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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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Aufmerksamkeit auf sie richte, treten lange verdrängte, vor mir selbst
    versteckte Bilder in plastischer Klarheit hervor. Ich verstehe nicht, wie ich sie jemals vergessen konnte. Ted steht neben mir, wenn ich schreibe, der tote
    Ted, mein Freund. Er schaut mir über die Schultern und macht bissige Bemerkungen über meinen unzureichenden Stil. Auch John ist da, der mich in die Pflicht
    nahm, diese Aufzeichnungen zu beginnen, der im Sterben hoffte, sie könnten nützen, eines Tages doch noch die Lüge aufzudecken. Ich bezweifle es, doch ich
    habe ihm mein Wort gegeben. Ich darf ihn nicht enttäuschen. Ich habe gelernt, den Toten Respekt zu erweisen, denn sie sind meine einzigen Freunde in dieser
    Abgeschiedenheit. So schreibe ich also für John und für Ted…
    Alles begann an einem für San Francisco ungewöhnlich lauen Juniabend. Ich erinnere mich an diesen Abend so deutlich, als sei er gestern gewesen, denn er
    markierte einen Wendepunkt in meinem Leben, dessen Bedeutung ich erst Jahre später erkennen sollte. Heute scheint mir, als sei ich, wie von einem Trichter
    eingefangen, unausweichlich auf diesen Abend hingeglitten. Eine Reihe von Veränderungen war abrupt in mein Leben getreten und hatte seine bis dahin
    sorglosen, unbeschwerten Bahnen jäh verändert. Mein Vater war zwei Jahre zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ich lebte zu der Zeit in München.
    Mein Vater hatte mich nach dem Abschluss des College nach Deutschland geschickt, um bei einem Verlag, der Titel von uns in Lizenz übernommen hatte und
    dessen Besitzer mit meinem Vater freundschaftlich verbunden war, ein Praktikum zu machen. Als seinem einzigen Kind war es mir bestimmt, eines Tages den
    Verlag zu übernehmen, den er aufgebaut hatte und mit zähem Engagement leitete. Als der Unfall passierte, war ich kaum ein Jahr in München und hatte
    begonnen, mich in dieser Stadt einzuleben, Freunde zu finden, eine Freundin auch, die später meine Frau werden sollte. Meinem Vater zuliebe hatte ich auf
    dem College Deutsch gelernt, denn es war immer klar gewesen, dass ich nach dem Studium einige Zeit in Deutschland verbringen würde. „Dort haben sie die
    Buchdruckerkunst erfunden. Von dieser Tradition können wir lernen,“ hatte mein Vater gesagt und ich hatte als guter Sohn nur genickt.
    Wenn ich auf meine Jugend zurückblicke, sehe ich den bestimmenden Vater und mich als einen Sohn, der sich widerstandslos in die ihm zugedachte Rolle fügt.
    Meine Mutter war früh gestorben – ich war zwölf gewesen. Der Verlust der über alles geliebten Frau hatte meinen Vater verschlossen gemacht und ihn in die
    Fluchtburg seiner Arbeit getrieben. Der Verlag wurde sein einziger Lebensinhalt. Meine Erziehung hatte in seinen Augen nur das einzige Ziel, mich auf meine
    Aufgabe als künftigen Verleger vorzubereiten. Ich habe mich nie gegen diese Vorbestimmung gewehrt, habe brav meine Schuljahre absolviert und schließlich in
    Stanford studiert, meinen Masters gemacht, wie mein Vater es wünschte. Ich habe mich nie gegen ihn aufgelehnt, vielleicht, weil ich ihm nach dem Tod meiner
    Mutter, der ihn so schrecklich getroffen hatte, keinen weiteren Schmerz bereiten wollte. Vielleicht auch, weil es angenehm war, sich als Sohn aus reichem
    Haus durch das Studium treiben zu lassen und die ausgelassenen sechziger Jahre aus vollen Zügen zu genießen, ohne Sorgen um eine Zukunft, die unverrückbar
    feststand und nicht die schlechteste schien. Der Gedanke, den Verlag zu übernehmen, hat mich nie abgeschreckt, im Gegenteil, schon als Kind genoss ich es,
    mich als Chef über die Handvoll Angestellte zu fühlen, die für meinen Vater arbeiteten. Ich mochte die Autoren, die regelmäßig in unserem Haus zu Gast
    waren und lauschte ihren Berichten und Diskussionen mit Ehrfurcht. Am meisten Spaß aber machte es mir, wenn mich mein Vater in die Druckereien mitnahm, in
    denen seine Bücher gesetzt und gedruckt wurden. Der Geruch nach Druckerschwärze, der Lärm der rasend schnell rotierenden Druckwalzen, der Rhythmus, in der
    die Maschinen die bedruckten Bogen ausstießen, das Klappern der damals noch gebräuchlichen Bleisatzmaschinen, das alles sah ich von einer Aura der
    Bedeutsamkeit umgeben. Es machte mich stolz auf meinen Vater, der wie selbstverständlich über diese faszinierenden Dinge gebot und von den Druckern und
    Setzern mit höchstem Respekt behandelt wurde. Was in den Büchern stand, die mein Vater verlegte, hatte mich weit weniger interessiert als das

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