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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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inzwischen erschlossene Labyrinth fort, und ich löste mich für den Augenblick von meiner Obsession.
    Wie der Leser gleich sehen wird, sollte sie mich in Kürze erneut überfallen, allerdings (leider!) unter ganz anderen Umständen.

NACHT
    Worin Salvatore kläglich der Inquisition in die Falle geht, die Geliebte der Adsonschen Träume als Hexe abgeführt wird und alle unglücklicher als zuvor auseinandergehen.
    Wir stiegen gerade die Treppe zum Refektorium hinunter, als wir aus der Küche ein lautes Rufen hörten und den flackernden Schein von Lichtern sahen. Sofort löschte William das unsere. Wir tasteten uns an den Wänden entlang zur Küchentür und bemerkten, daß der Lärm in Wahrheit von draußen kam, allerdings stand die Außentür offen. Während wir lauschend verharrten, entfernten sich die Stimmen und Lichter, und jemand warf krachend die Tür ins Schloß. Ein solcher Tumult konnte wahrlich nichts Gutes verheißen. Rasch eilten wir durchs Ossarium zurück, durchquerten die leere Kirche und verließen sie durch das Südportal. Im Kreuzgang leuchteten Fackeln.
    Wir traten näher und mischten uns in der allgemeinen Verwirrung unauffällig unter die Mönche, deren Zahl rasch wuchs, da ständig neue herbeiströmten, teils aus dem Dormitorium, teils aus dem Pilgerhaus. Vor unseren Augen stand ein Trupp Bogenschützen, und in ihrer Mitte wand sich, an beiden Armen mit festem Griff gehalten, weiß wie das Weiß seiner Augen, der unselige Salvatore nebst einer schluchzenden Frauengestalt. Mir zog sich das Herz zusammen: Sie war es leibhaftig, die Geliebte meiner Gedanken und Träume! Auch sie erkannte mich gleich und warf mir einen flehentlichen, verzweifelten Blick zu. Schon wollte ich mich in unwillkürlichem Drange hinstürzen und sie befreien, doch William hielt mich zurück mit ein paar leise gezischten Worten, die alles andere als freundlich klangen. Von allen Seiten kamen nun Mönche und Gäste herbeigeströmt.
    Es kam der Abt, es kam Bernard Gui, dem der Hauptmann der Bogenschützen einen knappen Rapport erstattete. Folgendes war geschehen.
    Auf Anordnung des Inquisitors waren die Bogenschützen während der Nacht durch die ganze Abtei patrouilliert, wobei sie ihr Augenmerk insbesondere auf die Allee vorn Torbau zur Kirche, die Gärten und die Fassade des Aedificiums gerichtet hatten. (Warum gerade darauf? fragte ich mich, und begriff: Vermutlich hatte Bernard von den Knechten und Küchendienern Gerüchte über nächtliche Umtriebe zwischen Umfassungsmauer und Küche gehört, ohne bereits genau zu wissen, um was es sich handelte, und wer weiß, vielleicht hatte der schwatzhafte Salvatore, so wie er mit mir über seine Pläne gesprochen, auch vorher schon einem Stall- oder Küchenburschen davon erzählt, der dann womöglich, eingeschüchtert durch Bernards Verhöre am Nachmittag, diesem entsprechende Andeutungen gemacht …) Jedenfalls hatten die Bogenschützen bei ihrer Patrouille durch Nacht und Nebel den unseligen Salvatore mitsamt dem Mädchen erwischt, als er sich gerade an der Küchentüre zu schaffen machte.
    »Ein Weib an diesem heiligen Ort! Noch dazu mit einem Mönch!« sagte Bernard tadelnd zum Abt. »Hochwürdiger Herr, wenn es sich lediglich um eine Verletzung des Keuschheitsgebotes handeln würde, fiele dieses Sünders Bestrafung gewiß in Eure Jurisdiktion. Doch da wir nicht wissen, ob die nächtlichen Umtriebe dieser beiden nicht etwas mit dem Heil der hier weilenden Gäste zu tun haben, müssen wir diesen dunklen Punkt zuerst klären. Auf, Elender!« fuhr er den zitternden Salvatore an und zog ihm mit raschem Griff aus der Brust das Bündel, das dieser dort zu verbergen suchte. »Was hast du da?«
    Ich wußte es schon: ein Messer, eine schwarze Katze, die unter wildem Miauen entfloh, als das Bündel geöffnet wurde, und zwei Eier, die nun zerbrochen waren, so daß es aussah wie Blut oder gelber Schleim oder sonst eine schmierig-unreine Masse. Salvatore war offensichtlich gerade dabei gewesen, in die Küche zu schleichen, die Katze zu töten und ihr die Augen auszustechen, nachdem er das Mädchen mit irgendwelchen Versprechungen dazu gebracht hatte, ihm zu folgen. Mir wurde gleich klar, mit welchen Versprechungen: Die Bogenschützen durchsuchten das Mädchen unter allerlei anzüglichem Gelächter und zotigen Worten und förderten aus ihrem Kleid ein totes, noch ungerupftes Hähnchen hervor. Und wie es das Unglück wollte, erschien in der Nacht, in der alle Katzen grau sind, auch das

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