur was zu essen, wenn die Nutte heimkommt.«
    Ein Sergeant hatte Barry gefragt, warum er von alledem nichts zu Amys Mutter gesagt habe. Weil Kimberley ihm dann den Arm umgedreht hätte, erklärte er, oder, schlimmer noch, sie hätte ihn nicht mehr in die Küche gelassen. Ob Kimberley Amy mal den Arm umgedreht habe? Er zuckte die Achseln. Nur einmal. Von da an war Amy jeden Tag abgehauen. Und aus welchem Grund Kimberley es das eine Mal getan habe? Schuldbewusst senkte er den Kopf. »Weil Amy geheult hat, wie wir gesagt haben, ihre Mutter wär ne Nutte«, bekannte er. »Das hat Kimberley genervt.«
    Der Vater der beiden, fünfzig Jahre alt, Busfahrer mit einem Bierbauch und unreinem Teint, tat sein klägliches Bestes, um für Frieden zu sorgen. Von Zeit zu Zeit rief er Laura durch die Küchentür zu, die Polizei habe frische Sandwiches mitgebracht – als ginge die Liebe tatsächlich durch den Magen. Er schien unfähig, Zuneigung zu zeigen, und die Psychologin fragte sich, wann er das letzte Mal eines seiner Kinder in den Arm genommen und gedrückt hatte. Er stellte kaum Fragen über Amy – vor allem aus Furcht vor den Antworten, vermutete sie, und nicht etwa aus Desinteresse – und regte sich lieber darüber auf, dass die Polizei ihre Zeit damit vertue, Strafzettel an Verkehrssünder zu verteilen, anstatt den Pädophilen das Handwerk zu legen. Wenn es nach ihm ginge, erklärte er, würde man die Schweine »kastrieren und mit dem Schwanz im Maul aufknüpfen«– eine mittelalterliche Bestrafung für Ketzerei –, »weil solche Perversen den Schmerz fühlen sollen, wenn sie abkratzen«. Aus Besorgnis darüber, wie solche Bemerkungen auf Laura wirken könnten, bat sie ihn, leiser zu sprechen, aber er musste wie seine Tochter poltern, um sich stark zu fühlen.
    Die Durchsuchung von Amys Zimmer brachte der Polizei keine Hinweise. Außer dem blauen T-Shirt und den schwarzen Leggings, die sie angeblich auf dem Körper trug, schien nichts zu fehlen. Sie war ein ordentliches kleines Mädchen, und in ihrem Zimmer hatte jedes Ding seinen festen Platz. Dass sie von zu Hause ausgerissen war, erschien höchst unwahrscheinlich, denn all die Dinge, die sie liebte – ihr Teddy, ihr Lieblingsarmband, die Samthaarbänder – waren noch da. Selbst ihre Spardose mit einem Vermögen von fünf Pfund und ihr kleines Bücherlager, das unter der Matratze versteckt war. Warum sie ihre Bücher verstecke? fragte die Polizei. »Damit Kimberley sie nicht aus purer Bosheit zerfetzen kann«, antwortete ihre Mutter.
    Gregory Logan war sehr gründlich befragt worden. Wie lange Laura schon mit ihm zusammenlebe? »Zwei Monate.« Wo er sie kennen gelernt habe? »Sie ist ein paar Mal bei mir im Bus mitgefahren.« Wer die Initiative ergriffen habe? »Ich nicht. Ich hätt doch nie gedacht, dass sie mich überhaupt anschaut.« Wer die Idee gehabt habe, dass sie bei ihm einziehen solle? »Weiß ich nicht mehr. Das hat sich eines Tages im Gespräch so ergeben.« Ob es ihn überrascht habe, als sie zugesagt hatte? »Nein, eigentlich nicht. Wir haben uns da schon ganz gut gekannt.« Wie er sein Verhältnis zu Amy beschreiben würde? »Ganz okay.« Und zu seinen eigenen Kindern? »Genauso.« Ob Amy auch ab und zu bei ihm im Bus gefahren sei? »Ein- oder zweimal. Mit ihrer Mutter.« Wen er zuerst kennen gelernt habe, Laura oder Amy? »Laura.« Ob er Amys Vater kenne? »Nein.« Ob Laura ihm erzählt habe, wie und wo sie und Amy vorher gelebt hatten? »Nur dass sie in einer ganz miesen Beziehung gelebt hat.« Ob er gewusst habe, dass Kimberley Amy tyrannisiert hatte? »Nein.« Habe er einmal versucht, Amy zu trösten? »Kann sein, dass ich sie mal in den Arm genommen hab.« Ob ihr das Recht gewesen sei? »Sie hat nichts drüber gesagt.« Ob er sie als ein hübsches Kind bezeichnen würde? »Sie tanzt ganz nett.« Ob sie häufiger mal für ihn getanzt habe? »Sie hat für jeden getanzt – Sie stellt sich gern zur Schau.« Habe er je Vorwände gefunden, um mit der Kleinen allein zu sein? »Was zum Teufel soll das heißen?«
    Lauras Antworten bestätigten Gregorys Aussagen bis auf jene, die sich auf das Verhältnis zu seinen Kindern bezogen. »Er kann sie nicht ausstehen«, erklärte sie. »Vor Kimberley hat er Angst, und Barry verachtet er, weil der ein Feigling ist – aber er ist selbst feige, da ist das wahrscheinlich ganz logisch. Zu Amy ist er

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