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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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schleunigst wieder zurückzuziehen, so daß nur zwei dunkle Höhlen blieben, weiträumige Nasenlöcher voller schwärzlicher Haare. Der Mund, mit den Nasenlöchern durch eine Narbe verbunden, war breit und schief, rechts breiter als links, und zwischen der Oberlippe, die nicht existierte, und der dicken, wulstigen Unterlippe bleckten in unregelmäßigen Abständen schwärzliche Zähne, spitz wie die eines Hundes.
    Der Mensch lächelte (beziehungsweise zog eine Grimasse, die wohl ein Lächeln sein sollte), hob einen Finger, wie um uns zu warnen, und sprach:
    »Penitenziagite! Siehe, draco venturus est am Fressen anima tua! La mortz est super nos! Prego, daß Vater unser komm, a liberar nos vom Übel de todas le peccata. Ah, ah, hihihi, Euch gfallt wohl ista negromanzia de Domini Nostri Jesu Christi! Et anco jois m'es dols e plazer m'es dolors … Cave el diabolo! Semper m'aguaita, immer piekster und stichter, el diabolo, per adentarme le carcagna. Aber Salvatore non est insipiens, no no, Salvatore weiß Bescheid. Et aqui bonum monasterium, hier lebstu gut, se tu priega dominum nostrum. Et el resto valet un figo secco. Amen. Oder?«
    Ich werde im Fortgang der Handlung noch mehrfach von diesem Salvatore zu berichten haben und seine seltsamen Reden wiedergeben. Ich gestehe allerdings, daß ich damit gewisse Schwierigkeiten habe, denn noch heute wüßte ich nicht zu sagen, in was für einem Idiom er sich auszudrücken beliebte. Es war nicht jenes Latein, in welchem sich die gebildeten Mönche in der Abtei verständigten, es war aber auch nicht die Volkssprache jener Gegend noch sonst eine, die mir je zu Ohren gekommen wäre. Ich hoffe, dem Leser eine ungefähre Vorstellung von Salvatores Redeweise gegeben zu haben mit obiger Wiedergabe (so getreu die Erinnerung sie mir erlaubt) der ersten Worte, die ich von ihm vernahm. Später, als ich von seinem abenteuerlichen Leben erfuhr und von den vielen Orten und Ländern, in denen er geweilt, ohne jemals irgendwo Wurzeln zu schlagen, begriff ich, daß er sozusagen alle Sprachen und keine sprach. Beziehungsweise daß er sich eine eigene Sprache erfunden hatte, die aus Fragmenten und Fetzen der vielen Sprachen bestand, mit denen er in Berührung gekommen war. Einmal ist mir sogar der Gedanke gekommen, daß seine Sprache womöglich vielleicht … wie soll ich sagen … nicht etwa die adamitische war, welche die glückliche Menschheit zu Anfang der Schöpfung gesprochen, bis sie den unglückseligen Turmbau zu Babel begann, und ebensowenig eine der vielen Sprachen, die nach der verhängnisvollen Verwirrung entstanden, sondern vielmehr genau die Sprache Babels am ersten Tag nach der göttlichen Züchtigung, also die Sprache der primären Konfusion. Andererseits war Salvatores Idiom nicht eigentlich Sprache zu nennen, denn in jeder menschlichen Sprache gibt es bestimmte Regeln, jede Wortform und Endung bedeutet, ad placitum , irgend etwas mehr oder minder Präzises kraft eines unwandelbaren und unverzichtbaren Gesetzes. Der Mensch kann den Hund nicht nach Belieben einmal Hund und einmal Katze nennen, auch kann er nicht einfach irgendwelche Laute ausstoßen, denen im Konsens der Anwesenden kein präziser Sinn zukommt, er kann zum Beispiel nicht einfach »blitiri« sagen. Dennoch bekam ich ungefähr mit, was Salvatore uns sagen wollte, und auch die anderen in der Abtei verstanden ihn recht und schlecht – was zeigte, daß er eben nicht eine bestimmte, sondern alle Sprachen sprach, aber keine richtig, vielmehr die Worte bald aus der einen und bald aus der anderen nehmend. Später bemerkte ich in der Tat, daß er eine Sache nach Belieben auf provencalisch oder katalanisch oder lateinisch benennen konnte, und ich begriff auch, daß er weniger eigene Sätze bildete, als daß er verstreute Bruchstücke anderer Sätze, die er irgendwo aufgeschnappt hatte, je nach der Situation und nach dem, was er sagen wollte, benutzte und irgendwie zusammenfügte, gleichsam als könnte er beispielsweise von einer Speise nur mit den Worten derer reden, bei denen er sie zuerst gekostet, oder als könnte er seine Freude nur mit Sätzen ausdrücken, die er aus dem Munde von freudigen Menschen vernommen, während er selbst eine ähnliche Freude empfand. Es war, wie wenn seine Zunge gleich seinen Zügen zusammengeflickt worden wäre aus Teilen und Stücken anderer Zungen, oder auch ( si licet magnis componere parva 14 , oder wenn es erlaubt ist, göttliche Dinge mit denen des Teufels zu vergleichen) wie wenn

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