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Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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hinaus hatten alle Vampire Morganvilles einen Schwachpunkt, ob sie davon wussten oder nicht: Sie waren ernsthaft erkrankt an etwas, das Claire insgeheim Vampiralzheimer nannte.
    Und es war letzten Endes tödlich.
    Der Großteil der Stadt war diesbezüglich ahnungslos, denn Amelie fürchtete sich zu Recht davor, was passieren könnte, wenn alle - gleichgültig ob Vampire oder Menschen - davon wüssten. Amelie hatte die Symptome der Krankheit, aber bisher waren sie schwach. Es dauerte Jahre, bis sie sich entwickelten, deshalb waren sie noch eine Weile sicher.
    Zumindest hoffte Claire, es würde Jahre dauern.
    »Nein, ich bezweifle, dass ich in Ordnung bin. Aber es ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt, mich zu schonen.« Amelie konzentrierte sich auf die Tür. »Wir werden den Schlüssel brauchen, um sie zu öffnen.«
    Das war ein Problem, denn der Schlüssel war nicht dort, wo er sein sollte. Der Schlüsselbund war nicht mehr dort, wo Claire ihn immer aufbewahrte, in einer ramponierten, durchhängenden Schublade, und je mehr sich Claire durch den ganzen Krempel wühlte, desto unruhiger wurde sie. Myrnin bewahrte das irrste Zeug auf... Bücher, natürlich, sie liebte Bücher; kleine, verkrüppelte, tote Dinge, in Alkohol eingelegt, mochte sie weniger. Er bewahrte auch Gläser voll Erde auf - zumindest hoffte sie, dass es Erde war. Manches davon war rot und flockig und sie fürchtete sehr, es könnte Blut sein.
    Die Schlüssel waren nicht da. Ebenso einige andere Dinge -  wichtige Dinge.
    Mit sinkendem Mut zog Claire die halb kaputte Schublade heraus, in der sie die Tasche mit all den Betäubungsutensilien und Myrnins Arzneivorrat aufbewahrte.
    Weg. Nur eine Spur im Staub verriet, wo sie einmal gelegen hatten.
    Das bedeutete, dass sie keine zuverlässige Betäubungswaffe zur Hand hätte, falls - wenn - Myrnin gewalttätig wurde. Auch der coole, zuverlässige Füller war weg, mit dem man die Medizin, die sie für alle Fälle darin eingefüllt hatte, im Notfall injizieren konnte. Er befand sich nämlich in dem Beutel mit der Arznei. Die Ausstattung, die sie auf den Ball mitgenommen hatte, war verloren gegangen.
    Aber was noch schlimmer war: Außer einigen kleinen Phiolen, die sie in ihrer Tasche hatte, hatte sie überhaupt keine Medizin mehr für ihn.
    Kurz gesagt: Sie waren total am Arsch.
    »Genug«, sagte Amelie und wandte sich an einen ihrer Bodyguards. »Ich weiß, das ist nicht einfach, aber würden Sie vielleicht?«
    Er nickte ihr höflich zu, trat vor und nahm das Schloss in seine Hand.
    Seine Hand ging in Flammen auf.
    »Oh mein Gott!«, platzte Claire heraus und schlug die Hand vor den Mund, denn der Vampirtyp ließ nicht los. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, aber er hielt irgendwie durch und zerrte und drehte an dem versilberten Schloss, bis er es unter dem Kreischen von Metall losgerissen hatte. Auch die Schließe fiel von der Tür.
    Er ließ sie auf den Boden fallen. Seine Hand brannte immer noch. Claire ergriff den erstbesten Gegenstand, der ihr in die Hände fiel - ein schäbiges altes Hemd, das Myrnin auf den Boden geworfen hatte -, und schlug das Feuer aus. Sie würgte trocken, als sie verbranntes Fleisch roch und sah, was von seiner Hand noch übrig geblieben war. Er schrie nicht. Fast hätte sie das für ihn übernommen.
    »Eine Falle«, sagte Amelie. »Von meinem Vater. Gérard, sind Sie in der Lage weiterzumachen?«
    Er nickte, als er das Hemd um seine ruinierte Hand wickelte. Kleine rosa Schweißperlen standen ihm auf der Stirn - Blut, bemerkte Claire, als ein kleines Rinnsal davon über sein bleiches Gesicht lief. Sie erkannte es, weil sie, völlig erstarrt, direkt vor ihm stand. Seine Augen leuchteten rot auf.
    »Weg da«, knurrte er sie an. »Bleib hinter uns.« Und dann, nach einer kleinen Pause, sagte er: »Danke.«
    Hannah packte sie am Arm und zog sie in die hintere Ecke, außer Vampirreichweite. »Er braucht Nahrung«, sagte sie leise. »Gérard ist gar nicht so übel, aber du solltest dich nicht allzu bereitwillig für Fressattacken zur Verfügung stellen. Denk daran, dass wir wandelnde Snackautomaten sind.«
    Claire nickte. Amelie legte den Finger in das Loch, das das kaputte Schloss hinterlassen hatte, und zog die Tür auf... dahinter nichts als Dunkelheit.
    Hannah schwieg. Claires Arm ließ sie nicht los.
    Einen Augenblick lang passierte gar nichts, dann flackerte die Finsternis. Verschob sich. Dinge tauchten auf und verschwanden wieder im Schatten, da wusste Claire, dass Amelie die

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