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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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sah er aus wie der Tod persönlich: die Nase spitz, die Augen hohl, die Wangen eingefallen, die Ohren weiß und zusammengeschrumpft mit nach außen gekehrten Läppchen, die Gesichtshaut straff und trocken, gelblich und gesprenkelt mit schwarzen Flecken. Er hatte die Augen noch offen, und seinen verdorrten Lippen entströmte ein dünner Hauch. Er schnappte nach Luft, sein Mund ging auf, und ich sah, gebeugt über Williams Schulter, der vor ihm kniete, wie im Gehege der Zähne eine schwarze Zunge sich wand. William faßte ihm mit einer Hand um die Schulter, hob ihn halb hoch und wischte ihm mit der anderen kleine glänzende Schweißperlen von der Stirn. Malachias spürte die Berührung, starrte mit weit aufgerissenen Augen vor sich hin, gewiß ohne etwas zu sehen, ohne jemanden zu erkennen, und hob eine zitternde Hand.
    258
    Der Name der Rose – Sechster Tag
    Er packte William an der Brust und zog ihn an sich, bis ihre Gesichter einander fast berührten. Matt und kaum vernehmbar brachte er ein paar Worte hervor: »Er hatte mich gewarnt . . . es hatte wirklich . . . die Kraft von tausend Skorpionen . . .«
    »Wer hatte dich gewarnt?« fragte William.
    Malachias wollte noch etwas sagen, doch ein heftiges Beben erschütterte ihn. Sein Kopf fiel zurück, alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Er war tot.
    William legte ihn nieder und stand auf. Er sah den Abt neben sich stehen, der kein Wort sagte, und hinter dem Abt Bernard Gui.
    »Herr Bernard«, wandte er sich an diesen, »wer hat den hier getötet, nachdem Ihr doch den Mörder so trefflich gefunden und in Gewahrsam genommen habt?«
    »Fragt mich nicht«, erwiderte der Inquisitor. »Ich habe niemals behauptet, alle Übeltäter überführt zu haben, die in dieser Abtei ihr Unwesen treiben. Ich hätte es gern getan, wenn ich gekonnt hätte . . .« Er sah William bedeutungsvoll an. »Doch die restlichen muß ich nun der Strenge – oder der übertriebenen Nachsicht – des Herrn Abtes überlassen . . .« Sprach's und entfernte sich, während der Abt erbleichte.
    Im selben Moment hörten wir ein dumpfes Stöhnen. Es war Jorge, der in seiner Gebetsbank kniete, gestützt von einem Mönch, der ihm wohl gerade gesagt hatte, was geschehen war.
    »Nie wird es enden . . .«, klagte er mit gebrochener Stimme. »Oh Herr, vergib uns allen!«
    William beugte sich noch einmal über den Toten und nahm seinen Puls. Er hob die Handflächen ans Licht. Die ersten drei Finger der rechten Hand waren an den Kuppen schwarz.
    259
    Der Name der Rose – Sechster Tag
    SECHSTER TAG
    LAUDES
    Worin ein neuer Cellerar ernannt wird, aber kein neuer Bibliothekar.
    War es wirklich schon Laudes? War es früher oder später? Von nun an verlor ich das Zeitgefühl. Mag sein, daß Stunden vergingen oder auch weniger, während der Leichnam des armen Malachias in der Kirche aufgebahrt wurde und die Mönche sich fächerförmig verteilten zur Totenwache. Der Abt gab Anweisungen für die nahe Bestattungsfeier. Ich hörte, wie er Benno von Uppsala und Nicolas von Morimond zu sich rief.
    Im Laufe eines einzigen Tages, sagte er, habe nun die Abtei sowohl ihren Bibliothekar als auch ihren Cellerar verloren. »Du«, wandte er sich an den Glasermeister, »wirst künftig Remigius' Aufgaben übernehmen. Du kennst die Arbeit der meisten hier. Setze jemanden in der Werkstatt als deinen Nachfolger ein und kümmere dich um das Notwendige in Küche und Refektorium. Du bist von den Gottesdiensten befreit. Geh!« Dann wandte er sich an Benno: »Es trifft sich, daß du gestern gerade zum Bibliothekarsgehilfen ernannt worden bist. Kümmere dich um die Öffnung des Skriptoriums und achte darauf, daß niemand allein in die Bibliothek hinaufgeht.« Benno wies schüchtern darauf hin, daß er noch nicht in die Geheimnisse jenes Ortes eingeweiht worden sei. Der Abt sah ihn kalt und streng an: »Niemand hat gesagt, daß du es werden wirst.
    Sorge dafür, daß die Arbeit nicht unterbrochen wird, und daß man sie als Gebet für die toten Brüder verrichte
    . . . und für alle, die noch sterben werden. Jeder arbeite nur mit den Büchern, die er bereits auf dem Tische hat. Wer will, mag den Katalog konsultieren. Mehr nicht. Du bist entbunden vom Vespergebet, denn zu jener Stunde wirst du das Aedificium verschließen.«
    »Und wie komme ich dann heraus?«
    »Richtig. Ich werde die Türen später verschließen. Geh!«
    Benno ging mit den anderen hinaus, wobei er William vermied, der ihn sprechen wollte. Im Chor blieben nur noch, als Grüppchen

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